Ein Unternehmenskauf oder Unternehmensverkauf bietet zahlreiche umsatzsteuerliche Fallstricke. Eine Fehlbeurteilung kann aufgrund der üblicherweise hohen Volumina erhebliche Konsequenzen auslösen und mitunter zu einem echten wirtschaftlichen Schaden führen.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist zunächst von entscheidender Bedeutung, ob ein Asset oder ein Share Deal vorliegt. Bei einem Asset Deal werden (sämtliche) Vermögensgegenstände des Unternehmens auf den Erwerber übertragen. Wohingegen beim Share Deal, der als sonstige Leistung zu qualifizieren ist, die Anteile an dem Unternehmen veräußert werden, während die einzelnen Vermögensgegenstände diesem Unternehmen zugeordnet bleiben.
Asset Deal
Im Falle eines Asset Deal liegt regelmäßig eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) nach § 1 Abs. 1a UStG vor. Dies gilt zumindest, sofern alle wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Fortführung des Unternehmens(bereichs) übertragen werden und dieser fortgeführt wird. Im Falle einer GiG tritt der Erwerber umsatzsteuerlich in die Rechtsstellung des veräußernden Unternehmens ein und führt auch etwaige Vorsteuerberichtigungszeiträume fort.
Für die Annahme einer nichtsteuerbaren GiG nicht zwingend erforderlich ist, dass sämtliche Vermögenswerte übertragen werden. Wenn einige unwesentliche Wirtschaftsgüter von der Übertragung ausgeschlossen sind, steht das der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen (vgl. Abschn. 1.5 Abs. 3 S. 1 UStAE). Unschädlich ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Schriever (Urt. v. 10.11.2011 - C-444/10) zumeist auch die Zurückbehaltung einzelner wesentlicher Betriebsgrundlagen (z.B. Betriebsgrundstücke), sofern diese dem Erwerber (langfristig) mietweise überlassen werden und eine dauerhafte Unternehmensfortführung gewährleistet wird. In der Logik des § 1 Abs. 1a UStG ist also die tatsächliche Fortführung des Unternehmens bedeutsamer als der Übergang jedes einzelnen Wirtschaftsguts.
Zu beachten ist dabei, dass die Aufspaltung eines Unternehmens auf zwei Erwerber, von denen einer nur Assets erwirbt und überlässt, eine GiG nur gegenüber dem Erwerber vorliegt, der das operative Geschäft fortführt. Die Asset-Gesellschaft begründet hingegen eine bis dato mit den Übertragungsgegenständen nicht praktizierte und damit nicht fortführbare Vermietungstätigkeit.
Sonderfall Immobilien
Besondere Beachtung verdienen bei Transaktionen Immobilien. Die Übertragung einer vermieteten Immobilie inklusive Übergang der Mietverträge (§ 566 BGB: Kauf bricht nicht Miete) stellt bereits eine GiG dar. Etwas andere gilt hingegen, wenn die Immobilie bisher vermietet war und nun eigengenutzt wird oder umgekehrt, da insoweit nicht das bestehende Unternehmen fortgeführt wird.
Liegt keine GiG vor, kann die Übertragung der Immobilie gleichwohl steuerfrei sein, soweit die Übertragung dem Grunde nach der GrESt unterliegt (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG). Gleichzeitig ist ein Vorsteuerabzug des Veräußerers ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG), sodass regelmäßig eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ausgelöst wird.
Auch hier bedarf es stets adäquater Umsatzsteuerklauseln, speziell um einen etwaigen Vorsteuerschaden durch nachträgliche Berichtigung bereits in Anspruch genommener Vorsteuerbeträge beim Veräußerer zu vermeiden. Auch wenn die Parteien von einer GiG ausgehen, sollte hilfsweise eine unbedingte Option zur Umsatzsteuerpflicht in Betracht gezogen werden. Diese muss bereits im notariellen Kaufvertrag vorgesehen sein (§ 9 Abs. 3 S. 2 UStG).
Aus Erwerbersicht kann es – je nach Verwendungsabsicht – wiederum sinnvoll sein, eine nichtoptierte Immobilie zu erwerben und einen etwaigen Vorsteuerschaden des Veräußerers über den Kaufpreis zu kompensieren, sofern dessen Berichtigungszeitraum zumindest teilweise abgelaufen ist.
Share Deal
Bei einem Share-Deal liegt eine nichtsteuerbare GiG regelmäßig nicht vor.
In Ausnahmefällen ist eine GiG jedoch auch bei der Übertragung von (sämtlichen) Gesellschaftsrechten denkbar. Voraussetzung für die GiG bei Anteilsübertragung ist, dass die Beteiligung Unternehmensvermögen darstellt und zusammen mit dieser auch weitere Vermögensgegenstände (z.B. bestehende Dienstleistungsverträge) übergehen, die gemeinsam mit den Anteilen die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglichen.
Dies ist regelmäßig der Fall bei Übertragung durch eine sog. Führungsholding auf eine Erwerberin, die ebenfalls eine solche Stellung zu der erworbenen Gesellschaft begründet. Entsprechendes dürfte bei Übertragung aus einem Organschaftsverhältnis in ein neubegründetes Organschaftsverhältnis gelten, wobei sich explizite Verwaltungsvorgaben dazu leider nicht (mehr) im UStAE finden. Im Falle des Erwerbs einer bisherigen Organgesellschaft sollte über Klauseln auch für eine Haftung etwaiger Folgen aus der Organschaftszeit vorsorgt werden.
Im Falle einer GiG richtet sich der Vorsteuerabzug nach der operativen Tätigkeit des übertragenen Unternehmens.
Außerhalb der GiG ist die Anteilsübertragung grds. als steuerfrei zu qualifizieren, was einen Vorsteuerabzug des Veräußerers ausschließt.
Der Ausschluss tritt ausnahmsweise nicht ein, wenn der Erwerber in einem Nicht-EU-Staat sitzt, da insoweit ein Ausschluss vom Ausschluss greift (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG).
Werden die Anteile an einen Unternehmer in Deutschland übertragen, kann der Vorsteuerausschluss des Verkäufers durch eine Option zur Steuerpflicht vermieden werden. In der Praxis wird hiervon allerdings nur selten Gebrauch gemacht, da mögliche Vorsteuerbeträge des Veräußerers im Verhältnis zur Umsatzsteuer auf den Kaufpreis, der ein potenzielles Risiko für den Erwerber birgt, meist verhältnismäßig gering sind.
Unabhängig von der Übertragungsform ist es ratsam, in Unternehmenskaufverträgen entsprechende Klauseln vorzusehen. Diese können für den Fall des Vorliegens als auch des Nichtvorliegens einer GiG negative Auswirkungen etwaiger späterer Korrekturen vertraglich abfedern.