Corporate Law

Neuauflage des Emittentenleitfadens zu Insiderinformationen und Ad-hoc-Publizität

26.07.2019 | FGS Blog

Die BaFin hat ein weiteres Modul des Emittentenleitfadens überarbeitet und zur Konsultation gestellt. Der Emittentenleitfaden gibt börsennotierten Unternehmen Hilfestellung für den Umgang mit den kapitalmarktrechtlichen Vorschriften und erläutert die Verwaltungspraxis der BaFin.

 

Gerade mit Blick auf Insiderinformationen und Ad-hoc-Publizität waren der Emittentenleitfaden und die darin enthaltenen Kataloge möglicher Insiderinformationen ein vielgenutztes Instrument, um ein Gefühl für die Rechtsauffassung der BaFin zu entwickeln. Die letzte Fassung des Emittentenleitfadens stammte allerdings aus dem Jahr 2013. Daher fanden sich das Inkrafttreten der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) in 2016, zahlreiche seit 2013 ergangene EuGH-Urteile sowie die seit 2013 erfolgten Änderungen der Verwaltungspraxis darin noch nicht wieder. Die Praxis drängte daher schon seit langem auf eine Überarbeitung des Leitfadens.

 

Um die einzelnen Teile des Leitfadens schneller und flexibler überarbeiten und aktualisieren zu können, veröffentlicht die BaFin den Emittentenleitfaden der 5. Auflage in Form von thematisch geordneten Einzelmodulen. In 2018 erschienen bereits die Module A (Finanzberichte) und B (Stimmrechtsmitteilungen). Das nunmehr zur Konsultation gestellte Modul C beschäftigt sich mit den Themenkomplexen Insiderinformationen, Ad-hoc-Publizität, Directors‘ Dealings, Marktsondierungen und verwandten Fragestellungen. Das Konsultationsverfahren läuft noch bis zum 31. August 2019. Neben dem Emittentenleitfaden soll es weiterhin Frequently Asked Questions (FAQ) geben. Darin können neu auftretende Fragen oder Änderungen der Verwaltungspraxis kurzfristig und unabhängig von den Überarbeitungszyklen für den Emittentenleitfaden adressiert werden.

Insiderinformationen und Ad-hoc-Publizität

Hochgradig praxisrelevant sind die Ausführungen zu Insiderinformationen und zur Ad-hoc-Publizität. Dabei bergen die Ausführungen inhaltlich wenig Überraschungen. Sie fassen jedoch die Vorgaben der verschiedenen Rechtsquellen sowie die schon über verschiedene Kanäle (insbesondere FAQ, Informationsveranstaltungen, Vorträge) veröffentlichten Rechtsauffassungen der BaFin praxistauglich zusammen.

 

Hervorzuheben sind folgende Aspekte:

  • Die MAR stellt bei der Frage nach dem Kursbeeinflussungspotential einer Information darauf ab, ob ein „verständiger Anleger“ die Information im Rahmen seiner Investitionsentscheidung berücksichtigen würde. In 2017 hatte eine Äußerung der BaFin in den FAQ, wonach das Spektrum des verständigen Anlegers auf den spekulativ handelnden Anleger erweitert werden müsse, für Aufregung gesorgt. Diese Wortwahl wird in dem vorliegenden Entwurf des Emittentenleitfadens nicht wiederholt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die BaFin an dieser Änderung des Maßstabes nicht festhält. Die BaFin geht allerdings davon aus, dass ein verständiger Anleger auch würdigt, wie andere Marktteilnehmer auf die Situation wahrscheinlich reagieren würden.
  • Bei der Frage, ob Zwischenschritte der Ad-hoc-Publizität unterliegen, unterscheidet die BaFin weiterhin zwischen Ad-hoc-Pflichtigkeit des geplanten Endergebnisses als zukünftigem Ergebnis und - davon unabhängig - von der Kursrelevanz des Zwischenschrittes selbst. Eine solche könne bei hinreichendem Gewicht des Zwischenschrittes auch dann vorliegen, wenn das Endergebnis (noch) nicht hinreichend wahrscheinlich ist. In der Praxis ist die insiderrechtliche Beurteilung solcher gestreckter Sachverhalte eines der Hauptproblemfelder.
  • Einen weiteren Praxisschwerpunkt bildet die insiderrechtliche Beurteilung von überraschenden Geschäftszahlen sowie Prognosen. Hierzu enthält der Emittentenleitfaden zahlreiche Leitlinien, enthält sich jedoch weiterhin konkreter Angaben, ab wann die BaFin eine Kursrelevanz sieht.
  • Wie in der alten Fassung des Emittentenleitfadens enthält die Neuauflage auch Kataloge von Informationen, in denen nach Einschätzung der BaFin in der Regel ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential gegeben ist.
  • Eine hilfreiche Zusammenfassung stellen auch die Ausführungen zu den Voraussetzungen eines Aufschubs der Veröffentlichung (früher: Selbstbefreiung) dar. Inhaltlich gibt es auch hier keine Überraschungen. Die BaFin beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der von der ESMA aufgestellten Grundsätze. Neu sind die Ausführungen zu der Frage, wer in Situationen, in denen der Aufsichtsrat involviert ist, für diese Entscheidung zuständig ist.

Insidergeschäfte und Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen

Der Entwurf des Emittentenleitfadens enthält auch Erläuterungen zur Rechtsauffassung der BaFin zur dem Verbot von Insidergeschäften und dem Offenlegen von Insiderinformationen nach der MAR. In diesem Zusammenhang enthält der Leitfaden z.B. Ausführungen dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen Zuteilungen von Optionen oder Aktien im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen ein Insidergeschäft darstellen können. Auch in dieser Frage besteht bislang erhebliche Rechtsunsicherheit. Die Ausführungen der BaFin beantworten weiterhin längst nicht alle offenen Fragen.

 

Zu begrüßen ist, dass die BaFin einige der sehr weit gehenden Ausführungen der Vorauflage zur leichtfertigen Weitergabe von Insiderinformationen (z.B. Mithören von im Urlaub geführten Telefonaten durch den Lebensgefährten) nicht wiederholt.

Eigengeschäfte von Führungskräften (Directors‘ Dealings)

Der Emittentenleitfaden enthält darüber hinaus die aktuelle Verwaltungspraxis zu Eigengeschäften von Führungskräften (Directors‘ Dealings bzw. Managers‘ Transactions). Wünschenswert wären noch klarere und differenziertere Aussagen zu der Frage, wann bei Ausgabe, Annahme und Ausübung von Optionen und ähnlichen Finanzinstrumenten im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen Meldungen zu machen sind (dazu schon Zöllter im FGS Blog).

Zusammenfassende Bewertung

Die schon lange ausstehende Neufassung des Emittentenleitfadens zu den Regelungen der MAR ist schon deshalb zu begrüßen, da sie die Vorgaben der verschiedenen Rechtsquellen zusammenfassend in einem Dokument darstellt. Inhaltlich birgt der Entwurf – erwartungsgemäß - wenig Überraschungen. Die BaFin stellt vor allem die Vorgaben der MAR und der verschiedenen Durchführungsverordnungen, die Auslegungen der ESMA und ihre eigenen, bereits über verschiedene Kanäle veröffentlichte Auslegungsentscheidungen dar.  Da es sich bei der MAR um europäisches Recht und die Auslegungskompetenz in erster Linie bei der ESMA liegt, ist dies aus Sicht der BaFin auch nachvollziehbar. Für Emittenten stellt der Leitfaden dennoch eine erhebliche Arbeitserleichterung dar.