Dieser Beitrag ist Teil 2 einer dreiteiligen Blog-Reihe zum Thema: „Wirtschaft in der Krise – Maßnahmen aus Verrechnungspreissicht“. Hier lesen Sie Beitrag 1 und Beitrag 3. ​ 

Hintergrund

Der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen stellen die Weltwirtschaft vor erhebliche Herausforderungen. Der geopolitische Handelskonflikt und die Einführung wechselseitiger Strafzölle bergen immense Unsicherheiten für multinationale Unternehmensgruppen, die nicht zuletzt zu erheblichen Gewinnminderungen oder sogar Verlusten führen können. Zur Stützung von Konzerngesellschaften in dieser Situation spielen insbesondere konzerninterne Finanzierungstransaktionen eine Rolle. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über ausgewählte Aspekte, die aus Verrechnungspreissicht zu berücksichtigen sind.

Steigendes Zinsniveau in Deutschland

Mit der politischen Einigung auf ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro steigt die deutsche Staatsverschuldung deutlich an. Dies dürfte zu einem Anstieg der Renditen deutscher Staatsanleihen führen, wodurch auch mit einem generellen Zinsanstieg am Kapitalmarkt zu rechnen ist. Hiervon betroffen sind nicht nur zukünftige Neuabschlüsse. Auch bei bestehenden Darlehen mit variabler Verzinsung ist mit steigenden Zinsbelastungen zu rechnen. Dies gilt es auch bei konzerninternen Finanzierungstransaktionen im Blick zu behalten, um ggf. rechtzeitig erforderliche Anpassungen vornehmen zu können. In der Praxis ist dabei immer wieder zu beobachten, dass in Konzernen ein einheitlicher Zinssatz für alle konzerninternen Darlehen verwendet wird. Im aktuellen dynamischen Zinsumfeld sollte dieser Zinssatz regelmäßig auf Fremdüblichkeit geprüft und ggf. angepasst werden.

Inbound-Fall: Anforderungen des § 1 Abs. 3d AStG

Werden zur Stützung inländischer verbundener Unternehmen gruppeninterne Darlehen vergeben (Inbound-Darlehen), sind die neuen Anforderungen des § 1 Abs. 3d AStG zu beachten. Für einen vollständigen Betriebsausgabenabzug der Zinsen im Inland ist die Fremdüblichkeit des konzerninternen Darlehens sowohl dem Grunde nach (bestehend aus dem Nachweis der Kapitaldienstfähigkeit und der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Finanzierung) als auch der Höhe nach glaubhaft zu machen. In wirtschaftlich angespannten Zeiten stellt insbesondere der Nachweis der Kapitaldienstfähigkeit eine Herausforderung dar. Dies betrifft insbesondere auch bestehende Darlehen, bei denen es zu einer unerwarteten Verschlechterung der finanziellen Situation des Darlehensnehmers gekommen ist. Es empfiehlt sich für Steuerpflichtige, die zugrunde liegenden Ursachen für etwaige Abweichungen entsprechend zu dokumentieren. Zum Nachweis der Kapitaldienstfähigkeit und der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Finanzierung können Prognose- bzw. Investitionsrechnungen verwendet werden, die auch Anschlussfinanzierungen einschließen können.

Garantien und Patronatserklärungen

Neben Darlehen gewinnen auch konzerninterne Garantien und Patronatserklärungen an Bedeutung, da sie zur Bonitätsabsicherung beitragen und so den Zugang zu externen oder internen Finanzierungsquellen sichern können. Für die Vorteile einer nachgewiesen erhöhten Kreditwürdigkeit des Garantienehmers ist ein dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechender Verrechnungspreis anzusetzen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere das EuGH-Urteil in der Rechtsache Hornbach-Baumarkt vom 31. Mai 2018 (C-382/16) von Bedeutung. Mit dem Urteil hat der EuGH anerkannt, dass die unentgeltliche Abgabe von Garantie- oder Patronatserklärungen von einer Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft, obgleich voneinander unabhängige Gesellschaften eine Garantiegebühr vereinbart hätten, aufgrund wirtschaftlicher Gründe gerechtfertigt sein kann (wirtschaftliches Eigeninteresse der Garantiegeberin am geschäftlichen Erfolg der ausländischen Tochtergesellschaft). Die erste finanzgerichtliche Stellungnahme zum Erfordernis der wirtschaftlichen Gründe erfolgte erstmals durch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 16. August 2023 (1 K 1472/13). Gegen das Urteil wurde jedoch Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt (Az. I R 53/23) – es bleibt abzuwarten, wie sich dieser zu der Thematik positionieren wird.

Darlehen an Routineunternehmen

In der Praxis ist immer wieder zu beobachten, dass auch Routineunternehmen konzerninterne Darlehen erhalten. Aus Verrechnungspreissicht ist hier zunächst zu prüfen, ob vorgelagerte konzerninterne Liefer- und Leistungsbeziehungen des Routineunternehmens tatsächlich fremdüblich ausgestaltet wurden. Da Routineunternehmen lediglich einfache Funktionen übernehmen, geringe Risiken tragen und dementsprechend einen geringen Gewinn erzielen, sollten sie typischerweise nicht in eine Verlustsituation geraten und keinen wesentlichen Finanzierungsbedarf aufweisen. Vor einer entsprechenden Finanzierung sollte daher geprüft werden, ob die Verrechnungspreise für vorgelagerte konzerninterne Lieferungen und Leistungen sachgerecht bestimmt wurden (siehe hierzu auch Teil 3 „Umgang mit Verlusten bei Routineunternehmen“).

Zusammenfassung

Die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen führen zu spürbaren Veränderungen im Bereich konzerninterner Finanzierungstransaktionen. Es ist daher empfehlenswert, bestehende Finanzierungstransaktionen regelmäßig zu überprüfen und die aktuellen Entwicklungen im Blick zu behalten.