Die Verwertbarkeit von EncroChat-Daten bleibt aktuell. Die Datenaufdeckung verschlüsselter Handys wurde nun auch dem deutschen Rapper Kontra K zum Verhängnis. Nach ersten höchstrichterlichen Gerichtsentscheidungen bleiben Fragen zur Verwertbarkeit der Daten offen. Weitere Verfahren sind anhängig.

Kontra K ist nun im Schussfeld der EncroChat Ermittlungen

Kontra K gehört zurzeit zu den erfolgreichsten Rappern Deutschlands. Erst letztes Jahr erhielt er die 1Live-Krone als „Bester HipHop-Act“ und will Ende November seine Tour durch Deutschland beginnen. Jetzt hat die Ermittlungswelle um EncroChat aber wohl auch ihn erfasst. Die Staatsanwaltschaft verfolgt den Verdacht, Kontra K habe im Frühjahr 2020 versucht, 100 kg Cannabis im Wert von mehreren Hunderttausend Euro einzuführen und zu verkaufen. Auslöser des Verdachts waren laut Presseberichten ausgewertete Daten der nur scheinbar verschlüsselte Handys des Unternehmens EncroChat. Kontra K soll mithilfe seines EncroChat-Handys über den Sachverhalt kommuniziert haben.

Rückblick auf den Datencoup zu EncroChat

Für den bisherigen Kriminalroman um EncroChat wird auf den letzten Blogbeitrag zu dieser Thematik verwiesen. Nach dem Entdecken von EncroChat stiegen die Täter auf neue verschlüsselte Handyanbieter, wie SkyECC, um. Der Chatdienst SkyECC erreichte in seiner Hochphase sogar 70.000 Nutzer und damit noch mehr als EncroChat. Doch auch bei SkyECC lasen ab Februar 2021 französische, niederländische und belgische Ermittler mit.

Durch die bisherige Auswertung der Datensätze von EncroChat & Co. haben die deutschen Beamten rund 4.500 Tatverdächtige identifiziert. Daraus folgten bundesweit rund 4.000 neue Ermittlungsverfahren, knapp 1.900 Haftbefehle und die vorläufige Sicherung von Vermögenswerten i.H.v. rund 610 Mio. Deutschlandweit ergingen bereits 670 Verurteilungen.

Aktueller Verfahrensstand zur Verwertbarkeit der EncroChat-Daten

Seitdem die deutschen Ermittlungsbehörden die Erkenntnisse aus der EncroChat Entschlüsselung für eigene Ermittlungen nutzen, ist die Verwertbarkeit der Daten strittig. Kritisch ist, dass die Daten aus den EnchroChats als solche nicht nach deutschen Voraussetzungen aufgedeckt wurden. Dies würde die speziellen deutschen Anordnungsvoraussetzungen umgehen. Dementsprechend wird zum Teil für das Bestehen eines Beweiserhebungs- und Verwertungsverbot plädiert.

Die Rechtsprechung hat die Verwendung der EncroChat-Daten bislang ganz überwiegend für zulässig befunden. Allein das LG Berlin hat bisher eine Verwertung der Daten verneint.

Der Bundesgerichtshof hat die Verwertbarkeit der EncroChat-Daten dagegen bestätigt. In seinem letzten Beschluss ging er ausführlich auf die rechtlichen Gründe ein. Die Rechtsgrundlage für die Verwertbarkeit liegt in § 261 Strafprozessordnung, welcher den Grundsatz der freien Beweiswürdigung normiert. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch das Gericht wird der individuelle Grundrechtsschutz gegen das staatliche Strafverfolgungsinteresse abgewogen. Da eine gesetzliche Konkretisierung für die Verwertung der Daten fehlt, greift das Gericht auf die Grundgedanken und Voraussetzungen der Onlinedurchsuchung und dem Abhören der Wohnung (§ 100e Abs. 6 Strafprozessordnung) zurück. Mittlerweile sind zwei Verfassungsbeschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig, in denen die Beschwerdeführer unter anderem die Verletzung von Europarecht rügen. Zudem sind zwei weitere Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.

Ausblick für Kontra K und EncroChat

Die Verwertbarkeit der EncroChat-Daten ist noch nicht abschließend geklärt. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheiden werden. Zudem werden die Entscheidungen wegweisend sein, da EncroChat nicht der einzige Anbieter verschlüsselter Kommunikation war.