Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen oder zwischen einem Unternehmen und seinen Gesellschaftern müssen so gestaltet sein wie zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen bzw. fremden Dritten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Geschäfte zwischen verbundenen Unternehmen zu marktüblichen Konditionen abgewickelt werden. Eine solche Fremdüblichkeit von Darlehensbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen war in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Entscheidungen der deutschen Finanzgerichte (FG). Strittig waren hierbei insbesondere unverzinsliche und unbesicherte Darlehen. Allerdings: Das Finanzgericht des Saarlandes urteilte jüngst, dass auch in einer solchen Konstellation nicht zwangsläufig eine Korrektur der Einkünfte nach § 1 Abs. 1 AStG zu erfolgen hat (Urteil v. 25.09.2024, 1 K 1258/18).

Sachverhalt

Geklagt hatte eine deutsche Kommanditgesellschaft (KG), die an Lohnfertigern in Ungarn und Rumänien beteiligt war. Die Klägerin gewährte beiden Tochterunternehmen unverzinsliche Darlehen. Eine Sicherheitsleistung wurde nicht vereinbart. Das Darlehen an das rumänische Tochterunternehmen wurde ausgereicht, damit dieses ein Grundstück erwerben und bauliche Investitionen tätigen konnte. Das ungarische Tochterunternehmen beglich mit Hilfe des gewährten Darlehens noch ausstehende Umsatzsteuerschulden. In beiden Fällen erfolgten die Kapitalzuwendungen aufgrund des unzureichenden Eigenkapitals der Tochterunternehmen.

Das Finanzamt sah insbesondere in der fehlenden Verzinsung der Darlehen einen Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz. Es erhöhte daher die Einkünfte der Klägerin um fiktive Zinserträge nach § 1 Abs. 1 AStG.

Die Entscheidung des FG des Saarlandes

Das FG gab dem Finanzamt zunächst Recht: Ein zinsloses Darlehen würden voneinander unabhängige Unternehmen nicht bzw. nur gegen Einräumung werthaltiger Sicherheiten vereinbaren. Auch der Konzernrückhalt ersetze die fehlende Sicherheit nicht. Dieser begründe zwar eine Konzernüblichkeit, nicht aber eine Fremdüblichkeit. Das FG erachtete § 1 Abs. 1 AStG daher als grundsätzlich einschlägig.

Allerdings widersprach das FG dennoch im Ergebnis dem Finanzamt. Eine Korrektur nach § 1 Abs. 1 AStG habe im Streitfall nicht zu erfolgen. Bei Darlehensbeziehungen innerhalb der EU sei nämlich die Möglichkeit zu gewähren, wirtschaftliche Gründe für die fremdunübliche Vertragsgestaltung nachzuweisen (und hierdurch eine Einkommenskorrektur gem. § 1 Abs. 1 AStG abzuwenden). Anderenfalls sei die Niederlassungsfreiheit durch den Ansatz fiktiver Einkünfte beschränkt.

Zum Hintergrund: Der EuGH hatte in der Rechtssache Hornbach geurteilt, dass Geschäftsabschlüsse unter nicht fremdüblichen Bedingungen gerechtfertigt sein können, wenn die Konzernobergesellschaft ein wirtschaftliches Eigeninteresse an ihren Beteiligungsgesellschaften habe und für deren Finanzierung verantwortlich sei (Urteil v. 31.05.2018, C-382/16).

Im Urteilsfall kam das FG zu dem Schluss, dass wirtschaftliche Gründe für die Darlehenskonditionen vorlagen. Denn hierunter fallen sämtliche sich aus der unternehmerischen Betätigung ergebenden außersteuerlichen Gründe der Darlehensgeberin, insbesondere ein eigenbetriebliches Interesse an der fremdunüblichen Darlehensgewährung. Das eigenbetriebliche Interesse sah das FG darin, dass die Klägerin ihre Tochterunternehmen im Ausland gegründet hatte, um die Produktionskosten zu senken. Die Fortführung bzw. die Ausweitung des ausländischen Geschäftsbetriebes habe mangels ausreichenden Eigenkapitals der Tochterunternehmen die Zuführung weiteren Kapitals erfordert.  

Mit anderen Worten: Die Klägerin habe die Tochterunternehmen finanziell unterstützt, um die eigenen Absatzmöglichkeiten zu fördern, die Umsätze und Gewinne des Konzerns zu steigern, für ausreichend Liquidität zu sorgen und hierdurch dessen finanzielle Stabilität zu verbessern. Hierbei handelt es sich nach Auffassung des FG um legitime und betriebswirtschaftlich vernünftige Motive, die nicht in der Erlangung eines Steuervorteils bestehen.

Praktische Folgen und Ausblick

Das Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes v. 25.09.2024 (1 K 1258/18) enthält eine zentrale, für den Steuerpflichtigen positive Botschaft: Eine unverzinsliche und unbesicherte Darlehensgewährung darf nicht zwangsläufig zu einer Korrektur nach § 1 Abs. 1 AStG führen. Diese Aussage dürfte insbesondere in Betriebsprüfungen und Rechtsbehelfsverfahren von Bedeutung sein. Wenn hierbei vorgetragen werden kann, dass die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen im eigenbetrieblichen Interesse des Darlehensgebers stehen, können grundsätzlich entsprechende Einkünftekorrekturen nach § 1 Abs. 1 AStG abgewendet werden.

Darüber hinaus kann diese Maßgabe auch für künftige Vertragsgestaltungen relevant sein. Im Einzelfall kann bei der Darlehensvergabe im Konzern mitunter darauf verzichtet werden, eine Verzinsung und/oder die Gewährung von Sicherheiten zu vereinbaren, sofern ein eigenbetriebliches Interesse an der Darlehensgewährung besteht.

Allerdings sollte bei alledem beachtet werden: Das FG ließ insbesondere im Hinblick auf ein beim BFH anhängiges Revisionsverfahren (Az. I R 68/23) auch vorliegend die Revision zu. In erster Instanz hatte dort das FG Rheinland-Pfalz (Urteil v. 16.08.2023, 1 K 1472/13) die Möglichkeit des Nachweises wirtschaftlicher Gründe für fremdunübliche Vertragsgestaltung verbundener Unternehmen unionsrechtlich ebenfalls als notwendig erachtet.