Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bringt Klarheit zur Gewerbesteuer bei Personengesellschaften, die grenzüberschreitend tätig sind. Im Fokus steht die gewerbesteuerliche Kürzung von Gewinnen aus ausländischen Betriebsstätten. Das Urteil bringt neue Einsichten zum Zusammenspiel dieser Kürzungsvorschrift mit den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Außerdem beschäftigt sich der BFH mit den Maßstäben zur Aufteilung von Gewinnen auf ausländische und inländische Betriebsstätten.
Hintergrund
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war eine Personengesellschaft, deren Tätigkeit in der Bebauung fremder sowie der Bebauung und Veräußerung eigener Grundstücke bestand. Sie unterhielt sowohl mehrere Betriebsstätten im Inland als auch eine Betriebsstätte in den Niederlanden. Im Rahmen eines Joint Audit (gemeinsame Außenprüfung) verständigten sich die deutschen und niederländischen Steuerbehörden über die Aufteilung der Gewinne, welche die Klägerin in den geprüften Jahren erwirtschaftet hatte. Die Gewinne aus der Veräußerung eigener Grundstücke sollten in vollem Umfang der deutschen Besteuerung unterliegen. Für die Gewinne aus den anderen Bauprojekten setzten die Behörden einen Aufteilungsmaßstab an, der sich nach der Länge der Bauzeit richtete: Bauprojekte von weniger als zwölf Monaten sollten ausschließlich der niederländischen Besteuerung unterliegen. Gewinne aus Bauprojekten von mehr als zwölf Monaten wurden zu 80 % den Niederlanden und zu 20 % Deutschland zugewiesen. Das deutsche Finanzamt setzte die Ergebnisse des Joint Audit um und berücksichtigte diese auch bei der Festsetzung der Gewerbesteuer. Hiergegen richtete sich die Klage der Klägerin.
Gewerbesteuerliche Kürzung bei ausländischen Betriebsstätten
Bereits in erster Instanz beschäftigte sich das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit der in § 9 Nr. 3 Gewerbesteuergesetz (GewStG) normierten Kürzungsvorschrift. Danach ist die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage um den Teil zu kürzen, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt.
In seinem Urteil bestätigt der BFH die Relevanz von § 9 Nr. 3 GewStG für den zugrundliegenden Sachverhalt. Gemäß den Urteilsausführungen räumt das DBA hier Deutschland ein umfassendes Besteuerungsrecht auf die Gewinne der Klägerin in den maßgeblichen Jahren ein. Daraus folge, dass die der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnenden Beträge nicht bereits aufgrund des DBA von der deutschen Besteuerung ausgenommen seien. Die Kürzung dieser Beträge erfolge somit aus der nationalen Vorschrift des § 9 Nr. 3 GewStG.
Der BFH verwendet in diesem Zusammenhang den Ausdruck des „strukturellen Inlandsbezugs der Gewerbesteuer“. Er meint damit, dass Einkünfte, die teilweise einer inländischen und teilweise einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind – und die nicht bereits aufgrund abkommensrechtlicher Bestimmungen steuerfrei sind – nur insoweit in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer einfließen, wie sie der inländischen Betriebsstätte zugeordnet werden können.
Selbst wenn Deutschland aufgrund eines DBA das vollständige Besteuerungsrecht zustünde, habe dies keine Auswirkungen auf die Kürzungsanordnung in § 9 Nr. 3 GewStG. DBA können den nationalen Steueranspruch weder begründen noch erweitern. Sie können das Besteuerungsrecht im Verhältnis zu einem anderen Staat zuweisen, eine Verpflichtung zur Besteuerung wird dadurch jedoch nicht begründet.
Zuordnungsmaßstab für die Kürzung
Die gewerbesteuerlichen Vorschriften sehen keinen Maßstab für die Ermittlung des Teils des Gewerbeertrags vor, der auf die ausländische Betriebsstätte entfällt. In dem vorliegenden Fall hatte das Finanzamt die Zuordnung auf Grundlage der Verständigung mit den niederländischen Behörden vorgenommen. Schon in der Vorinstanz wich das FG Düsseldorf bei der Ermittlung des Kürzungsbetrags von den Ergebnissen des Joint Audit ab und nahm eine eigene Aufteilung im Schätzwege vor. Auch der BFH erteilte dem Vorgehen der deutschen und niederländischen Steuerbehörden eine Absage. Eine behördliche Vereinbarung könne die Kürzungsregel des § 9 Nr. 3 GewStG nicht überschreiben.
Des Weiteren lehnte der BFH auch die von dem FG Düsseldorf vorgenommene schätzweise Zuordnung aus methodischen Gründen ab. Nach den Ausführungen des BFH habe sich das FG Düsseldorf nicht ausreichend mit allen in Betracht kommenden Methoden zur Betriebsstätten-Gewinnabgrenzung befasst. Grundsätzlich solle die Aufteilung nach der sog. direkten Methode unter der Annahme geschehen, dass die ausländische Betriebsstätte eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit als selbstständiges Unternehmen entfalte. Erweise sich dies nicht als geeignet, käme eine Abgrenzung gemäß den nationalen Zerlegungsregeln in Betracht. Diese finden Anwendung, wenn ein Gewerbebetrieb durch mehrere inländische Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden ausgeübt wird. Maßstab sind die Summen der Arbeitslöhne der in den Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer. Der BFH hält diesen Maßstab grundsätzlich auch in grenzüberschreitenden Sachverhalten für anwendbar.
Fazit
Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen. Es entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass die gesetzlich definierten Steuertatbestände weder durch Doppelbesteuerungsabkommen noch durch behördliche Absprachen ausgeweitet werden können. Allein die Zuweisung eines Besteuerungsrechts in einem DBA begründet noch keine Steuerpflicht. Ebensowenig kann sich die Finanzverwaltung im Wege internationaler Verständigungen über die gesetzlichen Kürzungsvorschriften hinwegsetzen.