Softwarebilanzierung nach IDW RS HFA 11 n.F.

20.12.2018
Florian Remig (geb. Kaiser)      Dominik Korte LL.M.

Mit Veröffentlichung des IDW RS HFA 11 hat der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschafts­prüfer in Deutschland (IDW) seine Stellungnahme zur Bilanzierung entgeltlich erworbener Software beim Anwender neugefasst. Der Fokus des HFA lag dabei vor allem auf der Harmonisierung mit den Inhalten des Deutschen Rechnungslegungsstandards Nr. 24 (DRS 24) Immaterielle Vermögensgegenstände im Konzernabschluss. Aufgrund der Normierung allgemeiner Rechnungs­legungsgrundsätze entfaltet DRS 24 über die Grenzen des Konzern­abschlusses hinaus auch Ausstrahlungswirkung auf den Einzelabschluss. Mit der Neufassung des IDW RS HFA 11, die erstmals bereits für das laufende Geschäftsjahr 2018 anzuwenden ist, zielt das IDW nicht nur auf eine Beseitigung von Widersprüchen zum DRS 24, sondern tritt auch der Kritik an der bisherigen Fassung aus dem Jahr 2010 entgegen.

Neuerungen an IDW RS HFA 11

Im Zentrum der punktuellen Anpassungen steht die bilanzielle Behandlung – also die Frage der Akti­vierung oder sofortigen Aufwandserfassung – von Aufwendungen für Modifikatio­nen an bereits vorhandener Software beim Anwender. Unter Modifikationfasst IDW RS HFA 11 sämtliche Erweiterungs- und wesentlichen Verbesserungsmaßnahmen über den originären Zustand der Software hinaus. Hiervon ist das Customizing im engeren Sinn – die Anpassung von erworbener Software mittels Konfiguration oder Modularisierung zur Nutzbarmachung beim Anwender – abzugrenzen. Aufwendungen für Customizing i.e.S. sind stets der Herstellung der Betriebsbereitschaft zuzuordnen und somit als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren. Bei einer Modifikation steht dagegen die nachgelagerte Programmierung von Funktionen für den individual­betrieblichen Gebrauch im Vordergrund. Hierunter wird generell die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Software, beispielsweise durch Ergänzung von Modulen oder Programmierung von nutzerspezifischen Schnittstellen, verstanden.

 

Bei der bilanziellen Behandlung von Modifikationsaufwendungen hat IDW RS HFA 11 a.F. stets danach differenziert, ob die Modifikation eher einem Anschaffungs- oder einem Herstellungsvorgang glich. Trug der Softwareanwender das wirtschaftliche Risiko der Modifikation, bestand aufgrund des Herstellungs­charakters ein Aktivierungswahlrecht. Lag das wirtschaftliche Risiko hingegen bei einem Dritten, von dem die Modifikation „eingekauft“ wurde, bestand ein Aktivierungsgebot. IDW RS HFA 11 n.F. löst sich in Bezug auf die bilanzielle Abbildung von Modifikationsaufwendungen gänzlich von der Differenzierung zwischen Anschaffung und Herstellung. Maßgeblich ist nunmehr ausschließlich die Bilanzierung der ursprünglichen Software im Zeitpunkt des Ansatzes bzw. der Erstbewertung. In Abhängigkeit von der bilanziellen Abbildung im Zugangszeitpunkt der Software sind die Aufwendungen für die Modifikation analog zu behandeln. Modifikationsaufwendungen teilen somit nach IDW RS HFA 11 n.F. stets das Schicksal der Erstbilanzierung.

Softwarebilanzierung aus Sicht der Finanzverwaltung

Die steuerliche Leitlinie zur Bilanzierung von Anwendersoftware bildet das BMF-Schreiben aus dem Jahr 2005 Bilanzsteuerrechtliche Beurteilung von Aufwendungen zur Einführung eines betriebs­wirtschaftlichen Softwaresystems (ERP-Systems). Aus Sicht der Finanzverwaltung hat die bilanzielle Abbildung von nachträglichen Aufwendungen für Modifikationen an bereits angeschaffter Software nach der Konzeption von IDW RS HFA 11 a.F. zu erfolgen (mit der Ausnahme, dass das Steuerrecht im Fall der Herstellung kein Aktivierungswahlrecht, sondern ein Aktivierungsverbot vorschreibt). Durch die Neufassung des IDW RS HFA 11 kann es nun bei Modifikationsaufwendungen zu Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz kommen. Erwirbt der Bilanzierende beispielsweise eine Software, an der im Nachgang durch dienstvertragliche Beauftragung eines Dritten oder unter Einsatz eigener Mitarbeiter Modifikationen durchgeführt werden, sind diese Aufwendungen nach IDW RS HFA 11 n.F. aktivierungspflichtig. Steuerbilanziell stellen die Modifikationsaufwendungen dagegen sofort zu erfassenden Aufwand dar, da das Herstellungsrisiko nicht auf einen Dritten abgewälzt werden kann. IDW RS HFA 11 n.F. ist erstmals für Geschäftsjahre nach dem 31. Dezember 2017 anzuwenden. Daher stellt sich dem Bilanzierenden in dem vorgenannten Sachverhalt bei der Bilanzierung zum 31. Dezember 2018 zwingend die Frage, ob es einer separaten Erstellung von Handels- und Steuerbilanz bedarf. Möchte man dies vermeiden und weiterhin am Ziel der Einheitsbilanzierung festhalten, hilft u.E. der Abschluss von Werkverträgen. Dadurch sollte es möglich sein, bei der Fremdvergabe von Aufträgen an Dritte eine Übernahme des Herstellungsrisikos zu vermeiden. Somit könnten die Kosten für Modifikationen auch steuerbilanziell als Anschaffungskosten aktiviert werden.

Fazit

Das IDW hat den IDW RS HFA 11 mit seiner Aktualisierung erfolgreich an den DRS 24 angeglichen, indem es die bisherige Differenzierung zwischen Anschaffung und Herstellung bei nachträglichen Modifikationen an bereits vorhandener Software zu Gunsten der Maßgeblichkeit der ursprünglichen Behandlung aufgegeben hat. Allerdings weicht das IDW hierdurch zugleich von der Auffassung der Finanzverwaltung zu steuerbilanziellen Behandlung der Modifikationen ab. So reduziert der IDW RS HFA 11 n.F. zwar Auslegungsunsicherheiten, erhöht aber gleichzeitig das Konfliktpotential in Betriebsprüfungen. Möchte man dieses Risiko vermeiden, ist dies bereits bei der Beauftragung von Modifikationen durch Dritte zu beachten.