Unternehmenssanierung durch Schutzschirm und Insolvenzplan in Zeiten der Corona-Pandemie

27.05.2020

Durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen Shutdown haben viele Unternehmen mit einem massiven Umsatzeinbruch zu kämpfen. Trotz Kurzarbeitergeld und Steuerstundungen können sie sich häufig nicht ausreichend von Kosten entlasten.

 

Den zusätzlichen Liquiditätsbedarf können Unternehmen zunächst decken, indem sie die  verschiedenen Corona-Hilfsprogramme der KfW in Anspruch nehmen, beispielsweise den Unternehmerkredit/Gründerkredit/Schnellkredit. Diese stehen jedoch nur als Fremdkapital zur Verfügung, das heißt das Unternehmen erhöht zwar seinen Liquiditätsbestand. Gleichzeitig steigt aber auch seine Schuldenlast. Bei einem hohen Verschuldungsgrad ist fraglich, ob das Unternehmen sich durch die Hilfsprogramme sanieren kann.

Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung

Als Alternative bietet sich in diesen Fällen eine Sanierung des Unternehmens über einen Insolvenzplan im Wege des Schutzschirmverfahrens an.

 

Bei dem Schutzschirmverfahren handelt es sich um eine besondere Form des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Die Eigenverwaltung (§§ 270, 270a InsO) ist eine Form des Insolvenzverfahrens, bei der kein Insolvenzverwalter bestellt wird. Vielmehr führt die Geschäftsführung das Unternehmen durch das (vorläufige) Insolvenzverfahren und sitzt damit weiterhin im „Driver Seat“. Damit bleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei der Gesellschaft und ihren vertretungsberechtigten Organen. Das Insolvenzgericht bestellt lediglich einen (vorläufigen) Sachwalter mit beaufsichtigender Funktion.

 

Anders als sonst erfolgt die Auswahl des (vorläufigen) Sachwalters nicht nach pflichtgemäßem Ermessen des Insolvenzgerichts oder aufgrund eines Votums des (vorläufigen) Gläubigerausschusses. Vielmehr steht im Schutzschirmverfahren dem Schuldner (bei einer GmbH dem Geschäftsführer), das Vorschlagsrecht für die Person des (vorläufigen) Sachwalters zu. Dennoch kann es im Einzelfall sinnvoll sein, einen beim zuständigen Insolvenzgericht gelisteten Insolvenzverwalter als Sachwalter vorzuschlagen. Dies erhöht das notwendige Vertrauen bei Insolvenzgericht.

Liquiditätshilfe durch Insolvenzgeld und Massekredit

Zusätzliche Liquidität kann das Unternehmen im Schutzschirmverfahren durch die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes generieren. Nach § 165 SGB III erhalten Arbeitnehmer von der Bundesagentur für Arbeit bis zu drei Monatsgehälter Insolvenzgeld in Höhe des Bruttogehalts bis zur Beitragsbemessungsgrundlage (EUR 6.900/west, 6.450/ost).  Bei lohnintensiven Unternehmen führt dies zu einer erheblichen Liquiditätsentlastung für drei Monate.

 

Anders als beim Kurzarbeitergeld wird Insolvenzgeld gerade auch dann gewährt, wenn der Betrieb vollständig weiterproduziert. Darüber hinaus können Darlehen von Kreditgebern als Massekredit gewährt werden, das heißt die Rückführung solcher „Fresh Money Darlehen“ erfolgt gegenüber Altverbindlichkeiten vorrangig.

Weitere Vorteile einer Sanierung im Insolvenzverfahren

Das Insolvenzverfahren bietet ferner weitere besondere Sanierungsinstrumente, welche außerhalb des Insolvenzverfahrens nicht bestehen, Dazu gehört die Möglichkeit, sich vorzeitig von nachteiligen Verträgen, insbesondere Kunden-, Liefer- Pacht und Mietverträgen zu trennen (§§ 103ff. InsO). Ferner lässt sich der Personalabbau einfacher und kostengünstiger gestalten (§§ 113, 123 InsO).

