Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung bestimmter Kryptowerte (Teil I)

Das Bundesministerium der Finanzen („BMF“) hat am 6. März 2025 eine ergänzte und überarbeitete Version des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token vom 10. Mai 2022 veröffentlicht. Neben Verbesserungen in der Terminologie und den technologischen Erläuterungen zu Krypto-Assets enthält das BMF-Schreiben wichtige materiellrechtliche Aspekte sowie Verschärfungen der Reporting- und Nachweispflichten.
Der Titel des Schreibens wurde an die Weiterentwicklung der aufsichtsrechtlichen Terminologie angepasst und enthält nunmehr die Bezeichnung „Kryptowerte“ anstatt „virtuelle Währungen und sonstige Token“.
Bereits im Juli 2022 übermittelte das BMF den Entwurf eines Ergänzungsschreibens zu dem BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022 an Verbände und ausgewählte Beratungsgesellschaften. Das Ergänzungsschreiben enthielt Ausführungen zu Steuererklärungs-, Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit Kryptowerten. Zuletzt wurde im März 2024 ein fortgeschriebener Arbeitsstand des Entwurfs veröffentlicht. Die dort enthalten Ausführungen wurden nunmehr weitestgehend in das überarbeitete BMF-Schreiben überführt und stellen erstmals dar, welche Erklärungs- und Dokumentationspflichten aus Sicht der Finanzverwaltung von Krypto-Investoren erfüllt werden müssen. Die Neuveröffentlichung enthält jedoch auch vereinzelt Überraschungen und wirft in der Praxis neue Fragen auf.
Transaktionen, die sowohl auf öffentlichen Blockchains als auch auf zentralen Handelsplattformen getätigt werden, müssen durch den Steuerpflichtigen erklärt werden. Das Schreiben greift dabei die in der Praxis übliche Nutzung von Steuersoftware wie Blockpit oder CoinTracking auf und konstatiert, dass neben eigenen Aufzeichnungen auch durch derartige Software erzeugte Steuerreports der Veranlagung zu Grunde gelegt werden können. Dies setzt indes voraus, dass die Reports vollständig, plausibel und widerspruchsfrei sind, d. h. z. B. keine fehlenden Anschaffungsdaten, negative Bestände oder ungeklärte Mittelzu- und -abflüsse enthalten. Zudem müssen Erläuterungen zu den gewählten Reporteinstellungen (z. B. Verbrauchsfolge und Kursbestimmung) sowie den zugrundeliegenden steuerlichen Wertungen enthalten sein. Anpassungen und Korrekturen müssen kenntlich gemacht werden, z. B. in einem Begleitschreiben zur Steuererklärung.
Zur Überprüfung der erklärten Angaben können Finanzämter neben eigenständigen Ermittlungsmaßnahmen (z. B. Recherche in einem Block Explorer) auch die für die Reporterstellung genutzten Rohdaten anfragen oder Screenshots bzw. weitere Angaben zu bestimmten Vorgängen von den Steuerpflichtigen anfordern. Letzteres lässt sich insbesondere im Rahmen von Außenprüfungen und steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren schon länger in der Praxis beobachten.
Die Zuständigkeit für die technisch und rechtlich anspruchsvolle Aufgabe der steuerlichen Aufarbeitung von Transaktionsdaten wird mithin weitestgehend dem Steuerpflichtigen zugewiesen. Dies ist insoweit kritisch zu sehen, als die gesetzlichen Mitwirkungspflichten im Privatvermögen grundsätzlich keine derartigen Aufzeichnungs- und Offenlegungspflicht vorsehen. Für Krypto-Assets werden dadurch eigenständige, besonders strenge Mitwirkungspflichten eingeführt, die nach der Anwendungsregelung des überarbeiteten BMF-Schreibens jedenfalls zwingend ab dem Veranlagungszeitraum 2025 erfüllt werden müssen. Das BMF begründet die weitreichenden Compliance-Pflichten neben der Beweisnähe des Steuerpflichtigen mit erweiterten Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten, die bei der Nutzung ausländischer und dezentraler Handelsplätze gegeben sein sollen. In diesen Fällen ist der Steuerpflichtige nach dem BMF dafür verantwortlich, die Beschaffung der für die steuerliche Einkunftsermittlung notwendigen Daten sicherzustellen (z. B. durch regelmäßige Sicherung von Transaktionsdaten). Datenverlust z. B. aufgrund einer Insolvenz der Handelsplattform oder bei Hacker-Angriffen sollen zulasten der Steuerpflichtigen zu werten sein. Dasselbe dürfte gelten, wenn die ausländische Handelsplattform die erforderlichen Transaktionsdaten nicht (mehr) zur Verfügung stellt. Kann das Finanzamt die Bemessungsgrundlagen aufgrund unvollständiger Daten nicht ermitteln, soll eine Schätzungsbefugnis gegeben sein. Zutreffenderweise darf eine solche allerdings keine Sanktion darstellen und muss sich am wahrscheinlichsten Fall orientieren. Der Krypto-Investor wird bei der Wahl der Handelsplattform daher zukünftig neben wirtschaftlichen Aspekten auch die Datendokumentationsmöglichkeiten berücksichtigen müssen und regelmäßig Transaktionsdaten abrufen und speichern. Bestenfalls wird ein Echtzeit-Import von Transaktionsdaten in eine Steuersoftware mittels API-Anbindung der Handelsplattform sichergestellt.
Die kryptospezifischen Dokumentationserfordernisse werden flankiert durch die allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD). Hieraus leitete das BMF u.a. auch das Erfordernis einer Verfahrensdokumentation für den Einsatz spezieller Softwaretools ab. Zudem müssen Kryptotransaktionen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet in der Buchhaltung erfasst werden, was in der Praxis mangels ausgereifter Softwarelösungen für das Betriebsvermögen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen kann.
Im Ergebnis beschreibt das BMF-Schreiben in weiten Teilen die in den letzten Jahren ausgebildete Praxis der Erklärung von Einkünften im Zusammenhang mit Kryptowerten. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen und lässt hoffen, dass nun bundeseinheitlich bei Vorlage einer sauberen Einkunftsermittlung nicht mehr mit Aufklärungsversuchen in Form von umfangreichen, undifferenzierten Fragebögen zu rechnen ist, wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Kritisch zu sehen ist hingegen weiterhin, dass es den Steuerpflichtigen mangels ausgereifter Spezialsoftware und aufgrund der technischen Komplexität vor große (mitunter kostspielige) Herausforderungen stellen wird, die erforderlichen Reporting- und Nachweispflichten zu erfüllen.
Für den Steuerpflichtigen wirkt sich die Weichenstellung zwischen Privat- und Betriebsvermögen somit nicht nur im Hinblick auf die konkreten Steuerfolgen, sondern auch auf die diesbezüglichen Reporting-Verpflichtungen aus, da die Reporting-Anforderungen im Betriebsvermögen deutlich aufwendiger und invasiver sind. Es sollte bewusst entschieden werden, ob die Investition in Krypto-Assets gewerblich oder im Privatvermögen erfolgen soll.
Lesen Sie hier Teil II unseres Beitrags zur Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung bestimmter Kryptowerte, u. a. über die Überarbeitung der Erläuterungen zu Krypto-Sachverhalten.