Notarielle Tatsachenbeurkundung als Beweismittel im Rahmen der Global Mobility

Im Rahmen der steuerlichen Wegzugs- oder Zuzugsplanung kann es für die steuerlichen Implikationen entscheidend darauf ankommen, ein konkretes Wegzugs- bzw. Zuzugsdatums zu bestimmen. Der Nachweis des Wegzugs- bzw. Zuzugszeitpunkts kann in diesen Fällen aus steuerlicher Sicht von herausragender Bedeutung sein. Die notarielle Tatsachenbeurkundung ist ein sehr sicheres Mittel, den Beweis der maßgeblichen tatsächlichen Umstände zu erbringen.
Die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG, die regelmäßig an den Wohnsitz (§ 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) anknüpft, endet grundsätzlich mit der Aufgabe des Wohnsitzes. Dies kann unter Umständen die Besteuerung des Vermögenszuwachses gemäß § 6 AStG (sog. Wegzugsbesteuerung) auslösen, wenn Anteile an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 17 EStG gehalten werden. Der Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht kann sowohl für den Steuerentstehungszeitpunkt der Wegzugsteuer als auch den Wechsel der abkommensrechtlichen Ansässigkeit relevant werden. Auch im Erbschaftsteuerrecht kommt es für das Ende der unbeschränkten Steuerpflicht auf den Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt und ggf. den Zeitpunkt des Wegzugs an (s. insbes. § 2 Abs. 1 S. 2 lit. a) und b) ErbStG). Eine unzureichend dokumentierte Wohnsitzaufgabe kann mit dem Risiko verbunden sein, dass die deutschen Finanzbehörden weiterhin von einer unbeschränkten Steuerpflicht ausgehen oder den Wegzugszeitpunkt in Frage stellen und somit die steuerliche Wegzugsplanung gefährden.
Einen Wohnsitz hat ein Steuerpflichtiger nach § 8 AO dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob im Einzelfall eine solche Benutzung vorliegt, ist unter Würdigung der Gesamtumstände nach den Verhältnissen des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder Anspruchszeitraums zu beurteilen (AEAO zu § 8 Rn. 1.1).
Der Nachweis der Wohnsitzaufgabe und des genauen Zeitpunkts gegenüber der Finanzverwaltung erfolgt üblicherweise durch verschiedene Mittel unterschiedlicher Indizwirkung, insbesondere:
Diese Nachweise sind jedoch mit Unsicherheiten verbunden und können von der Finanzverwaltung hinterfragt werden. In Fällen mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis besteht die Möglichkeit, mittels notarieller Tatsachenbeurkundung nach § 20 Abs. 1 BNotO i.V.m. §§ 36 f. BeurkG eine gerichtsfeste Dokumentation zu schaffen.
In Zuzugsfällen geht es demgegenüber darum, den genauen Zeitpunkt der Begründung des Wohnsitzes bzw. Lebensmittelpunkts in Deutschland und somit der unbeschränkten Steuerpflicht bzw. abkommensrechtlichen Ansässigkeit gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen. Die Tatsachenbeurkundung kann unter Umständen auch als Mittel zum Nachweis (ggf. zusammen mit entsprechender Dokumentation aus dem ausländischen Staat) genutzt werden, dass keine die Inanspruchnahme der Rückkehrregelung gemäß § 6 Abs. 3 AStG ausschließende „schleichende Rückkehr“ vorliegt, indem die für die Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts maßgeblichen Tatsachen dokumentiert werden.
Die notarielle Niederschrift über die Wahrnehmung von Tatsachen durch den Notar ist eine öffentliche Urkunde i.S.d. § 418 ZPO. Zivilverfahrensrechtlich begründet sie deshalb vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Wer sich demgegenüber auf die Unrichtigkeit der Tatsachen beruft, muss gemäß § 418 Abs. 2 ZPO den vollen Gegenbeweis führen.
Der Bundesfinanzhof wendet § 418 ZPO in ständiger Rechtsprechung auch im Verwaltungs- und Finanzgerichtsverfahren sinngemäß an bzw. zieht den darin enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken heran.
Zur Dokumentation der Wohnsitzaufgabe bzw. Begründung des Wohnsitzes besichtigt der Notar die Wohnung und nimmt unter Beachtung der beurkundungsrechtlichen Vorgaben seine Wahrnehmungen über beispielsweise folgende Tatsachen in die Niederschrift auf:
Um maximale Beweiswirkung zu erzielen, kann es sich – insbesondere in Wegzugsfällen – anbieten, zwei oder sogar drei Tatsachenbeurkundungen beispielsweise wie folgt vorzunehmen:
Für die Niederschrift entsteht eine Beurkundungsgebühr des Notars. Der zugrundeliegende Geschäftswert der notariellen Urkunde richtet sich nach billigem Ermessen des Notars. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, insbesondere der Wert der besichtigten Immobilie, der Umfang der notariellen Tätigkeit, das Haftungsrisiko des Notars und die wirtschaftliche Bedeutung der Urkunden für den Mandanten.
Gleichzeitig kann jedoch das Risiko beratungskostenintensiver Diskussionen und möglicher langwieriger Rechtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt, insbesondere bei potenziell hohen Steuerforderungen, durch diese Art der Dokumentation erheblich reduziert werden.
Die notarielle Tatsachenbeurkundung bietet eine effektive Möglichkeit, die Wohnsitzaufgabe oder -begründung im Rahmen der Global Mobility gerichtsfest zu dokumentieren. Während andere Dokumente wie Anmelde- bzw. Abmeldebestätigung oder Mietvertrag/Kündigung wichtige Indizien sind, kann das notarielle Tatsachenprotokoll als öffentliche Urkunde eine besonders starke Beweiskraft entfalten. Es bietet sich in diesen Fällen in der Regel an, einen Notar mit einschlägigen Erfahrungen zu konsultieren oder einen spezialisierten Rechtsanwalt und/oder Steuerberater beizuziehen.