Update UK: Britische Finanzverwaltung veröffentlicht Reformvorschläge betreffend Verrechnungspreise, Betriebsstätten und die Besteuerung von Gewinnverlagerungen (Teil 2)

26.06.2025 | FGS Blog

Dieser Beitrag ist Teil 2 einer zweiteiligen Blog-Reihe zum Thema „Update UK: Britische Finanzverwaltung veröffentlicht Reformvorschläge betreffend Verrechnungspreise, Betriebsstätten und die Besteuerung von Gewinnverlagerungen“. Teil 1 lesen Sie hier

Die britische Finanzverwaltung (HMRC) hat am 28. April 2025 einen Gesetzesentwurf zur Reform von Verrechnungspreisen, Betriebsstättenbesteuerung bzw. -gewinnabgrenzung sowie der Besteuerung verlagerter Gewinne vorgelegt. Der Gesetzesentwurf knüpft an Vorschläge aus einer Konsultation aus dem Jahr 2023 an. Zugleich hat der HMRC eine neue Konsultation veröffentlicht, die Vorschläge zur Anpassung der Ausnahmeregelung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von den Verrechnungspreisdokumentationspflichten beinhaltet. Die Konsultation endet am 7. Juli 2025.

Betriebsstätten

Der Gesetzesentwurf sieht vor, die britischen Regelungen zur Betriebsstättenbesteuerung an den internationalen Konsens anzugleichen und die Regelungen zugleich zu vereinfachen. Im Gesetz soll ausdrücklich auf den OECD-Betriebsstättenbericht verwiesen und die Definition einer Betriebsstätte an das OECD-Musterabkommen 2017 angeglichen werden. Hierdurch wäre für Steuerpflichtige leichter ersichtlich, welche Leitlinien und Materialien herangezogen werden können, um Zweifelsfragen zu Betriebsstätten zu klären. Im Ergebnis würde damit der international anerkannte AOA (Authorised OECD Approach) ins britische Recht umgesetzt werden. Der AOA normiert für die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte eine uneingeschränkte Selbständigkeitsfiktion, d. h. eine Betriebsstätte wird steuerlich (per Fiktion) als selbstständiges Unternehmen betrachtet.

Der Gesetzesentwurf würde umsetzen, was nach deutschem Recht (weitgehend) bereits im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 umgesetzt worden ist (vgl. BT-DRS 17/10000, 61). So wird der AOA innerstaatlich in § 1 Abs. 5 AStG normiert. Das Bestreben der britischen Finanzverwaltung nach einer (internationalen) Vereinheitlichung des Betriebsstättenbegriffs bzw. der Betriebsstättenbesteuerung ist uneingeschränkt zu begrüßen. Zwar zeigt die Praxis, dass auch nach Einführung des AOA Betriebsstättenfragen umstritten bleiben; gleichwohl stellt dies einen Schritt in Richtung Vereinfachung und Rechtssicherheit dar.     

Besteuerung verlagerter Gewinne (Diverted Profits Tax und Unassessed Transfer Pricing Profits (UTPP))

Die „Diverted Profit Tax“ (DPT) wurde am 1.4.2015 in Großbritannien zur Bekämpfung der Steuervermeidung eingeführt. Konkret wird die DPT als eigene Steuer neben der Körperschaftsteuer erhoben und soll u.a. Geschäftsbeziehungen britischer Unternehmen zu verbundenen Unternehmen adressieren, die keine „wirtschaftliche Substanz“ aufweisen. Hintergrund dieser Steuer ist die Annahme, dass mittels substanzloser Unternehmen Steuerinkongruenzen ausgenutzt und damit Steuern in Großbritannien vermieden wurden. Grundsätzlich soll an dem eigentlichen Ziel der DPT auch zukünftig festgehalten werden. „Verlagerte Gewinne“ sollen zukünftig aber nicht mehr mittels DPT gesondert, sondern im Rahmen der Körperschaftsteuer steuerlich berücksichtigt werden. Dies soll u.a. Steuerpflichtigen bei Verrechnungspreiskorrekturen den Zugang zu Verständigungslösungen (z.B. Verständigungsverfahren) erleichtern.

Ausweislich des Gesetzesentwurfs soll die Regelung betreffend UTPP Anwendung finden, wenn:

  1. eine Steuerinkongruenz vorliegt (d. h. die Besteuerung liegt unterhalb von 80% der Steuer, die in Großbritannien veranlagt worden wäre) und
  2. dies aus einer Steuergestaltung resultiert (d. h. es ist vernünftigerweise davon auszugehen, dass die Struktur darauf abzielt, die Steuerlast zu verringern, zu beseitigen
    oder zu verzögern).

Im Ergebnis soll hiermit das Besteuerungsrecht Großbritanniens sichergestellt werden.   

Würdigung und Auswirkungen

Der AOA stellt den international anerkannten Ansatz zur Betriebsstättengewinnabgrenzung dar. Vor diesem Hintergrund ist der Schritt Großbritanniens, diesen ausdrücklich ins Gesetz implementieren zu wollen, naheliegend und zu begrüßen. Gleichwohl zeigt die Betriebsprüfungspraxis, dass sowohl die Betriebsstättenbegründung als auch die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte regelmäßig Streitpunkt und nicht zuletzt Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren sind. Der BFH hat mit Urteilen v. 18.12.2024 (Az. I R 49/23 und IR 45/22) erst unlängst Schwung in die Diskussion um die Reichweite des in § 1 Abs. 5 AStG normierten AOA gebracht. Als Reaktion hierauf sind auch in Deutschland (gesetzliche) Neuerungen im Zusammenhang mit dem AOA zu erwarten.

Überdies bestätigt die avisierte Einführung der Regelung zu UTPP den internationalen Trend, durch Missbrauchsregelungen die Verlagerung von Gewinnen in das niedrig besteuerte Ausland vermeiden zu wollen. Wenngleich dieses Ziel durchaus nachvollziehbar ist, zeigt sich bislang in der Praxis, dass hiermit regelmäßig hohe Compliance-Hürden und -Kosten einhergehen, während der Nutzen überschaubar bleibt (bspw. DAC6-Meldepflichten).