International Tax Law / Transfer Pricing

Internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen im Juli/August 2023

18.01.2024 | FGS Blog

Das Thema Verrechnungspreise rückt in Betriebsprüfungen immer mehr in den Fokus in- und ausländischer Finanzbehörden und Finanzgerichte. Vor diesem Hintergrund lohnt der Blick auf die internationale Rechtsprechung. Denn eine Entscheidung ausländischer Gerichte - unter Heranziehung international anerkannter Auslegungsgrundsätze - kann wiederum Erkenntnisse für das Verständnis des deutschen Steuerrechts mit sich bringen.

In diesem Rückblick finden Sie einen Überblick über ausgewählte Rechtsprechung im Juli und August 2023.

Frankreich: Conseil d'État v. 5.7.2023 in der Rs. S.T. Dupont

Streitfall: Lieferpreise an Vertriebsgesellschaften

S.T. Dupont, Frankreich, ist ein Hersteller von Luxusgütern. S.T. Dupont hält sämtliche Anteile an der S.T. Dupont Marketing, Hongkong. In den Jahren bis 2008 erwirtschaftete S.T. Dupont Verluste, während S.T. Dupont Marketing in denselben Jahren anhaltende Gewinne verzeichnete. Die französischen Steuerbehörden korrigierten diese Verlustvorträge, die aus den bereits festsetzungsverjährten Altjahren stammten, für die Jahre 2009 bis 2011. Dies wurde damit begründet, dass die von der S.T. Dupont an die S.T. Dupont Marketing auf Basis der Wiederverkaufspreismethode abgerechneten Lieferpreise unter den Fremdvergleichspreisen lagen. Zur Ermittlung des Verrechnungspreises wandten die Steuerbehörden die Preisvergleichsmethode an. Als interne Vergleichspreise zogen sie die von S.T. Dupont gegenüber einem unabhängigen südkoreanischen Händler abgerechneten Lieferpreise heran.

Gegen die Verrechnungspreiskorrektur erhob S.T. Dupont zunächst vor dem Pariser Verwaltungsgericht und sodann vor dem Berufungsgericht Klage. Das Berufungsgericht entschied gegen S.T. Dupont und begründete seine Entscheidung damit, dass die Steuerbehörden richtigerweise die Preisvergleichsmethode verwendet hatten und S.T. Dupont keine Nachweise gegen die Verrechnungspreiskorrektur vorgelegt haben. S.T. Dupont wandte sich daraufhin an den Conseil d’État, welcher die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigte.

Entscheidung des Conseil d’État v. 5.7.2023

Zunächst stellte der Conseil d’État fest, dass die vorgenommene Anpassung der Verlustvorträge in 2009-2011, deren Verluste aus Altjahren entstammten, die verjährungsbedingt nicht mehr angepasst werden konnten, nach französischem Recht zulässig ist.

Da S.T. Dupont weder konkrete Angaben oder Begründungen für ihre Verrechnungspreispolitik noch andere Vergleichswerte vorbringen konnte, hat das Berufungsgericht richtigerweise festgestellt, dass die durch die Steuerbehörden vorgenommenen Verrechnungspreiskorrekturen nicht fehlerhaft waren. Insbesondere ist die Preisvergleichsmethode die im vorliegenden Fall anzuwendende Verrechnungspreismethode, so der Conseil d’État. Denn S.T. Dupont konnte keine Nachweise gegen die Vergleichbarkeit der Warenlieferungen an das südkoreanische Vergleichsunternehmen vorbringen. Zudem wurden den Unterschieden in der Vergleichbarkeit bei den von S.T. Dupont gerügten Vergleichswerten durch sachgerechte Anpassungen hinreichend Rechnung getragen. Dies betrifft u.a. die gerügte alleinige Großhandelstätigkeit des südkoreanischen Unternehmens und dessen zusätzlich erbrachte Dienstleistungen, die nicht gesondert vergütet wurden.

Tschechische Republik: Oberstes Verwaltungsgericht v. 25.8.2023 in der Rs. Stora Enso Wood Products Ždírec s.r.o.

Streitfall: Verluste eines Routineproduzenten

Die Klägerin tätigte Produktionsleistungen in Tschechien sowohl für ihre österreichische Muttergesellschaft als auch für unabhängige Unternehmen und wies dabei im Streitjahr 2012 Verluste aus. Die tschechischen Steuerbehörden nahmen eine Verrechnungspreiskorrektur für die Produktionsleistungen im Auftrag der österreichischen Muttergesellschaft vor und setzten zusätzlich eine Strafe fest. Die Steuerbehörden vertraten die Auffassung, dass die Klägerin unter Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes einen Ausgleich für ihre Verluste hätte erhalten müssen, da die Klägerin aufgrund des Einflusses der Muttergesellschaft die Produkte nicht kostendeckend verkauft hatte. Statt als „fully-fledged“ Eigenproduzent ist die Klägerin als funktions- und risikoarme Produktionsgesellschaft einzustufen. Infolgedessen passten die Steuerbehörden die Nettogewinnmarge der Klägerin an das untere Ende von Vergleichswerten an. Die dagegen beim Bezirksgericht eingereichte Klage hatte Erfolg. Hiergegen legten die Steuerbehörden Berufung bei dem obersten Verwaltungsgericht ein, welches gegen den Steuerpflichtigen entschied.

Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichts v. 25.8.2023

In der Berufung hob das oberste Verwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil auf und wies den Fall mit Urteil v. 25.8.2023 zurück. Die Klägerin hat nach Ansicht des obersten Verwaltungsgerichts auf Anweisung der Muttergesellschaft die hergestellten Produkte zu Preisen verkauft, die unterhalb der Betriebskosten der Klägerin lagen. Die Klägerin erbrachte damit auftragsgemäße Produktionsleistungen und war als Routineunternehmen einzuordnen. Daher hätte die Klägerin von ihrer österreichischen Muttergesellschaft eine Zahlung zum Ausgleich des entstandenen Verlusts als die Differenz zwischen ihrer Rentabilität und der Rentabilität unabhängiger Vergleichsunternehmen erhalten müssen. Denn ein unabhängiges Unternehmen würde als Routineunternehmen keine Geschäftsbeziehungen eingehen, welche auf Dauer nicht profitabel für das Unternehmen wären.

Fazit

Die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen betreffen typische Streitthemen in Europa, wie die Wahl der geeigneten Verrechnungspreismethode und Verluste von Routineunternehmen, die zu Gunsten der Steuerbehörden entschieden wurden.

Sprechen Sie gerne den Autor oder Ihren gewohnten FGS-Kontakten an, wenn Sie die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen ausführlicher diskutieren möchten.