Dieser Blog-Beitrag ist Teil II unserer Blog-Serie zur Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung bestimmter Kryptowerte. Teil I lesen Sie hier

Überarbeitung der Erläuterungen zu Krypto-Sachverhalten

Im neuen BMF-Schreiben wurden die Termini „virtuelle Währungen und sonstige Token“ durch den Oberbegriff „Kryptowerte“ ersetzt. Auch wenn der Begriff dem Aufsichtsrecht entlehnt ist, sollte unseres Erachtens mangels Referenz auf die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (MiCAR) oder das Kreditwesengesetz weiterhin ein eigenständiges steuerrechtliches Begriffsverständnis gelten. So werden im BMF-Schreiben zurecht weiterhin sog. Security Token behandelt, die aufsichtsrechtlich auch unter die Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) fallen können und damit nicht als Kryptowerte im Sinne des Aufsichtsrechts gelten.

Des Weiteren wurden weitere technische Erläuterungen ergänzt, z. B. zu Anwendungen des Decentralized Finance oder dem Claiming von Staking Rewards, aber auch Begrifflichkeiten der steuerlichen Deklarationspraxis wie „Transaktionsübersichten“ und „Steuerreports“ beschrieben.

Weitere inhaltliche Überarbeitungen

Aus rechtlicher Sicht sind insbesondere die praxisorientierten „Vereinfachungsregelungen“ in Bezug auf die Kursbestimmung und das sog. Claiming erwähnenswert:

  • Kursbestimmung: Als Marktkurs der Anschaffungskosten und Veräußerungserlöse von Kryptowerten kann der Kurs einer Handelsplattform (z. B. Börse Stuttgart Digital Exchange, Kraken, Coinbase und Bitpanda) oder einer webbasierten Liste (z. B. coinmarketcap und coingecko) angesetzt werden. Es wird außerdem nicht beanstandet, wenn der Marktkurs nicht zum Transaktionszeitpunkt, sondern bei gleichmäßiger Wertermittlung auf einen nach dokumentierten Vorgaben ermittelten Tageskurs (Tagesdurchschnittskurs, Tageszeitkurs oder Tagesschlusskurs) abstellt.
  • Claiming: In der Regel ist für das „(passive) Staking“ ein Claiming erforderlich, also das „Einfordern“ der im System angelegten Vergütung. Aus Vereinfachungsgründen wird es nach dem BMF insoweit nicht beanstandet, wenn unterjährig als Zeitpunkt der Anschaffung beziehungsweise des Zugangs der beim (passiven) Staking erhaltenen Kryptowerte der Zeitpunkt der Einbuchung in der Wallet angenommen wird. Der Zugang noch nicht geclaimter Kryptowerte soll jedoch nach der Finanzverwaltung spätestens zum Ende des Wirtschaftsjahres/Kalenderjahres zu berücksichtigen sein. Die Vereinfachungsregelung ermöglicht es für Steuerpflichtige, den unterjährigen Tag des Zuflusses und damit die Bewertung der Staking Rewards aktiv zu steuern. Andererseits ergeben sich auch Risiken aus der Claiming-Regelung. So wird die Finanzverwaltung die Vereinfachungsregelung als Billigkeitsmaßnahme ansehen, d.h. grundsätzlich bereits zu dem Zeitpunkt einen Zufluss annehmen, in dem Staking Rewards erstmals geclaimt werden können. Steuerpflichtige sollten prüfen, ob in der Vergangenheit Steuererklärungen nach Maßgabe anderer Rechtsauffassungen eingereicht wurden (z. B. keine „claimbaren“ Staking Rewards erklärt, da kein Claiming stattgefunden hat) und insoweit eine Offenlegung oder Nacherklärung notwendig ist.

Verwunderlich erscheint die Streichung der in der ursprünglichen Fassung des Schreibens enthaltenen Ausführungen zu Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, die in Form von Token strukturiert werden. Ausführungen zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und zum Lohnsteuerabzug sind nunmehr explizit aus dem Anwendungsbereich des BMF-Schreibens ausgeschlossen.

(Noch) Keine Berücksichtigung von Besonderheiten von Non-Fungible-Token und Liquidity Mining

Ebenfalls wurde klargestellt, dass auch im überarbeiteten BMF-Schreiben weiterhin keine besonderen Ausführungen zu Non-Fungible-Token (NFT) und Liquidity Mining enthalten sind. Nach der Website des BMF soll das Anwendungsschreiben diesbezüglich fortlaufend ergänzt werden.

Fazit

In der Konsequenz des überarbeiteten BMF-Schreibens sollten Krypto-Investoren den Kauf und Verkauf von Krypto-Assets nachvollziehbar dokumentieren. Hierzu müssen die Kauf- und Verkaufsunterlagen gespeichert werden, was über die Transaktionslisten der Accounts bzw. Wallets möglich ist. Konkret sollte idealerweise einmal monatlich (wie ein monatlicher Kontoauszug) ein Reporting der Transaktionsdaten heruntergeladen und zusätzlich auf einem Backup-Speichermedium gesichert werden sowie – soweit möglich – eine Echtzeitanbindung von Handelsplattformen und Wallets in einer Steuersoftware erfolgen.

Zusätzlich zu den Dokumentationsanforderungen im Privatvermögen müssen – soweit das Risiko von Krypto-Assets im Betriebsvermögen besteht – die umfangreichen Dokumentationspflichten der Abgabenordnung sowie handelsrechtlichen Vorgaben (inklusive GoBD) beachtet werden. Der Steuerpflichtige sollte umfassende (Steuer-)Bilanzen führen und die zugrundeliegenden elektronischen Informationen vorhalten.

Die steuerschonende Strukturierung der Investments und ständige Dokumentation sind essenziell für den „wirtschaftlichen“ Erfolg von Investitionen in Krypto-Assets.