Die COVID-19-Pandemie trifft vor allem die Veranstaltungs- und Tourismusbranche hart, so dass sich die Bundesregierung zum Handeln gezwungen sah. Die sog. Gutscheinlösung ermöglicht es Veranstaltern seit dem 20.5.2020, Gutscheine für bereits vereinnahmte Eintritts- oder Buchungspreise auszugeben, um diese nicht in Geld erstatten zu müssen. Dadurch soll lebensnotwendige Liquidität gesichert werden.
Gesetz zur Legitimation von „COVID-19-Gutscheinen“
Am 8.4.2020 wurde das Vorhaben der Bundesregierung, die Ausgabe von Gutscheinen anstelle einer Erstattung des Veranstaltungspreises in Geld zu ermöglichen, erstmals konkret. Der Entwurf eines „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht“ sollte es Veranstaltern und Betreibern von Freizeiteinrichtungen gestatten, Gutscheine für Leistungen auszugeben, die vor dem 8.3.2020 gebucht und bezahlt, nunmehr aber Corona-bedingt nicht erbracht werden können. Dieser als „Formulierungshilfe“ betitelte Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde am 14.05.2020 vom Bundestag beschlossen (BT-Drucks. 19/18697) und tags darauf vom Bundesrat gebilligt (BR-Drucks. 248/20). Nach der Ausfertigung und Verkündung ist die sog. Gutscheinlösung seit dem 20.5.2020 in Kraft (BGBl. I 2020, 948).
Erfasst werden von der Gutscheinlösung Veranstaltungen und Einrichtungen der Musik-, Sport- und Freizeitbranche. Löst der Verbraucher seinen Gutschein nicht bis zum 31.12.2021 ein, lebt sein Gelderstattungsanspruch wieder auf.
Anspruch auf Erstattung bereits abgeführter Umsatzsteuer
Die Ausgabe von Gutscheinen an Stelle einer Rückerstattung des Eintritts- oder Buchungspreises hat auch eine umsatzsteuerliche Dimension. In der Tourismuswirtschaft und Veranstaltungsbranche ist eine Vorauszahlung weit verbreitet. Oftmals wird der Eintritts- oder Buchungspreis bereits im Voraus vollständig entrichtet. Umsatzsteuer entsteht insoweit schon im Zeitpunkt der Vereinnahmung. Der Veranstalter hat demnach noch vor Ausführung seiner Leistung Umsatzsteuer an das zuständige Finanzamt abzuführen. Erbringt er die ursprünglich versprochene Leistung dann später nicht, muss er die vereinnahmte Umsatzsteuer nachträglich korrigieren. Es wurde tatsächlich keine Leistung ausgeführt, so dass es an einem Steuergegenstand fehlt. Infolge der Berichtigung hat der Veranstalter grds. einen Anspruch auf Erstattung der abgeführten Umsatzsteuer.
BFH und Finanzverwaltung knüpfen eine Steuererstattung indes an die Bedingung, dass der leistende Unternehmer die Gegenleistung tatsächlich zurückgewährt hat. Der Veranstalter muss also den im Voraus vereinnahmten Eintritts- oder Buchungspreis an den Kunden zurückgezahlt haben bevor er die Erstattung der abgeführten Umsatzsteuer verlangen kann. An dieser Stelle kommt dem Veranstalter nun der Gutschein - den viele (Reise-)Veranstalter bislang auch unabhängig von der gesetzlichen Legitimation nutzten - zugute: auf diese Weise kann er den Eintritts- oder Buchungspreis zurückgewähren, ohne den Kunden in Geld abfinden zu müssen. Aus umsatzsteuerlicher Sicht verspricht dies – je nach Größe des Unternehmens – einen nicht unerheblichen zusätzlichen Liquiditätsvorteil.
Liquiditätsvorteil bei Mehrzweck-Gutschein und richtiger Abrechnung
Ein zusätzlicher Liquiditätsvorteil entsteht dem jeweiligen Unternehmen jedoch nur dann, wenn die Ausgabe des Gutscheins nicht erneut Umsatzsteuer auslöst. Insoweit ist Veranstaltern zu raten, nach Möglichkeit ausschließlich sog. Mehrzweck-Gutscheine auszugeben. Im Gegensatz zu Einzweck-Gutscheinen verbleibt dem Begünstigten eines Mehrzweck-Gutscheins meist noch ein gewisser Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die Leistungsmodalitäten. Umsatzsteuer entsteht dann erst (wieder) mit Ausführung der Leistung, gegen die der (Mehrzweck-)Gutschein eingelöst wird. Bis dahin verbleibt der vereinnahmte Eintritts- oder Buchungspreis zzgl. der Umsatzsteuer im Unternehmen und belastet die Liquidität nicht weiter.
Neben dem Aspekt der Gutscheinart hat der Veranstalter darauf zu achten, Umsatzsteuer nicht unberechtigt auszuweisen. Kennzeichnet er seine ursprüngliche Abrechnung nicht als „Vorausrechnung“ bzw. wird eine erst zukünftige Leistungserbringung nicht klar ersichtlich, kann dies Umsatzsteuer aufgrund eines unberechtigten Steuerausweises (§ 14c Abs. 2 UStG) auslösen. Doch auch insoweit kann die Ausgabe eines Gutscheins Abhilfe schaffen: den negativen Folgen des § 14c UStG kann der Abrechnende entgehen, wenn der Wert des Gutscheins dem ehemals vereinnahmten Bruttobetrag entspricht und er den Empfänger des Gutscheins auf die fehlerhafte Abrechnung hinweist. Selbst wenn sich das Risiko des unberechtigten Steuerausweises also realisiert haben sollte, würde der Veranstalter seinen Liquiditätsvorteil – dank des Gutscheins – nicht einbüßen. Die Umsatzsteuer, die ihm seitens des Finanzamts erstattet wurde, erstattet er seinerseits dem Leistungsempfänger nicht in Geld, sondern in Form des Gutscheins. Im Ergebnis verbleibt ihm so trotz unberechtigten Steuerausweises ein (vorübergehender) Liquiditätsvorteil.
Weitergehende Ausführungen zu diesem Thema können Sie in DER BETRIEB 2020, 1086 (Heft 21) nachlesen.