Bereits seit den 2000er Jahren wird über eine Option für Personengesellschaften zur Besteuerung nach dem Körperschaftsteuerrecht („Optionsmodell“) diskutiert (vergleiche unter anderem Regierungsentwurf BT-Drucksache 14/2683 vom 15. Februar 2000, S. 77). Das Optionsmodell ist ein wesentlicher Baustein einer rechtsformneutralen Besteuerung. Nach langem Stillstand wurden diese Überlegungen im vergangenen Jahr durch die Politik erneut aufgegriffen (vergleiche Ergebnis Koalitionsausschuss vom 3. Juni 2020 mit dem Titel: „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunft stärken“). Am 17. März 2021 hat das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf zum Körperschaftsteuer-Modernisierungsgesetz (KöMoG) veröffentlicht. Dieser konkretisiert das Optionsmodell und gibt Hoffnung auf eine zeitnahe Umsetzung des Vorhabens. Dem Vernehmen nach soll auch das Bundeskabinett zwischenzeitlich den Gesetzentwurf gebilligt haben.

Rechtsformwahl

Für profitable, thesaurierende Unternehmen ist eine Besteuerung mit Körperschaftsteuer im Allgemeinen vorteilhaft. Die laufende Steuerbelastung ist im Körperschaftsteuerregime geringer als in der Einkommensteuerpflicht. Dies gilt auch, wenn Unternehmen die einkommensteuerliche Thesaurierungsbesteuerung in Anspruch nehmen (siehe Blog-Beitrag vom 16. Juli 2020). Insbesondere im Bereich der eigentümergeführten Unternehmen beziehungsweise Familienunternehmen sind jedoch oftmals rechtsformspezifische, außersteuerliche Gründe entscheidungserheblich, die der Rechtsform der Kapitalgesellschaft entgegenstehen. Unter anderem wird den Aspekten „Publizitätspflichten“ und „unternehmerische Mitbestimmung“ hohe Bedeutung beigemessen. Ist für solche Unternehmen die Besteuerung nach den Regeln der Körperschaftsteuer grundsätzlich vorteilhafter, besteht daher der Bedarf, die außersteuerlichen Vorteile der Personengesellschaft mit den steuerlichen Vorteilen der Kapitalgesellschaft zu verbinden. Bislang konnte dieser Zielkonflikt durch die „Vorschaltung“ von Kapitalgesellschaften gelöst werden, was aber die Unternehmensstruktur verkompliziert. Insoweit ist der Schritt zu einem „einfachen“ Optionsmodell sehr zu begrüßen.

Antragswahlrecht

Nach § 1a KStG-E sollen Personenhandelsgesellschaften (unter anderem GmbH & Co. KG, OHG) und Partnerschaftsgesellschaften einen Antrag auf Besteuerung als Kapitalgesellschaft (Optionsmodell) stellen können. Es gelten dann die körperschaftsteuerlichen Regelungen und die Personenhandelsgesellschaft wird wie eine Kapitalgesellschaft besteuert. Insbesondere findet für die „optierende“ Gesellschaft der Körperschaftsteuertarif Anwendung. Das Antragswahlrecht soll jeder Personenhandelsgesellschaft individuell zustehen. Das „Optionsrecht“ muss damit auch in Unternehmensgruppen mit mehreren oder mehrstöckigen Personenhandelsgesellschaften nicht einheitlich ausgeübt werden. Auch ist das Wahlrecht nicht auf die oberste Personengesellschaft oder Ähnliches beschränkt.

Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft

Die „optierende“ Gesellschaft würde nach erfolgtem „fiktiven“ Formwechsel wie eine Kapitalgesellschaft besteuert werden. Das Einkommen der „optierenden“ Gesellschaft würde der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegen.

Auf Anteilseignerebene würden die Anteile an der „optierenden“ Gesellschaft als Anteile im Sinne des § 17 EStG gelten, auch wenn zivilrechtlich weiterhin eine Beteiligung an einer Personengesellschaft besteht. Für Leistungen aus der „optierenden“ Personengesellschaft gilt auf Anteilseignerebene die Abgeltungssteuer beziehungsweise das Teileinkünfteverfahren § 3 Nr. 40 EStG, soweit eine natürliche Person beteiligt ist. Folglich können sich zukünftig Risiken einer Wegzugsbesteuerung ergeben, da die Gesellschafter der „optierenden“ Gesellschaft als anteilsbesitzend im Sinne des § 17 EStG gelten würden. Sofern eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, findet § 8b KStG Anwendung.

