Dieser Beitrag ist Teil 3 einer dreiteiligen Blog-Reihe zum Thema: „Update UK: Neue Richtlinie betreffend Vermeidung von „Fallstricken“ bei Verrechnungspreisen“. Hier lesen Sie Beitrag 1 und Beitrag 2. ​ 

Die HMRC („His Majesty's Revenue & Customs“ – die Aufsichtsbehörde für Steuern und Abgaben im Vereinigten Königreich) hat am 10. September 2024 neue Compliance-Richtlinien herausgegeben, die die geeignetste Vorgehensweise („best-practice Ansätze“) zur Einhaltung von Verrechnungspreisregelungen beschreiben. Diese Richtlinien umfassen detaillierte Beschreibungen der HMRC über die Rolle der „UK risk leads“ und „transfer pricing specialists“ sowie zu „risikoreichen“ Verrechnungspreisaspekten, wodurch bisher bestehende steuerliche Rechtsunsicherheiten reduziert werden sollen.

Teil 3: Risikoreiche Verrechnungspreisaspekte aus Sicht der HMRC

Die Ausführungen in Teil 3 der Richtlinie umfassen allgemeine Indikatoren für „risikoreiche“ Ansätze betreffend die Verrechnungspreispolitik. Die (ausweislich der HMRC nicht abschließende) Liste von Risikoindikatoren umfasst dabei:

  • Allgemeine Risiken bei der Festlegung der Verrechnungspreispolitik: Diese Risiken können nach Auffassung der HMRC verringert werden, indem die Verrechnungspreispolitik auf soliden Verrechnungspreisanalysen und -dokumentation basiert. Dabei sollen nicht nur die vertraglichen Bedingungen, sondern auch das tatsächliche Verhalten der Parteien berücksichtigt werden.
  • Eigentum und Nutzung immaterieller Vermögenswerte: Die HMRC verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass grundsätzlich das DEMPE-Konzept zu berücksichtigen sei. Demnach besteht ein potenzielles Compliance-Risiko, wenn dem zivilrechtlichen Eigentümer sämtliche Erträge im Zusammenhang mit einem immateriellen Vermögenswert zugerechnet werden, obwohl dem betreffenden Unternehmen das notwendige Know-how oder die Kapazitäten fehlen, den immateriellen Wert zu entwickeln, zu verbessern oder zu nutzen.
  • Ausübung von Funktionen oder Risiken mit hoher Wertschöpfung: Diese stellen ausweislich der HMRC bspw. die Kontrolle wichtiger DEMPE-Funktionen oder wirtschaftlich bedeutende Risiken dar, die gewinnbringend und wesentlich für die Unternehmensgruppe sind. In diesem Zusammenhang soll insbesondere eine Funktionsanalyse durchgeführt werden, um eine sachgerechte Abgrenzung zu Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung vorzunehmen.
  • Verrechnungspreis-Zielmargenmodelle: Soweit Zielmargen festgelegt werden, die Auswirkung auf Gewinne von Unternehmen im Vereinigten Königreich haben, bestehen regelmäßig Compliance-Risiken. Die Festlegung von Zielmargen können in den Fällen angemessen sein, in denen diese auf einer Funktions- und Vergleichbarkeitsanalyse basieren und ordnungsgemäß dokumentiert und umgesetzt wurden.
  • Kostenbasierte und umsatzbasierte Vergütungen für Dienstleistungen: Compliance-Risiken können sowohl aus Dienstleistungsverträgen resultieren, die auf die Kostenbasis einen Gewinnaufschlag gewähren, als auch in Fällen, in denen die Vergütung anhand des Umsatzes definiert wird. Auch in diesem Zusammenhang sollen die Funktionsanalyse und die Verrechnungspreisdokumentation maßgebend sein, um das Compliance-Risiko zu reduzieren.
  • Franchisegebühren und ähnliche Vereinbarungen über einmalige Gebühren: Im Hinblick auf Franchise-Gebühren sowie sonstige einmalige Gebühren bestehen Compliance-Risiken, wenn die Auswahl der Verrechnungspreismethode und der Verrechnungspreismaßstab nicht ausreichend dokumentiert werden. Hier kann das Compliance-Risko reduziert werden, wenn bspw. geprüft wird, ob Vermögenswerte oder Dienstleistungen gesondert mit dieser Gebühr verrechnet werden können.

Würdigung und Auswirkungen der HMRC-Empfehlungen zu „risikoreichen Verrechnungspreisaspekte“

Teil 3 der Richtlinie gibt Hinweise darauf, welche Bereiche des Liefer- und Leistungsaustauschs im Konzern erwartbare Schwerpunkte einer Prüfung durch die HMRC sein können. Steuerpflichtige sind daher gut beraten, ihre Verrechnungspreise hinsichtlich dieser „Problemfelder“ und „Best-Practice-Ansätze“ zu prüfen. Gleichwohl ist die Aufzählung der Risikoindikatoren nicht abschließend, so dass die Prüfung anderer Verrechnungspreisfelder nicht ausgeschlossen werden kann. Folglich sollte der Compliance-Fokus nicht ausschließlich auf die dort genannten „risikoreichen Verrechnungsaspekte“ begrenzt werden, sondern grundsätzlich sämtliche dokumentationspflichtigen Transaktionen einbeziehen. Insbesondere sollten solche Transaktionen, die ein hohes Volumen und damit ein potenziell hohes Korrekturpotenzial aufweisen, auf ihre Angemessenheit und sachgerechte Dokumentation geprüft werden.

Im Ergebnis ist das Anliegen der HMRC zwar nachvollziehbar, die ausgesprochenen Empfehlungen wirken aufgrund ihres Abstraktionsgrades aber zum Teil auch praxisfern. Jedenfalls sollten Verrechnungspreise im Vereinigten Königreich künftig stärker im Fokus stehen.