Corporate Law

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem MoPeG

31.10.2023 | FGS Blog

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Es stellt das uns bekannte Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) buchstäblich auf den Kopf: Die GbR wird endlich vom Gesetz als rechtfähiger Verband anerkannt und gleichberechtigt neben OHG, KG oder GmbH gestellt.

Das BGB bietet allen Erscheinungsformen und Ausprägungen der GbR einen geschmeidigen Regelungsrahmen. Eine GbR kann gegründet werden, wenn sich mehrere Personen zur Verfolgung und Förderung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen. Die Rechtsprechung subsumierte daher in der Vergangenheit sogar „Lotto-/Totospielgemeinschaften“ oder Reisegruppen unter den Tatbestand der GbR. Oft sind Freiberuflerpraxen oder -sozietäten (Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater etc.) oder Kleingewerbetreibende als GbR organisiert. Die GbR bietet indes auch ausreichend Flexibilität, um sie als Holding für zum Beispiel ein weit verzweigtes Immobilienvermögen zu nutzen.

Die Reform adressiert diese letztgenannten Formen der GbR: Unternehmenstragende BGB-Gesellschaften erhalten den Rechtsrahmen und die Flexibilität, um rechtssicher ein Unternehmen zu leiten. Wesentliche Eckpunkte der neuen Regelungen sind:

  • Die Neuregelungen rücken die „rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, die einen auf Dauer angelegten Rechtsträger darstellt, in den Fokus; sie ist in den §§ 705 bis 739 BGB n. F. geregelt. Ihr gegenüber steht die „nicht rechtsfähige Gesellschaft“ (§§ 740 bis 740c BGB n. F.). Abgesehen von der Rechtsfähigkeit unterscheiden sie sich durch das Gesellschaftsvermögen, welches nur die rechtsfähige GbR hat (§ 740 Abs. 1 BGB n. F). 
  • Die GbR kann – und sollte in einigen Fällen – in ein Gesellschaftsregister eingetragen werden.
  • Geschäftsführung und Vertretung stehen allen Gesellschaftern nur gemeinschaftlich zu (§§ 715, 720 BGB n. F). Abweichende Regelungen sind vertraglich möglich. Die Vertretungsmacht ist unbeschränkt und kann im Gesellschaftsvertrag auch nicht mit Wirkung gegenüber Dritten beschränkt werden (§ 720 Abs. 3 BGB n. F.). Die Vertretungsmacht ist ins Gesellschaftsregister einzutragen – damit entfällt das Erfordernis, Vollmacht von allen Gesellschaftern an die vertretungsberechtigten Gesellschafter ggf. in notariell beglaubigter Form zu erteilen.
  • Die Gesellschafter haften für die Schulden der Gesellschaft als Gesamtschuldner gegenüber Dritten unbeschränkt. Haftungsbeschränkungen im Gesellschaftsvertrag haben keine Wirkung gegenüber Dritten (§ 721 BGB n. F.).
  • Bislang sah das Gesetz vor, dass alle Gesellschafter gleich sind, den gleichen Gewinnanteil erhalten und nach Köpfen abstimmen. Nach § 709 Abs. 3 BGB n. F. richtet sich das Verhältnis der Gesellschafter nunmehr zunächst nach dem Umfang der jeweiligen Beteiligung.
  • Die Beteiligung an einer GbR kann veräußert, übertragen und/oder verpfändet werden. § 711 Abs. 1 BGB n. F. setzt dies voraus und enthält eine Vinkulierungsregel: Der Verfügung über die Beteiligung müssen die anderen Gesellschafter zustimmen.
  • Bislang galt: Die GbR wird aufgelöst, wenn ein Gesellschafter stirbt, seine Mitgliedschaft kündigt bzw. gekündigt wird oder das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet wird. Nach Maßgabe des neuen § 723 BGB n. F. führen diese Gründe bloß noch zum Ausscheiden des Gesellschafters aus der GbR. Denn das von der GbR betriebene Unternehmen soll erhalten werden.
  • An die vorstehende „Fortführungsprämisse“ anknüpfend, soll auch die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben die Regel werden:
    • Falls der Gesellschaftsvertrag eine erbrechtliche Nachfolgeklausel enthält (Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben des Gesellschafters) gilt: Der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters geht unmittelbar kraft Gesetzes auf die Erben über. Hinterlässt der Gesellschafter mehrere Erben, so geht dessen Beteiligung geteilt im Verhältnis der Erbquote auf die Erben über (§ 711 Abs. 2 BGB n. F.).
    • Falls die GbR auch in das Handelsregister eingetragen werden könnte (dazu nachstehend), können die Erben die Umwandlung der GbR in eine KG verlangen. An dieser Gesellschaft wären sie sodann als Kommanditist zu beteiligen.

  • Nach § 107 Abs. 1 HGB n. F. können auch Freiberufler – soweit berufsrechtlich zulässig – ihren Beruf gemeinsam in der Rechtsform der OHG oder der KG ausüben; dies betrifft insbesondere Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte. Dasselbe gilt, wie bisher, für Kleingewerbe und rein vermögensverwaltende Gesellschaften.
  • Die Eintragung ins Handelsregister ist keine „Reise ohne Rückfahrschein“. Das Gesetz sieht in § 107 Abs. 2 und Abs. 3 HGB n. F. sowie § 707c BGB n. F. den Statuswechsel vor. Somit kann die Gesellschaft vom Gesellschaftsregister in das Handelsregister – und vom Handelsregister in das Gesellschaftsregister umgetragen werden. Maßgebend ist, ob sie als Handelsgesellschaft (vgl. § 1 Abs. 2 HGB) zu qualifizieren ist oder nicht.
  • Die GbR kann, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist, als übernehmender und übertragender Rechtsträger an Umwandlungsvorgängen beteiligt sein; dies schließt Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel ein.

Das MoPeG reformiert das Personengesellschaftsrecht. Das BGB erhält zahlreiche sinnvolle Änderungen und Neuerungen. Die Gesetzesnovelle schafft insgesamt wenig Neues, sondern überführt das in der Praxis eingeübte und von der Rechtsprechung akzeptierte Recht in das BGB. In einem entschlossenen Schritt anerkennt das neue Recht, dass die GbR eine echte unternehmenstragende Gesellschaft sein kann. 

Die GbR erhält nun die maßgebliche Organisation, um effektiv und schlagkräftig am Rechtsverkehr teilzunehmen. Vorbei sind die Zeiten, in denen für den Rechtsverkehr, das Grundbuchamt oder das Handelsregister die Vertretungsverhältnisse intransparent waren.

Infolge der vom BGB vorgesehenen Rechtslage verselbstständigt sich die GbR gegenüber dem konkreten Gesellschafterbestand. Anteilsveräußerungen, das Ausscheiden von Gesellschaftern oder deren Versterben sollten nicht mehr das Ende der Gesellschaft bedeuten. Falls doch: Das BGB sieht nunmehr in den §§ 735 bis 739 BGB n. F. ein nach handelsrechtlichem Vorbild gestaltetes Liquidationsverfahren vor.

Hervorzuheben ist schließlich, dass die GbR nunmehr an Umwandlungsvorgängen beteiligt sein kann. Analog zum umwandlungsrechtlichen Formwechsel eröffnet der Statuswechsel auch den Weg in die OHG und die KG. Mithin ist die Gründung einer GbR keine Sackgasse, sondern eine „zu klein gewordene GbR“ kann flexibel in andere, passendere, Rechtsformen überführt werden (und umgekehrt).