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OECD Hinweise zu Pillar 2 Transitional Safe Harbour

10.01.2024 | FGS Blog

OECD-Hinweise zu Pillar 2 CbCR-Safe-Harbour-Regelung – Qualifizierte Abschlüsse

Das Mindeststeuergesetz (MinStG) sieht vor, dass der CbCR-Safe-Harbour nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn ein qualifiziertes CbCR nach § 138a AO vorliegt. Damit das CbCR als qualifiziert gilt, muss ihm ein qualifizierter Konzernabschluss zugrunde liegen (§ 87 Nr. 1 MinStG). In unserem Blog haben wir uns bereits am 10.10.2023 sowie am 2.1.2024 mit dem CbCR-Safe-Habour auseinandergesetzt. Nachstehend soll vor dem Hintergrund des am 21.12.2023 veröffentlichten MinStG sowie der dritten Verwaltungsrichtlinie („Administrative Guidance“) zum Pillar 2 GloBE-Regelwerk aus Dezember näher beleuchtet werden, wann ein dem CbCR zugrunde liegender Abschluss als „qualifiziert“ im Sinne des Transitional Safe Harbours anzusehen ist.

Begriffliche Ungenauigkeit im MinStG

Voraussetzung zur Inanspruchnahme des CbCR-Safe-Harbours nach dem MinStG ist zunächst ein qualifizierter länderbezogener Bericht, also ein qualifiziertes CbCR nach § 138a AO. § 87 Nr. 1 MinStG bestimmt, dass ein CbCR nach § 138a AO dann qualifiziert ist, wenn es mit einem qualifizierten Konzernabschluss erstellt wurde. Die Formulierung ist insofern missverständlich, als nicht zwingend ein „Konzernabschluss“ i.S.v. §§ 290 ff. HGB o.Ä. vorliegen muss. Auch kann nicht ohne weiteres auf den Jahresabschluss i.S.v. §§ 242 ff. HGB o.Ä. abgestellt werden. Die OECD verwendet in diesem Zusammenhang daher den Begriff der „qualified financial statements“. Treffender wäre es daher, im deutschen Umsetzungsgesetz einen neutralen Begriff wie beispielsweise den der „qualifizierten Abschlüsse“ zu verwenden, zumal eine Legaldefinition in § 87 MinStG enthalten ist.

HB II-Werte als qualifizierte Abschlüsse

Als qualifiziert gelten grundsätzlich die für Konsolidierungszwecke an konzerneinheitliche Ansatz- und Bewertungsregelungen angeglichenen Jahresabschlüsse der Geschäftseinheiten des Konzerns (sog. HB II-Werte). Nicht zwingend notwendig ist, dass tatsächlich ein Konzernabschluss aufgestellt wird. Es genügt vielmehr auch die reine Erstellung der HB II-Abschlüsse.

Anerkannte Jahresabschlüsse bei Verlässlichkeit

Qualifizierte Abschlüsse i.S.d. § 87 MinStG sind ferner solche, die nach einem anerkannten bzw. zugelassenen Rechnungslegungsstandard aufgestellt wurden, sofern diese Jahresabschlüsse bzw. die darin enthaltenen Informationen verlässlich sind. Zu der Frage, wann ein Abschluss „verlässlich“ ist, äußert sich das MinStG nicht. Unstreitig dürfte sein, dass ein durch einen Abschlussprüfer (z.B. nach §§ 316 ff. HGB) geprüfter Abschluss „verlässlich“ ist. Eine entsprechende Position vertritt auch das Inclusive Framework der OECD, allerdings in einem anderen Kontext (Simplified Calculation Safe Harbour for Non-Material Constituent Entities). Grundsätzlich dürfte jedoch auch ein durch einen qualifizierten Berufsträger (in Deutschland insbesondere Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt) erstellter Jahresabschluss in der Regel als „verlässlich“ einzuordnen sein. In anderen Fällen dürfte es – ohne eine Art „Verlässlichkeitsvermutung“ aufzustellen – auf die inhaltliche Qualität des Abschlusses im Einzelnen und damit auf eine Einzelfallbeurteilung ankommen.

Nicht in den Konzernabschluss einbezogene Geschäftseinheiten

Sofern einzelne Geschäftseinheiten aus Größen- bzw. Wesentlichkeitsgründen nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden, stellt der Jahresabschluss, der zur Erstellung des CbCR herangezogen wird, den qualifizierten Konzernabschluss dar. Das MinStG sieht für solche größen- bzw. wesentlichkeitsbedingt nicht in den Konzernabschluss einbezogenen Geschäftseinheiten keine „Verlässlichkeitsbedingung“ vor.

Ausgewählte Hinweise der Administrative Guidance

Die Administrative Guidance stellt zunächst klar, dass die Daten zur Nutzung des CbCR-Safe-Harbours aus einem qualifizierten Abschluss stammen müssen, d.h. für eine Geschäftseinheit nicht aus verschiedenen Datenquellen übernommen werden dürfen. Ebenso unzulässig ist es, Anpassungen an den qualifizierten Abschlüssen für Zwecke des CbCR-Safe-Harbour vorzunehmen, auch wenn diese einer besseren Übereinstimmung mit den GlobE-Regelungen dienen sollen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Anpassungen ausdrücklich durch den GloBE-Kommentar oder eine Administrative Guidance vorgesehen sind.

Bei mehreren Geschäftseinheiten in einer Jurisdiktion sollen die Daten für alle Geschäftseinheiten aus derselben Art qualifizierter Abschlüsse stammen. Für verschiedene Jurisdiktionen können hingegen auch verschiedene Arten qualifizierter Abschlüsse verwendet werden. Nicht notwendig ist es, dass die qualifizierten Abschlüsse auch für lokale Berichtszwecke (z.B. für Publizitätszwecke) verwendet werden. Die qualifizierten Abschlüsse sind also grundsätzlich unabhängig von der externen Rechnungslegung. Ferner wird klargestellt, dass der CbCR-Safe-Harbour jurisdiktionsbezogen anzuwenden ist, d.h. sofern für eine Jurisdiktion keine qualifizierten Abschlüsse vorliegen, hindert dies nicht daran, für andere Jurisdiktionen den CbCR-Safe-Harbour in Anspruch nehmen zu können.

Empfehlung

Sofern Unternehmen in Betracht ziehen, die übergangsweise CbCR-Safe-Harbour Regelung in Anspruch zu nehmen, sollte spätestens mit Blick auf den länderbezogenen Bericht für das Wirtschaftsjahr 2024 eine Überprüfung dahingehend vorgenommen werden, ob vorhandene Jahresabschlüsse, die dem CbCR zugrunde gelegt werden, als qualifiziert im Sinne des MinStG einzustufen sind. Bei bestehenden Zweifeln sollte sichergestellt werden, dass die Jahresabschlüsse des Wirtschaftsjahres 2024 entsprechend „ertüchtigt“ werden. Ebenso sollte überprüft werden, ob – jurisdiktionsbezogen – die qualifizierten Abschlüsse gleicher Art sind, d.h. beispielsweise nicht innerhalb einer Jurisdiktion für einzelne Einheiten Abschlüsse nach IFRS und für andere Einheiten nach lokalen Rechnungslegungsstandards aufgestellt werden.