BMF veröffentlicht zweiten Diskussionsentwurf zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes

Im Sommer 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) – neun Monate nach dem Inkrafttreten des Mindeststeuergesetzes (MinStG) – den ersten Diskussionsentwurf eines Anpassungsgesetzes veröffentlicht. Wir hatten hierüber im Blogbeitrag vom 19. September 2024 berichtet. Nach Eingang diverser Stellungnahmen hat das BMF nunmehr mit Datum vom 5. Dezember 2024 den zweiten Diskussionsentwurf veröffentlicht.

Latente Steuern (Bildung/Auflösung und Nachversteuerung)

In Bezug auf die Bildung latenter Steuern sieht § 50 Abs. 1a MinStG-E vor, dass fortan auf einen Mindeststeuer-Buchwert abzustellen ist. Bei Differenzen zwischen Mindeststeuer-Buchwert und dem Buchwert, der der Ermittlung des Mindeststeuerjahresüberschusses zugrunde lag (also bspw. dem HGB-Buchwert), sind die latenten Steuern unter Berücksichtigung des Mindeststeuer-Buchwertes anzupassen. Dabei gilt es, Abschreibungsmethoden, -zeiträume und Ansatzverbote zu beachten.

In der Praxis problematisch war bisher, dass eine Nachversteuerung latenter Steuer auf Basis des derzeitigen § 50 Abs. 4 MinStG eine Überwachung auf Einzelpositionenbasis fordert. § 50a MinStG-E soll hier insofern eine Erleichterung schaffen, als sog. „Nachversteuerungsgruppen“ gebildet werden können, indem latente Steuern, die Vermögensgegenstände und Schulden betreffen, auf einem Sachkonto zusammengefasst werden dürfen (Nachversteuerungsgruppe I). Mehrere Sachkonten desselben Bilanzpostens können weitergehend zu einer Nachversteuerungsgruppe II zusammengefasst werden.

Etwaige Nachversteuerungsbeträge nach § 50a Abs. 3 MinStG-E sind dann gruppenbezogen zu ermitteln. Dies klingt zunächst nach einer wesentlichen Vereinfachung, jedoch erleichtert dies nur die Nachversteuerung „an sich“. Die grundlegenden Parameter temporärer Differenzen (insb. Herkunft, Bewertung und voraussichtliche Umkehr) müssen weiterhin einzeln nachvollziehbar und zuordenbar sein. Die Behandlung latenter Steuern im Rahmen der Mindeststeuer bleibt damit eine Herausforderung für betroffene Unternehmen.

§ 50 Abs. 1a MinStG-E und § 50a MinStG-E setzen die Vorgaben aus der Administrative Guidance der OECD v. 4. Juni 2024 (Kapitel 1 und 2) um.

Anwendung des CbCR-Safe-Harbors

Die Anpassungen im Bereich des CbCR-Safe-Harbours sind im Wesentlichen redaktioneller Art. Hervorzuheben sind jedoch insbesondere die folgenden Aspekte:

  • Zum einen wird in Bezug auf die Definition von Berichtspaketen als Voraussetzung für das Vorliegen qualifizierter Rechnungslegungsinformationen nunmehr auf § 138a AO zum steuerlichen CbCR verwiesen, was im Interesse der Klarheit zu begrüßen ist
  • Ferner sieht § 87 Abs. 1 Satz 2 MinStG-E vor, dass der CbCR-Safe-Harbor nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn
  1. die Anforderungen für ein getestetes Steuergebiet nicht erfüllt sind, oder
  2. nach dem MinStG erforderliche Anpassungen (z.B. aufgrund von Inkongruenzen i.S.d. § 87b MinStG-E – Anwendung erstmals auf nach dem 31.12.2024 beginnende Geschäftsjahre) unterblieben sind.

Da § 87 Abs. 1 Satz 2 MinStG-E keine Aufzählung der vorzunehmenden Anpassungen enthält, ist unklar, ob z.B. auch Anpassungen nach § 85 Abs. 3 MinStG bei transparenten obersten Muttergesellschaften erfasst sind. Problematisch ist: Der CbCR-Safe-Harbor soll auch dann nicht in Anspruch genommen werden können, wenn die (unterbliebene) Anpassung im Ergebnis keinen Einfluss auf die Erfüllung der drei Tests in § 84 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 MinStG (vereinfachter Wesentlichkeitstest, vereinfachter Effektivsteuersatztest, substanzbasierter Freibetrag) gehabt hätte. Dies erscheint überschießend.

Transparente Strukturen

§ 7 Abs. 32 MinStG-E weitet die Definition der (steuer-)transparenten Einheiten im Vergleich zum Status quo aus. Insbesondere soll nunmehr zur Beurteilung, ob die transparente Einheit als steuertransparente Einheit oder als hybride Einheit gilt, nicht länger nur auf den direkten Beteiligten abgestellt werden, sondern – insbesondere in transparenten Strukturen – auf die nächsthöhere nicht-transparente Einheit, d.h. die steuerliche Behandlung der transparenten Einheit aus Sicht des mittelbar Beteiligten.

§ 7 Abs. 32 MinStG-E setzt die Klarstellungen aus der Administrative Guidance der OECD v. 4. Juni 2024 (Kapitel 5) um.

Übernahmegewinne/-verluste bei Umstrukturierungen

Die Behandlung von Übernahmegewinnen/-verlusten bei Umstrukturierungen führt zu vielfältigen Fragestellungen und hat in der Praxis bisweilen dazu geführt, dass Umstrukturierungen aufgeschoben wurden. Die Regelungen sind komplex und vielschichtig. Erfreulich ist, dass § 66 Abs. 2 Nr. 2 MinStG-E nun vorsieht, dass nicht bloß der Buchwert vorzuführen ist, sondern – jedenfalls in bestimmten Fällen – auch die Übernahmegewinne/-verluste für MinSt-Zwecke außer Ansatz bleiben. Da sich die Finanzverwaltung weder hier noch im UmwSt-Erlass v. 02.01.2025 umfassend zu der Anwendung der Vorschriften positioniert hat, sollte auch weiterhin jede Umstrukturierungsmaßnahme aus MinSt-Sicht genau geprüft werden.

Weitere Regelungen und Begleitmaßnahmen

Weiter sieht der zweite Diskussionsentwurf mit § 75 Abs. 4 MinStG-E eine Regelung zum Informationsaustausch auf Basis des kürzlich veröffentlichten Änderungsvorschlages der EU-Kommission zur DAC 9-Umsetzung vor. Hierzu werden wir in unserem Blog in Kürze berichten. Über die Anpassungen im MinStG hinaus enthält der zweite Diskussionsentwurf Anpassungsvorschläge, insbesondere im EStG, dem AStG sowie verfahrensrechtlicher Natur.

Ausblick

Der zweite Diskussionsentwurf in kurzer Zeit zeigt noch einmal die Dynamik, die in dem Projekt „Mindeststeuer“ steckt. Die Stellungnahmefrist endet bereits am 31. Januar 2025. Aufgrund der anstehenden Erstellung der Mindeststeuerberichte und -erklärungen ist zu hoffen, dass der Gesetzgebungsprozess trotz der anstehenden Bundestagswahlen zeitnah abgeschlossen werden kann und (endlich) Klarheit über die maßgebliche Rechtsgrundlage herrscht.