Ziel des Schutzschirmverfahrens: Nachhaltige Entschuldung über einen Insolvenzplan

Die eigentliche Sanierung erfolgt im Schutzschirmverfahren über einen Insolvenzplan. Dieser soll helfen, das Unternehmen und die dahinter stehende Gesellschaft leistungs- und finanzwirtschaftlich zu sanieren.

 

Der Insolvenzplan ist eine Art „Zwangsvergleich“ mit den Gläubigern und ggf. auch mit den Gesellschaftern des Unternehmens. Der Insolvenzplan enthält in einem darstellenden Teil das betriebswirtschaftliche Sanierungskonzept, häufig in Anlehnung an den IDW Standard S 6 und in einem (rechts-) gestaltenden Teil Regelungen zur unmittelbaren finanzwirtschaftlichen Sanierung. In der Regel sieht der gestaltende Teil des Insolvenzplans einen teilweisen Forderungserlass der Gläubiger vor.

 

Als rechtliche Schranke bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Insolvenzplanes besteht insbesondere das Schlechterstellungsverbot im Vergleich zum Regelinsolvenzverfahren. Der Insolvenzplan muss den Gläubigern daher eine Befriedigung anbieten, die der Höhe nach mindestens der Befriedigungsquote im Falle der Liquidation im Regelverfahren entspricht.   Auch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital (sog. Dept-to-Equitiy-Swap) lässt sich über einen Insolvenzplan umsetzen.

Annahme des Insolvenzplans durch die Mehrheit in den Gläubigergruppen

Den ausgearbeiteten Insolvenzplan reicht die Geschäftsleitung beim Insolvenzgericht ein. Diese führt zunächst eine Vorprüfung des Insolvenzplans durch. Dabei handelt es sich um eine reine Rechtsmäßigkeitskontrolle. Die Zweckmäßigkeit oder gar wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Insolvenzplanes prüft das Insolvenzgericht grundsätzlich nicht. Dies ist vielmehr den Gläubigern vorbehalten, welche im Anschluss an die gerichtliche Vorprüfung in einzelnen Gläubigergruppen (zwingende Gruppen: besicherte Gläubiger, unbesicherte, häufig auch Arbeitnehmer (vgl. § 222 InsO)) in einer Gläubigerversammlung über den Insolvenzplan abstimmen.

 

Stimmen die Gläubiger nach Summen- und Kopfmehrheit dem Insolvenzplan mehrheitlich zu, ist der Insolvenzplan vom Insolvenzgericht nach abschließender Prüfung durch Beschluss zu bestätigen. Mit Rechtskraft des Beschlusses werden die im gestaltenden Teil geregelten Maßnahmen unmittelbar wirksam, wie z.B. die im Insolvenzplan vorgesehenen Forderungserlasse der Gläubiger. Im Anschluss wird das Insolvenzverfahren wieder aufgehoben und das Unternehmen kann entschuldet wieder am Markt agieren.

Fazit

Obwohl die staatlichen Förderprogramme aktuell die öffentliche Debatte beherrschen, sind weitere Möglichkeiten der Sanierung nach der Insolvenzordnung nicht zu vernachlässigen. Ob ein Unternehmen den Weg einer außergerichtlichen Sanierung unter Umständen unter Rückgriff auf die KfW-Programme oder eine Sanierung durch Insolvenzplan im Schutzschirmverfahren beschreiten soll, ist anhand der Umstände des Einzelfalls und erst nach einer sorgfältigen Abwägung der Geschäftsleitung zu entscheiden.

 

In eigener Sache: Hinweise zu allen maßgeblichen Fragen des Insolvenzplans finden sich in dem in der 2. Auflage erschienen Brünkmans/Thole, Handbuch Insolvenzplanhttps://www.rws-verlag.de/buecher/handbuch-insolvenzplan-978-3-8145-9032-5/).