Update Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht 7/2021: Neuer Fahndungsschwerpunkt? Besteuerung von YouTubern, Influencern und Bloggern

27.07.2021 | FGS Blog

Langezeit waren nur herausragende Einzelsportler, Filmstars oder Musiker als Werbeträger gefragt, etwa in klassischen TV-Werbetrailern. Inzwischen fokussiert sich die Werbebranche immer mehr auf den Bereich der Onlinewerbung mit Social-Media-Stars. YouTuber, Influencer und Blogger beeinflussen die Werbebranche mittlerweile wie kein anderer. Für die Werbebranche (insbesondere die Marketingagenturen) zählen nicht mehr allein TV-Einschaltquoten, sondern vor allem die Anzahl der „Klicks“, „Likes“ und „Follower“ von Social-Media-Accounts. Das Marktvolumen wächst stetig, und so überrascht es nicht, dass Social-Media-Akteure immer mehr in den Fokus der Finanzverwaltung geraten. Die Besteuerung von YouTubern, Influencern und Bloggern ist mittlerweile regelmäßiger Besprechungsgegenstand in Finanzämtern. Die Finanzverwaltung besitzt zahlreiche Möglichkeiten zur Überprüfung der Angaben in Steuererklärungen. Immer wieder werden Unstimmigkeiten festgestellt und die Steuerpflichtigen mit diesen etwa in Betriebsprüfungen konfrontiert – gegebenenfalls kommt es sogar zum unliebsamen Kontakt mit der Steuerfahndung.

Wachsender Markt: Werbung durch YouTuber, Influencer und Blogger

Laut Schätzungen erzielen Influencer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mittlerweile Nettoerlöse in Höhe von rund EUR 990 Mio. Hintergrund ist, dass Posts von Social-Media-Akteuren ganz gezielt bestimmte Zielgruppen ansprechen können. Es handelt sich nach Einschätzung vieler Marketingagenturen nicht nur um eine günstigere, sondern eine weit effektivere Form der Werbung.

Im vergangenen Jahr veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Steuern ein Informationsblatt, das Besteuerungshinweise für Influencer enthält. Spätestens seitdem stehen Social-Media-Akteure auch im „Rampenlicht“ der Finanzbehörden. Die Besteuerung von Influencern war sogar bereits Gegenstand einer Anfrage an die Bundesregierung.

Komplexe Besteuerung bei YouTubern, Influencern und Bloggern

YouTuber, Influencer und Blogger posten ihren „content“ in regelmäßigen Abständen, um eine möglichst hohe Reichweite zu erzielen. Entscheidend sind authentische und alltägliche Posts. Die Grenze zur Werbung ist dabei fließend. Bereits ein eher beiläufiger und unbezahlter „tag“ auf den Hersteller eines „blauen Plüschelefanten“ kann die Frage aufwerfen, ob der Post als „Werbung“ beziehungsweise „Anzeige“ zu kennzeichnen ist. Aktuell beschäftigt sich der Bundesgerichtshof mit der Kennzeichnungspflicht unbezahlter Produktpostings von Influencern & Co. nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Az. I ZR 126/20).

Erhalten YouTuber, Influencer oder Blogger hingegen Geldzahlungen für Posts, sind diese nicht nur definitiv als „Werbung“ beziehungsweise „Anzeige“ zu kennzeichnen. Die Zahlungen müssen auch in der Steuererklärung angegeben werden. Versehentlich machen Social-Media-Akteure dabei jedoch immer wieder Fehler. Schuld ist dabei oft das komplizierte Steuerrecht. So stellt sich bei Geldzahlungen (etwa bei selbständigen Textern) bereits die schwierige Frage, ob diese zu den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit (§ 18 EStG) oder aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) gehören.

