Lohnsteuerhaftung des Arbeitgebers: Optimierungsansätze auf Grund der Absenkung des Solidaritätszuschlags

10.02.2021

Der Gesetzgeber hat den Solidaritätszuschlag mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 durch eine deutliche Anhebung der Freigrenze (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 SolZG) zugunsten niedriger und mittlerer Einkommen zurückgeführt. Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit unterliegen dadurch einer niedrigeren Steuerbelastung als in den Vorjahren. Aus Unternehmenssicht wird dies vor allem dann relevant, wenn der Arbeitgeber (im Sinne des § 38 Abs. 1 EStG) die Steuerbelastung trägt. Dies kann sich infolge einer Lohnsteueraußenprüfung ergeben, bei der der Arbeitgeber für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer haftbar gemacht wird (§ 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Handlungsalternativen im Fall einer Haftungsinanspruchnahme

Wenn nachzuversteuernde Arbeitslohnzahlungen festgestellt werden, ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, die nachzuentrichtende Lohnsteuer zu ermitteln. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber die Haftungsschuld an den Arbeitnehmer weiterbelasten will oder ob er diese übernimmt. Besteht keine Nettolohnvereinbarung, erlangt der Arbeitgeber mit der Erfüllung des Haftungsanspruchs einen (arbeitsrechtlich zeitlich befristeten) Ausgleichsanspruch gegenüber seinem Arbeitnehmer. In Bezug auf die Sozialversicherungsbeiträge ist dies hingegen nur sehr eingeschränkt möglich. Hat der Arbeitnehmer die Anteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht einbehalten, darf dies nur bei den nächsten drei Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden. In der Praxis ist es häufig so, dass Arbeitgeber auf den Ausgleich verzichten, etwa zur Wahrung des Betriebsfriedens oder im Hinblick auf die internen Abwicklungskosten.

Lohnsteuerliche Zuflusszeitpunkte

Grundsätzlich folgt aus der Übernahme auf nicht versteuerte Arbeitslohnzahlungen entfallender Steuerzahlungen durch den Arbeitgeber ein weiterer Lohnzufluss. Denn der Arbeitgeber übernimmt eine Steuerschuld seines Arbeitnehmers (Steuerschuldner).

Für den Zufluss des geldwerten Vorteils macht es aus lohnsteuerlicher Sicht einen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt der Arbeitgeber die Steuerübernahme erklärt. Ist dies bereits im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung der Fall, ist die durch den Arbeitgeber übernommene Steuerschuld auf einen Bruttobetrag hochzurechnen. Dies kann entweder im Wege einer Nettoeinzelberechnung nach den individuellen Steuerabzugsmerkmalen des Mitarbeiters erfolgen oder – wie dies bei überwiegend der Fall ist – auf Antrag des Arbeitgebers durch Anwendung eines Pauschsteuersatzes. Wobei in die Nettoeinzelberechnung dann auch vom Arbeitgeber übernommene KiSt und der SolZ einzubeziehen sind. Nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zählen hingegen vom Arbeitgeber übernommene Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag. Der geldwerte Vorteil, der aus der Übernahme der Steuerschuld und der weiteren Abzugsbeträge resultiert, fließt dem Arbeitnehmer bereits für das Jahr des Zuflusses des nachzuversteuernden Betrags zu.

 

Greift die Lohnsteueraußenprüfung beispielsweise 2021 nicht versteuerte Arbeitslohnzahlungen aus 2019 auf und erklärt sich der Arbeitgeber bereit, die daraus entstehenden Steuerzahlungen zu übernehmen, ist damit auch der geldwerte Vorteil 2019 zugeflossen. Dies hat zur Folge, dass auf die Lohnsteuer - nach der für den Veranlagungszeitraum 2019 geltenden Rechtslage - gegebenenfalls auch Solidaritätszuschlag anfällt, womit sich wiederum die Steuerschuld des Arbeitgebers erhöht.

 

Erklärt der Arbeitgeber hingegen im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung, dass er auf einen Ausgleichsanspruchs gegenüber dem Arbeitnehmer nicht verzichten wird, ergibt sich der Nachforderungsbetrag (für das Aufgriffsjahr) aus der Differenz zwischen dem von dem Prüfer ermittelten steuerpflichtigen und dem bislang versteuerten Arbeitslohn. Verzichtet der Arbeitgeber zu einem späteren Zeitpunkt darauf, den Ausgleichsanspruch geltend zu machen, fließt der geldwerte Vorteil erst zum Zeitpunkt des Verzichts zu. Erfolgt dieser bspw. erst im Veranlagungszeitraum 2021, wäre die vom Arbeitgeber zu entrichtende Steuerschuld um den SolZ und den durch die Übernahme des Solidaritätszuschlags ausgelösten zusätzlichen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil gemindert. Hierbei ist zu beachten, dass ein vom Arbeitgeber übernommener Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (der Arbeitgeber ist an einem Einbehalt nicht gehindert) zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zählt.

Fazit

Für den Fall der Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung empfiehlt sich Folgendes: Gibt es keine Nettolohnvereinbarung, ist für die Höhe der Steuerschuld des Arbeitgebers - auf Grund des durch die Absenkung des Solidaritätszuschlags begründeten Steuersatzeffektes - entscheidend, zu welchem Zeitpunkt er gegenüber seinen Arbeitnehmer auf den Ausgleichsanspruch verzichtet hat.

 

Fließt der geldwerte Vorteil (erst) im Veranlagungszeitraum 2021 zu, kann sich - auf Grund der Absenkung des Solidaritätszuschlags - eine niedrigere Steuerbelastung ergeben. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Verzichtsjahr keinen Solidaritätszuschlag entrichten muss - bei einem Bruttolohn in der Steuerklasse I von weniger als EUR 74.000 (Steuerklasse III weniger als EUR 136.500) – und das beitragspflichtige Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung über der Beitragsbemessungsgrenze liegt.