Die OECD hat am 17. Juni 2024 zusätzliche Leitlinien zu noch ausstehenden, administrativen Aspekten des finalen Berichts über den unter Pillar 1 gefassten Amount B veröffentlicht.
Hintergrund
Am 19. Februar 2024 hatte die OECD den finalen Bericht zu Amount B veröffentlicht und als Anhang zu Kapitel IV der OECD-Verrechnungspreisleitlinien aufgenommen. Amount B enthält Vereinfachungsregelungen zur Ermittlung einer fremdüblichen Routinevergütung für bestimmte risikoarme Marketing- und Vertriebstätigkeiten, den sogenannten simplified and streamlined approach.
Der Bericht wurde in der Erwartung veröffentlicht, dass die weiteren Arbeiten an den damals noch ausstehenden administrativen Aspekten der Leitlinien abgeschlossen sein werden. Die neuen Leitlinien schaffen nun zusätzliche Klarheit über einige der bisher noch offenen Aspekte des Amount B.
Zwei Länderlisten für den Verprobungs- und Datenverfügbarkeitsmechanismus
Der finale Bericht der OECD zu Amount B enthält geografische Anpassungskomponenten für die Nettogewinnmarge. Der Verprobungsmechanismus (sog. operating expense cross-check) in Abschnitt 5.2 des finalen Berichts prüft das Verhältnis von EBIT zu operativen Aufwendungen der getesteten Gesellschaft. Für Gesellschaften mit Sitz in bestimmten Staaten gelten erhöhte Obergrenzen bei dieser Verprobung. Die neuen Leitlinien enthalten nun die Liste dieser insgesamt 132 Staaten (qualifying jurisdictions im Sinne des Abschnitt 5.2), darunter China, Indien, Brasilien, Südafrika, Bulgarien und die Türkei.
Ein formelhafter Datenverfügbarkeitsmechanismus in Abschnitt 5.3 des finalen Berichts passt zudem die Nettogewinnmarge gemäß Amount B für Vertriebsgesellschaften in bestimmten Ländern mit einer begrenzten Verfügbarkeit an Vergleichsdaten in der globalen Preismatrix nach oben an. Die neuen Leitlinien legen diese Länder mit einer Liste von 135 Staaten (qualifying jurisdictions im Sinne des Abschnitt 5.3) fest. Fraglich bleibt aber die konkrete Anwendung des Datenverfügbarkeitsmechanismus auf manche dieser Länder. Denn dessen formelhafte Berechnung ist wiederum von dem Kreditrating des jeweiligen Staates abhängig; für manche dieser gelisteten Länder existiert jedoch kein Kreditrating der großen Rating-Agenturen. Auch wenn die beiden Länderlisten fast deckungsgleich sind, herrschen Unterschiede im Detail: Unter anderem China, Indien, Thailand, Bulgarien und die Türkei sind nicht Teil des Datenverfügbarkeitsmechanismus.
Die beiden Länderlisten werden alle fünf Jahre auf der OECD-Website veröffentlicht und aktualisiert.
Weitere Länderliste für politisches Bekenntnis zum Amount B-Ergebnis
Im finalen Bericht hatten sich die Mitgliedsstaaten des Inclusive Frameworks dazu verpflichtet, die Ergebnisse im Rahmen des Amount B in Bezug auf sog. low-capacity jurisdictions anzuerkennen unabhängig davon, ob und in welcher Form diese low-capacity jurisdictions Amount B selbst umsetzen. Diese Staaten werden nunmehr neutraler als covered jurisdictions bezeichnet, um eine größere Anzahl von Staaten zu umfassen. Die Liste umfasst 66 Staaten, darunter Argentinien, Brasilien, Mexiko und Südafrika. Einige dieser Staaten haben bereits ihr Interesse an der Umsetzung von Amount B bekundet.
Ausblick
Die von der OECD zuletzt angedachte Einführung eines zusätzlichen qualitativen Kriteriums für den Anwendungsbereich von Amount B, welches einzelne Staaten optional zu den übrigen Kriterien aufnehmen können, bleibt weiter abzuwarten. Möglicherweise führt die jetzige Erweiterung des Datenverfügbarkeitsmechanismus dazu, dass die Bedenken der Befürworter eines zusätzlichen qualitativen Kriteriums aufgrund des Mehrs an Steueraufkommen ausgeräumt wurden.
In den veröffentlichten Leitlinien wiederholt die OECD ihr Ziel, eine Anwendung von Amount B für ab dem 1. Januar 2025 beginnende Wirtschaftsjahre zu ermöglichen. Nach und nach werden die einzelnen Staaten sich nun dazu äußern, wie und mit Wirkung ab welchem Zeitpunkt sie Amount B umsetzen werden.
Da Deutschland sich verpflichtet hat, die Nettogewinnmargen unter Amount B in Bezug auf die covered jurisdictions anzuerkennen, sind deutsche Unternehmen gut beraten, die Einführung der verbindlichen Nettogewinnmargen für die Zeit ab 2025 zeitnah zu prüfen, denn andernfalls drohen internationale Doppelbesteuerungen. Aufgrund der anspruchsvollen formelhaften Ermittlung der Nettogewinnmargen empfiehlt es sich für deutsche Unternehmen, die Überprüfung mit Hilfe eines automatisierten Lösungstools vorzunehmen.