Das Kammergericht (KG) Berlin hatte über die Wirksamkeit eines Ehevertrages zwischen einem deutschen Unternehmer und einer Thailänderin zu entscheiden. Den Einwand der Ehefrau, bei der Beurkundung habe aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse ein Ungleichgewicht vorgelegen, das einem formwirksamen Zustandekommen entgegengestanden habe, sah der Senat als präkludiert an. Auch den Einwand der Sittenwidrigkeit einzelner ehevertraglicher Regelungen wies der Senat als unbegründet zurück. Aus den Entscheidungsgründen lassen sich Feststellungen zum vertraglichen Gestaltungsspielraum ableiten.

Sachverhalt

Nachdem sich die späteren Ehegatten in Thailand kennengelernt hatten, heirateten sie 2010 in Deutschland und schlossen einen notariellen Ehevertrag unter Mitwirkung einer Dolmetscherin für die thailändische Sprache. Im Ehevertrag wurde für die allgemeinen güterrechtlichen Wirkungen der Ehe eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts getroffen. Für den Fall der Scheidung vereinbarten die Ehegatten einen gegenseitigen Ausschluss des Zugewinnausgleichs und des Versorgungsausgleichs. Darüber hinaus wurde ein gegenseitiger Verzicht auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme von Betreuungs- und Altersunterhaltsansprüchen vereinbart, die jedoch der Höhe und der Dauer nach begrenzt wurden. Schließlich sollte die Ehefrau im Falle der Scheidung einen von der Ehedauer abhängigen Pauschalbetrag erhalten. Die Ehe wurde durch rechtskräftigen Scheidungsbeschluss im Jahr 2021 geschieden.

Entscheidung

Der Senat bejaht zunächst die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte mit der Annexzuständigkeit nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO, für die es gerade nicht erforderlich sei, dass die streitige Güterrechtssache und die Scheidungssache in einem Verfahren geführt werden. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich, da die Ehe vor dem 29. Januar 2019 geschlossen wurde, aus der Kollisionsnorm der Art. 14, 15, 4 Abs. 2 EGBGB a.F. und der danach zulässigen Rechtswahl.

An dem formwirksamen Zustandekommen des Ehevertrages hat der Senat keine Zweifel. Den Einwand der Ehefrau, sie habe den Vertragsinhalt wegen der unzureichenden Übersetzung der Dolmetscherin in ihren thailändischen Dialekt nicht verstanden, hat der Senat im Hinblick auf ihren Bildungsstand als vorgeschoben angesehen. Überdies hat der Senat den Einwand als präkludiert angesehen, da die Ehefrau - die Richtigkeit ihres Vorbringens unterstellt - gegenüber dem Notar unzutreffende Angaben getätigt hätte, auf die eine Unwirksamkeit der Urkunde nicht gestützt werden könne.

Im Rahmen der sich anschließenden materiellen Wirksamkeitskontrolle orientierte sich der Senat streng an den vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgestellten Grundsätzen. Danach ist zunächst zu prüfen, ob die Vereinbarung zu einer derart einseitigen Lastenverteilung im Scheidungsfall führt, dass sie als sittenwidrig anzusehen ist. Insoweit sind die individuellen Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu betrachten, also insbesondere die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, der geplante oder bereits verwirklicht Zuschnitt der Ehe sowie die Auswirkungen auf die Ehegatten und etwaige Kinder. Subjektiv sind sodann die von den Ehegatten mit der Vereinbarung verfolgten Zwecke und Beweggründe zu berücksichtigen.

Der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass der Ehevertrag einer Inhaltskontrolle standhält: Die Modifikation des gesetzlichen Güterstandes durch den Ausschluss des Zugewinns im Scheidungsfall hält der Senat aufgrund der nachrangigen Bedeutung des Zugewinns im Scheidungsfolgenrecht für zulässig und vor dem Hintergrund der Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens des Ehemannes letztlich auch für sachgerecht. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs sei aufgrund der konkreten Umstände rechtmäßig, da dieser ausschließlich der wirtschaftlich schwächeren Ehefrau zugutekomme. Auch den vereinbarten Verzicht auf nachehelichen Unterhalt hält der Senat für zulässig, da er die nach der Kernbereichslehre an erster und zweiter Stelle stehenden Betreuungsunterhalt und Unterhalt wegen Alters nicht erfasse und letztere der Höhe und Dauer nach maßvoll begrenzt seien.

Praxishinweis

Für die Gestaltung von Eheverträgen lassen sich nicht gänzlich neue, aber die Rechtssicherheit fördernde Direktiven für die Praxis ableiten:

Der Ausschluss des Zugewinns im Scheidungsfall ist regelmäßig zulässig, insbesondere bei Unternehmerehen. Der Versorgungsausgleich ist trotz seiner Nähe zum Kernbereich disponibel, wenn ein Ausschluss gerade dem finanziell schwächeren Ehegatten dient. Unterhaltsansprüche wegen Betreuung eines Kindes und wegen Alters sind unabdingbar und können allenfalls in Höhe und Dauer maßvoll begrenzt werden. Verbleibende Nachteile für einen Ehegatten sollten stets durch Kompensationsleistungen (z. B. Pauschalzahlungen oder erweiterter Unterhalt) ausgeglichen werden, um einer objektiven Benachteiligungstendenz vorzubeugen.

Da sich die Wirksamkeitskontrolle zeitlich auf die Lebens- und Vermögensverhältnisse bei Abschluss des Vertrages bezieht, ist eine aussagekräftige, diese Verhältnisse wiedergebende Präambel unerlässlich. Dies wird in der Entscheidung deutlich, indem der Senat seine Tatsachengrundlage fast ausschließlich aus der Präambel erhebt.

Neben dem materiellen Regelungsgehalt sind für die Wirksamkeit auch die Rahmenbedingungen, unter denen der Vertrag zustande gekommen ist, von wesentlicher Bedeutung. Hier können insbesondere Verständigungsschwierigkeiten - sprachlicher oder intellektueller Art - zu einer Diskrepanz zwischen den Ehegatten führen. Vor diesem Hintergrund ist die Feststellung des Senats zur präkludierten Einrede mangelnder Sprachkenntnisse insofern zu relativieren, als sie sich auf die rein beurkundungsverfahrensrechtliche Ebene bezieht. Ungeachtet dessen kann eine zu Unrecht behauptete Sprachkompetenz oder eine nicht offen gelegte inhaltliche Verständnisschwäche als Indiz für eine Disparität gewertet werden und letztlich zur Unwirksamkeit führen. Gerade angesichts der zunehmenden Zahl binationaler Ehen und der damit verbundenen Komplexität der Eheverträge gewinnt diese Thematik an Brisanz.