Die Berücksichtigung von Verlusten einer Kommanditgesellschaft bei beschränkt haftenden Kommanditisten ist nur eingeschränkt möglich. Entstandene steuerliche Verluste können i.S.d. § 15a EStG bei beschränkt haftenden Kommanditisten nicht unbegrenzt zum Abzug oder Ausgleich gebracht werden. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass ein Verlustausgleich nur in einem Umfang gewährt wird, in dem auch eine tatsächliche wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen durch die entstandenen Verluste vorliegt. Demnach können Verluste nur eingeschränkt bis zur Höhe der geleisteten Einlagen (Höhe des Kapitalkontos) oder der im Handelsregister eingetragenen Hafteinlage abgezogen oder ausgeglichen werden.
Ein Verlustausgleich, der zur Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führt, ist unzulässig. In solchen Fällen ist die Höhe der nicht ausgleichs- oder abzugsfähigen Verluste gesondert festzustellen (verrechenbarer Verlust). Der verrechenbare Verlust kann daraufhin in späteren Wirtschaftsjahren mit Gewinnen des Kommanditisten verrechnet werden.
Für die Ermittlung des verrechenbaren Verlustes bedarf es zunächst einer Ermittlung der Höhe des Kapitalkontos. Das Kapitalkonto ist nicht gesondert definiert und ermittelt sich nach den steuerrechtlichen Grundsätzen, wonach Einlagen und Entnahmen zu einer Erhöhung bzw. Minderung des Kapitalkontos führen (BFH v. 07.10.2004 – IV R 50/02, BeckRS 2004, 25007335). Hierbei erfolgt eine jährliche zum Ende eines Wirtschaftsjahres und somit stichtagsbezogene Betrachtung.
Streitfall
Im vorliegenden Fall hat der Kläger und Revisionsbeklagte (Kommanditist einer GmbH & Co. KG) in Vorjahren sogenannte Mehrentnahmen getätigt. Mehrentnahmen entstehen, sofern mehr Kapital aus der Gesellschaft entnommen als eingelegt wird und führen grds. zu einer Minderung des Kapitalkontos. Auf Grund nicht vorhandener Verluste seitens des Klägers hatte dies jedoch keine steuerlichen Konsequenzen.
Um dies auszugleichen, berücksichtigte das Finanzamt im Streitjahr bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes einen Korrekturposten „Rückführung von Mehrentnahmen“. Dieser minderte die Einlagen und erhöhte entsprechend den verrechenbaren Verlust. Das Finanzamt begründete dies vor dem Hintergrund, dass bei einer wirtschaftlichen Betrachtung die Einlagen des Klägers aus in Vorjahren getätigten Entnahmen stammten. Dem Kläger sei somit ein ungerechtfertigter steuerlicher Vorteil entstanden.
BFH-Entscheidung
Fraglich ist nun, ob es bei einer aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachteten Rückführung von Mehrentnahmen, wie im Fall einer regulären Einlage, zu einer Erhöhung des Verlustausgleichsvolumens kommen kann. Bei einer wirtschaftlichen jahresübergreifenden Gesamtbetrachtung würde der Gesellschaft kein „neues Kapital“ zugeführt werden.
Entgegen der Auffassung des Finanzamtes schloss sich der BFH mit seiner Ansicht der Entscheidung der Vorinstanz des Finanzgerichts Münster an (FG Münster v. 13.04.2022 – 13 K 141/20 F, DStR 2022, 2365). Die Minderung der geleisteten Einlagen um die aus Vorjahren stammenden Mehrentnahmen sei unzulässig, da hierfür keine gesetzliche Grundlage bestehe. Die erbrachten Einlagen sind somit in vollem Umfang zu berücksichtigen. Dies lässt sich zum einen durch den aus dem Gesetz hervorgehenden stichtagbezogenen Kapitalkontenvergleich begründen. Demnach sind ausschließlich Entnahmen und Einlagen aus dem Wirtschaftsjahr der Verlustentstehung zu berücksichtigen. Bei Entnahmen und Einlagen rund um den Jahreswechsel kann eine missbräuchliche Gestaltung per se nicht ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Streitfall liegen jedoch keine Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch vor.
Auch die jahresübergreifende wirtschaftliche Betrachtungsweise ändert nichts an der Tatsache, dass der Kläger mit der Einlage für die entstandenen Verluste aufkommt. Die Kürzung der Einlagen würde gegen die Systematik und das Ziel des Gesetzgebers einer einfach handhabbaren Regelung verstoßen. Zudem reicht eine bloße Annahme, dass es sich um die Einlage von Mehrentnahmen handeln muss, nicht aus. Des Weiteren ist dem Wortlaut des Gesetzes keine Berücksichtigung eines Korrekturbetrags zu entnehmen. Hinreichende Anhaltspunkte eine Auslegung entgegen dem Wortlaut des Gesetzes vorzunehmen sind nicht gegeben.
Die Entscheidung vom BFH schafft Klarheit: Entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung spricht sich der BFH gegen eine wirtschaftliche Beurteilung und für eine wortgetreue Auslegung des § 15a EStG aus. Einlagen sind unabhängig von wirtschaftlichen Überlegungen in voller Höhe anzuerkennen.