Dieser Beitrag ist Teil 1 einer zweiteiligen Blog-Reihe. Beitrag 2 zum Thema "Update Luxemburg: Rechtsprechung und Änderung der Rechtslage zum Rückkauf eigener Anteile" lesen Sie hier.
Am 23. Mai 2024 hat die luxemburgische Regierung einen Gesetzentwurf zur Änderung der Abgabenordnung, des Vermögenssteuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes („Projet de Loi“, N° 8388) veröffentlicht. Der Gesetzentwurf umfasst neben anderen steuerlichen Maßnahmen insbesondere eine Option zum Verzicht der Freistellung von Beteiligungserträgen. Da Luxemburg ein wichtiger Standort u.a. für die Strukturierung von Investitionen und Holdings ist, kommt dieser Änderung besondere Bedeutung zu.
Aktuelle Rechtslage
Für bestimmte Kapitalgesellschaften sieht Art. 166 des luxemburgischen Einkommensteuergesetzes eine Befreiung von Einkünften aus qualifizierten Beteiligungen vor. Beteiligungserträge sind demnach steuerfrei, wenn die Beteiligung für einen ununterbrochenen Zeitraum von mind. 12 Monate gehalten wird und während dieses Zeitraums die Beteiligungsquote mind. 10% beträgt oder die Anschaffungskosten der Beteiligung mind. 1,2 Mio. EUR betragen. Dabei kann die Voraussetzung der Mindesthaltedauer von 12 Monaten auch dadurch erfüllt werden, dass die Kapitalgesellschaft sich verpflichtet, die entsprechende Beteiligung für mind. 12 Monate zu halten. Im Gegensatz zur vergleichbaren deutschen Vorschrift des § 8b KStG ist eine sog. Schachtelstrafe nach luxemburgischen Recht nicht vorgesehen. Daneben kennt das luxemburgische Recht für Kapitaleinkünfte auch ein Halbeinkünfteverfahren (50%), das grundsätzlich dann Anwendung findet, wenn die Voraussetzungen nach Art. 166 des luxemburgischen Einkommensteuergesetzes nicht erfüllt sind.
Angekündigte neue Rechtslage
Mit dem Gesetzesentwurf vom 23. Mai 2024 wird ein Wahlrecht zum Verzicht auf die Befreiung von Beteiligungserträgen nach Art. 166 des luxemburgischen Einkommensteuergesetzes eingeführt. Dieses Wahlrecht steht dem Steuerpflichtigen jedoch nur dann zur Verfügung, wenn die Voraussetzung für die Beteiligungsfreistellung allein aufgrund des Schwellenwerts der Anschaffungskosten i.H.v. 1,2 Mio. EUR erfüllt ist. Mit anderen Worten ist ein Verzicht nicht möglich, wenn die Voraussetzungen für die Befreiung auf der Grundlage einer Beteiligung von mindestens 10% gewährt wird. Diese Einschränkung resultiert aus der sog. Mutter-Tochter-Richtlinie, die zwingend eine Steuerfreiheit bei einer Beteiligungsquote i.H.v. 10% vorsieht. Der Verzicht kann für jedes Jahr und für jede Beteiligung separat ausgeübt werden. Daneben sieht der Gesetzentwurf auch die Möglichkeit vor, auf die Freistellung nach dem Halbeinkünfteverfahren zu verzichten.
Würdigung und Auswirkungen der neuen Regelung
Die Zielsetzung der Neuregelung erschließt sich unter anderem bei Betrachtung der steuerlichen Behandlung von Aufwendungen. Aufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit nicht steuerpflichtigen Erträgen stehen (u.a. Erträge aus qualifizierten Beteiligung nach Art. 166 des luxemburgischen Einkommensteuergesetzes) – dazu zählen auch Abschreibungen aufgrund von Wertminderungen von qualifizierten Beteiligungen – sind in Höhe der steuerfreien Erträge nicht abzugsfähig. Im Ergebnis liegt der wesentliche Vorteil der neuen Regelung zum Verzicht auf die Steuerfreiheit von Beteiligungserträgen darin, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit der entsprechenden Beteiligung unmittelbar im jeweiligen Veranlagungszeitraum verrechnet werden können. So können auch Verlustvorträge – die in Luxemburg bis zu 17 Jahren vorgetragen werden können – mit Kapitalerträgen verrechnet werden.
Im Ergebnis führt die Änderung zu einer höheren Flexibilität, indem sie eine individuelle Anpassung an die jeweilige wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen gewährleistet. Dies wird insbesondere durch die flexible Ausübung des Wahlrechts erreicht, da man in nachfolgenden Jahren nicht an die vorherige (Nicht-)Ausübung gebunden ist.