Wenn zukünftige Eheleute einen internationalen Bezug haben, ist dies bei der Gestaltung eines Ehevertrags zu berücksichtigen. Ein solcher Auslandsbezug kann sich aus einer ausländischen Staatsangehörigkeit, einem außerhalb von Deutschland liegenden gewöhnlichen Aufenthalt oder aus dem Plan der Ehegatten, ins Ausland zu ziehen, ergeben. Wird ein internationaler Bezug erkannt, ist sicherzustellen, dass der Ehevertrag auch in der fremden Rechtsordnung als wirksam anerkannt wird.
Besondere Herausforderungen stellen sich, wenn in Eheverträgen kulturelle Vorstellungen verankert werden sollen, die dem deutschen Recht fremd sind. Mit einem solchen Fall befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einer jüngeren Entscheidung (BGH, Beschl. v. 29. November 2023 – XII ZB 531/22). Die Entscheidung gibt Anlass, den rechtlichen Rahmen näher zu beleuchten, der aus deutscher Sicht den Ehegatten bei solchen Vereinbarungen gesteckt wird.
Hintergrund
Gegenstand der Entscheidung war der Ehevertrag eines deutsch-libanesischen Paares, das den Güterstand der Gütertrennung gewählt und Regelungen dazu getroffen hatte, unter welchen Umständen die Ehefrau zur Ehescheidung und zum Bezug nachehelichen Unterhalts berechtigt sein sollte. Das Scheidungsrecht der Ehefrau wurde dabei beschränkt auf Fälle des Ehebruchs, des Missbrauchs durch den Ehemann, ausbleibende Unterhaltszahlungen und die Verhinderung einer Erwerbstätigkeit der Ehefrau. Von Bedeutung war, dass entsprechende Regelungen nur für die Ehefrau existierten, das Scheidungsrecht des Ehemanns blieb unberührt. Das nach deutschem Recht bestehende freie und verschuldensunabhängige Recht auf Ehescheidung (sog. „Zerrüttungsprinzip“) wurde somit zulasten der Ehefrau erheblich eingeschränkt.
Unwirksamkeit von ehevertraglichen Bestimmungen
Der BGH nahm den Fall zum Anlass, die Maßstäbe für die Überprüfung von Eheverträgen auf ihre Unwirksamkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) zu verdeutlichen: Eine ehevertragliche Vereinbarung ist danach sittenwidrig, wenn sie objektiv einseitig einen Ehepartner belastet und sich dieser zusätzlich subjektiv in einer unterlegenen Verhandlungsposition befunden hat. Um dies zu beurteilen, sind die äußeren Umstände, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags bestanden (z. B. finanzielle Verhältnisse der Partner, Berufstätigkeit, bestehende Berufsausbildungen), beachtlich. Erst unter Berücksichtigung dieser Umstände lässt sich ermitteln, ob eine einseitige Lastenverteilung vorliegt: Objektiv einseitig belastend kann etwa eine Vereinbarung sein, durch die sich ein Partner zu hohen Unterhaltszahlungen verpflichtet, gänzlich auf Unterhaltsansprüche verzichtet oder das Recht eines Partners auf Ehescheidung eingeschränkt wird. Anders kann dies zu bewerten sein, wenn – etwa bei Verzicht eines Partners auf einen nachehelichen Zugewinnausgleich – der verzichtende Partner über erhebliches eigenes Vermögen verfügt oder der andere Partner für diesen in eine private Altersvorsorge einzahlt. Neben dem Wortlaut des Ehevertrags ist somit stets auch die Lebensrealität der Vertragsparteien beachtlich.
Auch einseitig belastende Bestimmung sind nur dann unwirksam, wenn sich der Ehepartner zusätzlich bei Vertragsschluss in einer ungleichen Verhandlungsposition befunden hat. Dieses Ungleichgewicht kann sich vor allem aus (erheblich) unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten ergeben, einer bestehenden Schwangerschaft, einer Überrumplungssituation oder der intellektuellen oder sprachlichen Überlegenheit der anderen Partei. Maßgeblich ist, ob sich aus den Gesamtumständen bei Vertragsschluss ein subjektives Ungleichgewicht zulasten einer Partei ergibt.
Schließlich ist für die Unwirksamkeitskontrolle der Inhalt der konkreten Vereinbarung beachtlich. Da auch Eheverträge der Vertragsfreiheit unterliegen, sind grundsätzlich nur solche Regelungen zu problematisieren, die Ansprüche ausschließen, die zum sogenannten Kernbereich des Ehe-, Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht gehören. Gemeint sind damit etwa vollständige und starre Unterhalts- oder Sorgerechtsausschlüsse oder etwa Beschränkungen des Rechts auf Ehescheidung.
Sollte eine einzelne vertragliche Regelung als sittenwidrig zu identifizieren sein, kann dies dazu führen, dass das Unwirksamkeitsverdikt auch sonstige vertragliche Bestimmungen (etwa die Wahl eines Güterstands) erfasst. Dieses Risiko kann auch nicht durch die Aufnahme einer sog. salvatorischen Klausel effektiv begrenzt werden, wie der BGH in seiner Entscheidung noch einmal betont.
Besonderheiten internationaler Eheverträge
Auch für Eheverträge, die einen internationalen Bezug aufweisen, gelten die vorgenannten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit. Bei der Überprüfung der einseitig belastenden Wirkung einer Bestimmung berücksichtigen die deutschen Gerichte jedoch auch kulturelle Wert- und Moralvorstellungen der Ehegatten.
So werden etwa die nach dem islamischen Eherecht üblichen Brautgaben (durch die der Ehemann sich für den Fall der Trennung einseitig zur Zahlung einer erheblichen Geldsumme verpflichtet) regelmäßig von deutschen Gerichten akzeptiert. Andere Bestimmungen, etwa ein verschuldensabhängiger Unterhaltsanspruch oder die Vereinbarung einer „Mindestdauer“ für die elterliche Sorge getrennt nach Söhnen und Töchtern, wurden als sittenwidrig abgelehnt. Ein besonderer, milderer Bewertungsmaßstab für internationale Eheverträge besteht also nicht.
Praktische Hinweise für die Gestaltung internationaler Eheverträge
Bei der Gestaltung von Eheverträgen ist die aktuelle Lebenssituation der Ehepartner in den Blick zu nehmen. Diese kann auch unmittelbar im Ehevertrag (etwa in Form einer Präambel) festgehalten werden, um spätere Uneinigkeiten hierüber zu vermeiden. Insbesondere dann, wenn erhebliche Unterschiede etwa in der finanziellen Situation oder der Berufsausbildung bestehen, sollte auf ausgewogene Regelungen und hinreichende Beratung in der Verhandlungssituation geachtet werden.
Ausländische Wertvorstellungen von Ehegatten können in die Gestaltung des Ehevertrags mit einfließen. Auch hier gelten aber die dargestellten Maßstäbe zur Sittenwidrigkeit. Die deutschen Gerichte zeigen dabei zwar grundsätzlich einen eher liberalen Ansatz. Vor dem Risiko, dass die Sittenwidrigkeit einer Regelung auch zur Unwirksamkeit weiterer vertraglicher Bestimmungen führen kann, ist stets die Ausgewogenheit jeder Regelung zu hinterfragen. Das gilt insbesondere, wenn diese sich dem Kernbereich des Ehe- und Scheidungsrechts annähern.