Die Anteilseigner können bei der „optierenden Gesellschaft“ über keinen Sonderbereich mehr verfügen (vergleiche § 1a Abs. 3 KStG-E). Der Geschäftsführer würde Einkünfte gemäß § 19 EStG erzielen und die „optierende“ Gesellschaft wäre lohnsteuerlicher Arbeitgeber. Für Zinsen auf Gesellschafterdarlehen gelten grundsätzlich die Regelungen des § 20 EStG. Klärungsbedürftig zum „Wegfall des Sonderbetriebsvermögens“ durch die Option ist die Auswirkung außerhalb der Einkommensteuer. So hat das Institut des Sonderbetriebsvermögens auch Bedeutung bei der Ermittlung des Umfangs des nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigungsfähigen Vermögens bei Erbschaften und Schenkungen.

Fiktiver Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft bei Ausübung der Option

Der Übergang von der Besteuerung als Personengesellschaft hin zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft soll mittels eines „fiktiven“ Formwechsels nach dem Umwandlungsteuergesetz (UmwStG) erfolgen. Über § 25 UmwStG finden die Regelungen zur Einbringung in Kapitalgesellschaften (§§ 20 ff. UmwStG) Anwendung. Der „fiktive“ Formwechsel ist daher nie „per se“ steuerneutral. Auch für einen „fiktiven“ Formwechsel sind die Voraussetzungen der §§ 20 ff. UmwStG an die Steuerneutralität zu prüfen und zu beachten. Ansonsten steht eine Aufdeckung stiller Reserven mit entsprechender Steuerbelastung im Raum.

Insbesondere ist auf steuerliches Sonderbetriebsvermögen und wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen zu achten. Eine Steuerneutralität des „fiktiven“ Formwechsels würde daher den Übergang von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögens auf die „optierende“ Gesellschaft erfordern. Bei dem Weg in eine Kapitalgesellschaft über einen „echten“ Formwechsel löst eine Miteinbringung von Grundbesitz im Sonderbetriebsvermögen in der Regel Grunderwerbsteuer aus. Dies stellt in der aktuellen Rechtslage daher ein erhebliches Hindernis dar. Mit dem neuen „fiktiven“ Formwechsel, der nur für ertragsteuerliche Zwecke, nicht aber für grunderwerbsteuerliche Zwecke gilt, besteht aber die Chance, die Miteinbringung von Grundbesitz aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft (und zukünftig „fiktiven steuerlichen Kapitalgesellschaft“) über die Steuerbefreiung in § 5 GrEStG abzubilden.

Weitere umwandlungsteuerrechtliche Regelungen in Zusammenhang mit dem Optionsmodell sieht der Gesetzesentwurf nicht vor. Der Zeitpunkt des fiktiven Formwechsels ist fest auf den Ablauf des Wirtschaftsjahres der Antragstellung, d.h. den letzten Zeitpunkt im System der bisherigen Personengesellschaftsbesteuerung, festgelegt. Die steuerliche Rückwirkung ist insoweit ausgeschlossen.

Zeitliche Bindung

Der Antrag nach § 1a KStG-E bindet die „optierende“ Gesellschaft nach derzeitigem Gesetzesentwurf grundsätzlich nur für ein Wirtschaftsjahr. Demnach steht der „optierenden“ Gesellschaft für jedes folgende Wirtschaftsjahr die Möglichkeit zur Rückkehr zur Besteuerung als Personengesellschaft („Rückoption“) zu.

