Die Zusammenarbeit in der Lieferkette – wichtige Handreichungen für KMU und für verpflichtete Unternehmen

13.11.2023 | FGS Blog

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zwingt seit 2023 Unternehmen mit mehr als 3.000 und ab 2024 Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern im Inland bestimmte menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten innerhalb ihrer Lieferketten zu befolgen.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind vom LkSG „nur“ mittelbar erfasst, nämlich dann, wenn sie Dienstleistungen erbringen oder Produkte an andere Unternehmen liefern, die ihrerseits den Pflichten des LkSG unterfallen (Verpflichtete Unternehmen). In diesem Fall ist das KMU „unmittelbarer Zulieferer“, sodass es vom Verpflichteten Unternehmen ggf. in seine Risikoanalyse, in Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie in die Einrichtung seines Beschwerdeverfahrens einbezogen wird.

Soweit Verpflichtete Unternehmen mit KMU zusammenarbeiten, sind sie auf eine funktionierende Zusammenarbeit angewiesen, um ihren Sorgfaltspflichten nachkommen zu können.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das für die Durchsetzung des LkSG und der sich hieraus ergebenden „öffentlich-rechtlichen Pflichten“ zuständig ist, hat dazu mittlerweile ein FAQ und eine Executive Summary zur Zusammenarbeit in der Lieferkette als erste Hilfestellung veröffentlicht. Diese Handreichungen wenden sich insbesondere an KMU.

Klarstellung durch das BAFA: Keine überfordernden Pflichten für KMU

Das BAFA stellt in seinen Handreichungen klar, dass eine Übertragung von Pflichten aus dem LkSG an Zulieferer nicht zulässig ist. Danach schließt das BAFA explizit aus, dass von einem Zulieferer gefordert werden könnte, sämtliche einschlägige menschenrechts- und umweltbezogenen Bestimmungen und Maßnahmen in der Lieferkette einzuhalten. Denn die von dem Gesetz verpflichteten Unternehmen sind selbst verantwortlich, die ihnen auferlegten Sorgfaltspflichten zu erfüllen.

Nach den im LkSG verankerten Prinzipien der Angemessenheit und Wirksamkeit ist die Weitergabe von Pflichten aus dem LkSG an Zulieferer begrenzt.

Empfehlungen des BAFA für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Verpflichteten Unternehmen und Zulieferern

Das BAFA legt als Grundsatz dar, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ein Lernprozess für alle Beteiligten ist. Die Zusammenarbeit in der Lieferkette ist als ein dynamischer Prozess zu verstehen, der auf einem Dialog und einem kontinuierlichen Austausch beruht. Im Idealfall sollen Verpflichtete Unternehmen mit ihren Zulieferern fair und auf Augenhöhe über einen längeren Zeitraum zusammenarbeiten.

Als explizite Empfehlungen nennt das BAFA u. a.:

  • Risikoanalyse: Verpflichtete Unternehmen und ihre Zulieferer sollten ein gemeinsames Verständnis von den vom Verpflichteten Unternehmen ermittelten Risiken etablieren und auf dieser Grundlage das weitere gemeinsame Vorgehen abstimmen.
  • Präventionsmaßnahmen: Verpflichtete Unternehmen sollten Vereinbarungen oder Vertragsanpassungen genau prüfen, nämlich auf welcher Basis was verlangt wird und ob die Vereinbarung im Sinne des risikobasierten Ansatzes zielführend und ausgewogen ist und ob sie tatsächlich umgesetzt werden kann, bevor sie Zulieferern übermittelt wird.
  • Abhilfemaßnahmen: Die Kosten für Abhilfemaßnahmen bei Verletzung einer geschützten Rechtsposition sollten angemessen zwischen Verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern aufgeteilt werden.
  • Beschwerdeverfahren: Verpflichtete Unternehmen sollten beachten, dass Zulieferer begründete Interessen haben können, den direkten Kontakt zwischen Vorlieferanten und Verpflichteten Unternehmen zu begrenzen.

Hinweis bei möglichen Verstößen gegen das LkSG

Das BAFA stellt sich zudem schützend vor KMU und weist auf entsprechende Kontrollmaßnahmen hin, sollten Verpflichtete Unternehmen versuchen, ihre Sorgfaltspflichten aus dem LkSG auf ihre zuliefernden KMU abzuwälzen. Dies zeigt auch für Verpflichtete Unternehmen auf, dass sie ihre Sorgfaltspflichten keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen sollten und Gefahr laufen können, ihre Sorgfaltspflichten nicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen entlang ihrer Lieferkette an KMU weiterzugeben. 

Fazit

Das BAFA weist dabei darauf hin, dass Zulieferer im Bedarfsfall individuelle rechtliche Beratung in Anspruch nehmen sollten, wenn sie bspw. im Rahmen LkSG-initiierter Vertragsergänzungen oder vertraglicher Zusicherungen zu Maßnahmen verpflichtet werden sollen. Bekanntlich liegt der Teufel im Detail, sodass es sich auch für Verpflichtete Unternehmen anbieten mag, individuelle Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, keine ggf. vertragsrechtlich unzulässigen Anforderungen an KMU zu stellen und ein Bußgeld des BAFA zu riskieren. Eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen Verpflichteten Unternehmen und Zulieferern/KMU setzt letztendlich eine passgenaue Abstimmung voraus (kein "One Size Fits All").

Da auch auf Europäischer Ebene in den nächsten Jahren zu erwarten ist, dass der Anwendungsbereich auch auf kleinere Unternehmen erweitert wird, setzen sich Unternehmen im besten Fall frühzeitig mit den für sie einschlägigen Herausforderungen des LkSG auseinander, um nicht von den Entwicklungen überrascht zu werden. Dabei können sowohl Verpflichtete Unternehmen als auch KMU Wettbewerbsvorteile bei der Geschäftsentwicklung erzielen, wenn sie auf ihren jeweiligen Vertragspartner passgenau eingestellt sind und Risiken frühzeitig erkennen, um diese proaktiv zu lösen.