Die Abgrenzung ist häufig insbesondere bei Influencern fließend und eine Frage des Einzelfalls. Gehören die Einnahmen zu einem Gewerbebetrieb, unterliegen diese der Gewerbesteuer, sofern der Gewinn größer als EUR 24.500 pro Jahr ist. Nicht zu vergessen: Auch Influencer & Co. müssen Umsatzsteuer zahlen, falls die Grenzen der Kleinunternehmerregelung überschritten werden. Dies ist der Fall, wenn der Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr einen Betrag von EUR 22.000 nicht überschritten hat und der Umsatz im laufenden Kalenderjahr EUR 50.000 nicht übersteigen wird. In solchen Konstellationen müssen Influencer & Co. entsprechende Umsätze quartalsweise beziehungsweise monatlich in einer Umsatzsteuervoranmeldung erklären.

Produktüberlassung an Youtuber, Influencer und Blogger

Erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur Geldzahlungen, sondern auch Überlassungen von Gratisprodukten an Influencer & Co. in der Steuererklärung anzugeben sein können. Dies wird häufig übersehen. Insoweit stellen sich auch schwierige Folgefragen: In welcher Höhe ist die Produktüberlassung (z.B. Staubsaugerroboter, Schmuck, Handys) im konkreten Fall zu besteuern? Ähnliche Schwierigkeiten stellen sich bei Einladungen zu Veranstaltungen, Meetings, Reisen und in Luxushotels. Unklar ist etwa – was häufig vorkommt – in welcher Höhe eine Reise zu versteuern ist, wenn zum Beispiel ein Influencer von freitags bis sonntags in ein Wellnesshotel eingeladen wird, einen Tag arbeitet und das Wellnessangebot einen weiteren Tag privat nutzt. Ebenfalls unklar: Muss ein Influencer die Nutzung eines ihm leihweise überlassenen Luxusautos in seiner Steuererklärung angeben?

Zunehmende Nachforschungen der Finanzbehörden gegenüber Influencern & Co.

Häufig erstellt die Finanzverwaltung selbst Accounts und wird „Follower“ von Social-Media-Akteuren. Im Vordergrund steht dabei aber nicht die Steigerung der Bekanntheit von Influencern & Co. Vielmehr werden Postings von Youtubern, Bloggern und Influencern überprüft. Finden sich Hinweise auf Werbeeinnahmen, z.B. durch die ausdrückliche Kennzeichnung als „Werbung“, werden diese Sachverhalte mit den Angaben in den Steuererklärungen abgeglichen. Dem Vernehmen nach wurden so bereits erste Steuerstrafverfahren eingeleitet.

Zukünftig dürfte nicht ausgeschlossen sein, dass die Finanzbehörden Sammelauskunftsersuchen (§ 93 Abs. 1a AO) an Geschäftspartner von Social-Media-Akteuren (Plattformen wie YouTube, Facebook, TikTok und Instagram) stellen werden. Zuletzt hatte eine vergleichbare Vorgehensweise der Hamburger Steuerfahndung für Aufsehen gesorgt. Diese hatte über ein „Gruppenauskunftsersuchen“ bei der Online-Vermietungsplattform Airbnb in Irland versucht, nicht versteuerte Mieteinnahmen aufzudecken (siehe dazu Höpfner/Schwindt, ZWH 2020, 345 ff.).

Handlungsempfehlungen für YouTuber, Influencer und Blogger

YouTuber, Influencer und Blogger geraten zunehmend in das Visier der Steuerbehörden. Immer häufiger steht der Vorwurf der Steuerhinterziehung wegen falscher Angaben in der Steuererklärung im Raum. Aufgrund der zahlreichen steuerlichen Fallstricke kann Social-Media-Akteuren vor Abgabe einer Steuererklärung nur geraten werden, qualifizierten Rechtsrat einzuholen. Dies gilt erst recht, wenn sich nach Abgabe einer Steuererklärung durch Rückfragen der Finanzbehörde oder eigenen Untersuchungen herausstellt, dass eine abgegebene Steuererklärung fehlerhaft ist. Dann stellt sich die Frage, ob Angaben strafbefreiend mit einer Selbstanzeige berichtigt werden können.

Eng verknüpft mit der Besteuerung von YouTubern, Bloggern und Influencern ist die Besteuerung von Marketingagenturen. Da sich insoweit spezifische Einzelfragen stellen, widmen wir dieser Thematik unser nächstes „Update Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht 8/2021“.