Da der „fiktive“ Formwechsel als Formwechsel nach §§ 20, 25 UmwStG zu behandeln ist, gilt jedoch die siebenjährige Behaltefrist nach § 22 UmwStG. Die „Rückoption“ soll zu einem „fiktiven“ Rückformwechsel (von der „fiktiven“ Kapitalgesellschaft zurück zur Personengesellschaft) führen. Der Rückformwechsel innerhalb von sieben Jahren nach ursprünglichen „fiktiven“ Formwechsel ist nach Verwaltungsauffassung wohl schädlich für die Steuerneutralität. Effektiv würde sich bei angestrebter Steuerneutralität daher eine Bindungsdauer von sieben Jahren ergeben.

Nachversteuerung nach § 34a EStG

In Anlehnung an die Gesetzesbegründung soll der „fiktive“ Formwechsel ferner eine Nachversteuerung gemäß § 34a Abs. 6 Nr. 2 EStG auslösen. Nachversteuerungspflichtige Beträge würden aus Sicht vieler Familienunternehmen daher ein beachtliches Hindernis darstellen. Diese Problematik könnte gelöst werden, indem auf eine Nachversteuerung verzichtet wird und der nachversteuerungspflichtige Betrag stattdessen auf die „fiktive“ Kapitalgesellschaf übergeht und dort den ausschüttbaren Gewinn im Sinne des § 27 KStG erhöht (vgl. IDW Positionspapier zum Einstieg in eine rechtsformneutrale Besteuerung („Optionsmodell“) vom 13. November 2019). Insoweit wäre es sehr erfreulich und systemgerecht, wenn der Gesetzgeber bezüglich der Thesaurierungsbesteuerung eine entsprechende Übergangsmöglichkeit vorsieht.

Organschaft

Mit Blick auf die beabsichtigte Gleichstellung einer „optierenden“ Personengesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft sollte im Optionsmodell auch die Möglichkeit bestehen, dass die „optierende“ Personengesellschaft Organgesellschaft im Rahmen einer Organschaft nach §§ 14 ff. KStG werden kann. Der aktuelle Entwurf sieht die Organgesellschaftsfähigkeit der „optierenden“ Gesellschaft nicht ausdrücklich vor. Insoweit ist z.B. mit Blick auf die grundsätzlich bestehende Voraussetzung eines Ergebnisabführungsvertrags zu klären beziehungsweise gesetzgeberisch über §§ 14, 17 KStG zu regeln, unter welchen Voraussetzungen eine „optierende“ Personengesellschaft Organgesellschaft sein kann.

Umwandlung Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft

Regelungsbedürftig mit Blick auf eine vollständige Umsetzung des Optionsmodells im Sinne einer rechtsformneutralen Besteuerung erscheint unseres Erachtens darüber hinaus der Fall des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine „optierende“ Personengesellschaft. Grundsätzlich läge damit steuerlich ein sogenannter „homogener“ Formwechsel vor („Kapitalgesellschaft in Kapitalgesellschaft“), der keine ertragsteuerlichen Folgen auslöst. Es wäre insofern nicht überzeugend, wenn daraus zunächst eine Umwandlung in eine Personengesellschaft mit den steuerlichen Folgen nach § 9 Satz 1 in Verbindung mit §§ 3-8 UmwStG, insbesondere der Zwangsausschüttung offener Rücklagen, und anschließend ein „Rückformwechsel“ in die Kapitalgesellschaft mit Sperrfirsten nach § 22 UmwStG resultieren soll. Klärungs- und ggf. klarstellungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang auch, welche Rechtsfolgen z.B. bei Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine „optierende“ Schwesterpersonengesellschaft eintreten. Systemkonform wäre, wenn insoweit § 11 ff. UmwStG gilt.

Fazit

Das „Optionsmodell“ ist vor dem Hintergrund einer rechtsformneutralen Besteuerung sehr zu begrüßen. Insbesondere für Unternehmen, die bislang aus außersteuerlichen (beispielsweise zivil- und handelsrechtlichen) Gründen eine Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft gemieden haben, dürften sich steuerliche Chancen ergeben. Es ist daher aus Unternehmenssicht zu hoffen, dass der Gesetzgeber das Vorhaben weiterverfolgt. Zu begrüßen wäre es ferner, wenn sich der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang auch der oben erläuterten, noch offenen Fragen bezüglich der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf eine „optierende“ Personengesellschaft, der Organgesellschaftsfähigkeit und der Thesaurierungsbegünstigung annimmt.