Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 13. März 2024 (Az. X R 32/21) eine zentrale Frage zur steuerlichen Behandlung von Gewinnen und Verlusten im Rahmen von Verschmelzungen beantwortet. Gewinne, die ein übertragender Rechtsträger im steuerlichen Rückwirkungszeitraum erzielt hat, dürfen nicht mit einem Verlustrücktrag des übernehmenden Rechtsträgers aus einem späteren Jahr ausgeglichen werden. Dieses Urteil konkretisiert die Anwendung des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG und hat erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltungsspielräume bei Unternehmensverschmelzungen.

Sachverhalt

Im Streitfall wurde die B-GmbH rückwirkend zum 01.01.2013 auf die A-GmbH (Klägerin) verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erfolgte erst im September 2013. Im Jahr 2013 erzielte die A-GmbH einen Gewinn, wovon ein Anteil dem Rückwirkungszeitraum zugeordnet wurde – also der Zeit vor der handelsrechtlichen Wirksamkeit der Verschmelzung.

Die Klägerin beantragte später, einen im Jahr 2014 entstandenen Verlust rückwirkend auf das Jahr 2013 zu übertragen, um die Steuerlast zu senken. Das Finanzamt lehnte dies mit Verweis auf § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ab, der die Verrechnung von Gewinnen aus dem Rückwirkungszeitraum mit später entstandenen Verlusten untersagt. Während das Finanzgericht Hamburg zunächst zugunsten der Klägerin entschied, hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zurück.

Steuerliche Besonderheiten bei Verschmelzungen

Eine Verschmelzung ist ein Vorgang, bei dem das Vermögen einer übertragenden Gesellschaft auf eine übernehmende Gesellschaft übergeht. Steuerlich wird dieser Prozess oft rückwirkend auf den Jahresbeginn datiert, um die Bilanzierung zu vereinfachen.

Gemäß § 2 Abs. 1 UmwStG wird durch die steuerliche Rückwirkung das wirtschaftliche Ergebnis des Rückwirkungszeitraums dem übernehmenden Rechtsträger zugewiesen. Dies bedeutet, dass Einkünfte, die der übertragende Rechtsträger in diesem Zeitraum erzielt, für steuerliche Zwecke so behandelt werden, als seien sie direkt beim übernehmenden Rechtsträger entstanden. Besondere Aufmerksamkeit dürften in diesen Fällen Konstellationen mit Verlustverrechnungen oder möglicherweise mit Verlustrückträgen haben.

Kernaussagen des BFH

Im vorliegenden Fall eines Verlustrücktrags aus dem ersten Jahr nach der Verschmelzung hat der BFH entschieden, dass ein solcher Ausgleich nicht zulässig ist. Eine Verrechnung widerspricht dem ausdrücklichen Wortlaut und der Systematik des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG. Laut BFH wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die im Rückwirkungszeitraum erzielten Gewinne abschließend besteuert und nicht durch spätere Verluste neutralisiert werden.

Darüber hinaus betonte der BFH, dass der Normzweck darauf abzielt, missbräuchliche Gestaltungsspielräume zu verhindern. Besonders bei Verschmelzungen von Verlustgesellschaften mit gewinnbringenden Gesellschaften besteht das Risiko, dass Verluste strategisch genutzt werden, um Gewinne zu reduzieren. Das Urteil soll dazu beitragen, die Integrität des Steuersystems zu bewahren.

Praxisfolgen

Das BFH-Urteil schafft Klarheit über die Anwendung des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG und reduziert Gestaltungsspielräume bei der Verlustverrechnung. Gewinne aus dem Rückwirkungszeitraum müssen eigenständig versteuert werden und können nicht durch spätere Verluste neutralisiert werden. Verluste des übernehmenden Rechtsträgers können nur in künftigen Veranlagungszeiträumen genutzt werden. Ein Verlustrücktrag in den Rückwirkungszeitraum ist ausgeschlossen. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob der vollständige Ausschluss eines Verlustrücktrags wirtschaftlich sinnvoll ist, da er in bestimmten Konstellationen zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen kann, die der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens nicht immer gerecht wird. Unternehmen sollten daher die Richtung und den Zeitpunkt einer Verschmelzung genau prüfen, insbesondere bei der Zusammenführung von Gewinn- und Verlustgesellschaften. Die steuerlichen Folgen unterscheiden sich je nach Konstellation erheblich.