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Konzerninterne Immobilienüberlassung und erweiterte Gewerbesteuerkürzung - Neues Revisionsverfahren zur Betriebsaufspaltung bei einer Besitzkapitalgesellschaft

24.07.2023 | FGS Blog

Viele Unternehmensgruppen und Konzerne sind so strukturiert, dass eine grundbesitzende Gruppengesellschaft den Grundbesitz an andere Gruppengesellschaften überlässt. Vorteilhaft daran ist die Anwendbarkeitder erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG, welche zu einer erheblichen Steuerentlastung führen kann.

Allerdings ist § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG an äußerst enge Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft insbesondere dann nicht anwendbar, wenn die grundbesitzüberlassende Gesellschaft Teil einer sog. Betriebsaufspaltung ist. 

Durchgriffsverbot lt. BFH und BMF

Nach bisheriger Rechtsprechungs- und Verwaltungsauffassung liegt im Fall einer Grundbesitzüberlassung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften nach dem sog. Durchgriffsverbot allerdings mangels personeller Verflechtung keine Betriebsaufspaltung vor. Das Durchgriffsverbot galt bislang auch für Fälle, in denen der Grundbesitz durch eine Personengesellschaft überlassen wurde, sofern an der Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

Dieser bisherigen Auffassung ist der IV. Senat des BFH mit einem Urteil v. 16.9.2021 – IV R 7/18 entgegengetreten. Nach Ansicht des IV. Senats ist das Durchgriffsverbot in den Fällen, in denen das Besitzunternehmen eine Personengesellschaft ist, an der eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, nicht mehr festzuhalten. Vielmehr soll auch in solchen Fallkonstellationen eine personelle Verflechtung und damit letztlich auch eine Betriebsaufspaltung vorliegen können. Das BMF reagierte auf die Entscheidung des IV. Senats mit einem Erlass v. 22.11.2022, nach welchem die Grundsätze der BFH-Entscheidung v. 16.9.2021 aus Vertrauensschutzgründen erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zur Anwendung kommen sollen.

Bisher nicht abschließend geklärt waren die Auswirkungen der Entscheidung des IV. Senats des BFH auf die Fälle einer Grundbesitzüberlassung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften. Das BMF hat sich für Sacherhalte, in denen eine Überlassung von Grundbesitz zwischen Schwesterkapitalgesellschaften erfolgt, jedoch im Erlass v. 22.11.2022 ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass in diesem Fall keine Betriebsaufspaltung vorliege und damit die erweiterte Kürzung in Anspruch genommen werden kann. Infolgedessen vertrauen gegenwärtig viele Steuerpflichtige darauf, dass bei einer Überlassung von Grundbesitz zwischen Schwesterkapitalgesellschaften die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gesichert sei.

Nunmehr musste jedoch das FG München in einem aktuellen Urteil v. 17.4.2023 – 7 K 434/19 entscheiden, ob die Überlassung von Grundbesitz durch eine Kapitalgesellschaft an ihre (mittelbaren) Anteilseigner eine Betriebsaufspaltung begründet (sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung). Der Sachverhalt weicht dabei von klassischen Überlassungsverhältnissen zwischen Schwesterkapitalgesellschaften in Konzernen ab. Es hat aber enorme  Bedeutung für die konzerninterne Überlassung von Grundbesitz zwischen Kapitalgesellschaften, da es das Durchgriffsverbot bei Besitzkapitalgesellschaften adressiert.

Streitfall

Dem Urteil des FG München lag folgender vereinfachter Sachverhalt zu Grunde. Die grundbesitzende I-GmbH überließ ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück an die F-KG. Gesellschafter der I-GmbH waren zu 47,62 % die natürliche Person F und die B-GmbH zu 52,38 %, deren alleinige Gesellschafterin wiederum die F-KG war. Gesellschafter der F-KG waren die FH-GmbH zu 100 % und die F-GmbH zu 0 %. Alleiniger Anteilseigner der FH-GmbH war die natürliche Person F (siehe nachfolgende Abbildung).

Die I-GmbH nahm für sämtliche Streitjahre die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG in Anspruch. Die Finanzverwaltung verneinte die Anwendbarkeit von § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG auf Ebene der I-GmbH mit der Begründung, dass zwischen der I-GmbH und der F-KG eine für § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG schädliche Betriebsaufspaltung vorliege.

Entscheidung des FG München

Das FG München ist der Auffassung der Finanzverwaltung nicht gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Zwar sei nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Betriebsaufspaltung auch in den Fällen möglich, in denen das Besitzunternehmen eine Kapitalgesellschaft (I-GmbH) ist, allerdings komme es in dieser Konstellation darauf an, dass das Besitzunternehmen selbst ihren Betätigungswillen im Betriebsunternehmen (F-KG) durchsetzen kann. Die Durchsetzung des Betätigungswillens könne entweder durch Beteiligungsidentität bei Besitz- und Betriebsunternehmen sowie Beherrschungsidentität, d.h. mehrheitliche Beteiligung von Gesellschaftern an Besitz- und Betriebsunternehmen, vorliegen. Eine kapitalistische Betriebsaufspaltung liege jedoch nicht vor, wenn das Besitzunternehmen weder unmittelbar noch mittelbar über eine andere Kapitalgesellschaft am Betriebsunternehmen beteiligt ist.

Das FG München sah das Erfordernis eines einheitlichen Betätigungswillens in der I-GmbH und der F-KG im vorliegenden Streitfall nicht als erfüllt an. Aufgrund des Durchgriffsverbots seien der I-GmbH keinerlei Beteiligungen ihrer Gesellschafter an der F-KG zuzurechnen, weshalb eine personelle Verflechtung und damit auch eine für § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG schädliche Betriebsaufspaltung im Streitfall nicht vorliege. Auch die Entscheidung des IV. Senats ändere nichts an der Anwendbarkeit des Durchgriffsverbots, da es sich im Streitfall um eine Personengesellschaft als Besitzunternehmen gehandelt habe.

Die Entscheidung des FG München ist unter dem Aktenzeichen III R 13/23 beim BFH zur Revision anhängig.

Ausblick

Das Urteil des FG München ist insbesondere aufgrund der Tatsache, dass sich nunmehr auch der BFH mit der Betriebsaufspaltung bei einer Besitzkapitalgesellschaft befassen muss, von enormer praktischer Bedeutung. Denn es wirft die Frage auf, ob die erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei einer konzerninternen Grundbesitzüberlassung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften weiterhin zu gewähren ist. Unternehmen sollten den weiteren Verfahrensgang daher genaustens im Blick halten.

Eine ausführliche Version dieses Beitrags erscheint demnächst in der DStR.