Neues Merkblatt zur Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen am 17. März 2025 ein neues Merkblatt zur Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG veröffentlicht. Dieses betrifft alle Unternehmen, die der deutschen Quellenbesteuerung auf Kapitalerträge unterliegen
Das Merkblatt bietet wichtige Hinweise zur steuerlichen Entlastung und den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um eine Entlastung durch Freistellung oder Erstattung von deutschen Quellensteuern zu erhalten.
Gemäß § 50d Abs. 3 EStG können Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (im Nachfolgenden "Antragstellerin") unter bestimmten Bedingungen von der deutschen Abzugsteuer auf Kapitalerträge entlastet werden. Dabei gibt es mehrere Voraussetzungen, die zwingend kumulativ erfüllt sein müssen, um entweder eine vollständige oder eine teilweise Steuerentlastung zu erhalten. Ein Entlastungsanspruch ist demnach nur gegeben, soweit:
Sollten die Voraussetzungen der persönlichen und sachlichen Entlastungsberechtigung nicht erfüllt sein, besteht dennoch ein Anspruch auf Entlastung der Antragstellerin, soweit:
Die persönliche Entlastungsberechtigung greift, wenn die an der Antragstellerin beteiligten Personen selbst Anspruch auf Entlastung hätten. Bisher hatte das BZSt verlangt, dass der Entlastungsanspruch der Beteiligten auf der gleichen Rechtsgrundlage beruhen muss (z.B. § 43b EStG oder aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens). Nach den Erläuterungen des neuen Merkblattes soll nunmehr lediglich noch zu prüfen sein, ob eine Entlastungsberechtigung dem Grunde nach vorliegt – unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage diese Entlastungsberechtigung beruht. Eine Einschränkung des Entlastungsanspruchs soll künftig nur noch der Höhe nach erfolgen, wenn die Beteiligten einen geringeren Entlastungsanspruch hätten. Dies betrifft sowohl direkte als auch indirekte Beteiligungen.
In Bezug auf die sachliche Entlastungsberechtigung und den „Main Benefit Test“ hat das BZSt lediglich redaktionelle Änderungen im neuen Merkblatt vorgenommen. Demnach liegt die sachliche Entlastungsberechtigung weiterhin vor, wenn die Beteiligung, für die der Kapitalertrag gezahlt wird, in einem wesentlichen Zusammenhang mit der Wirtschaftstätigkeit der Antragstellerin steht.
Wichtig ist hierbei, dass die bloße Einkünfteerzielung ohne wirtschaftliche Aktivität nicht ausreicht, um von einer Entlastung profitieren zu können. Das Halten der Beteiligung muss also eine wirtschaftliche Funktion im Verhältnis zur übrigen Tätigkeit der Antragstellerin erfüllen. Zudem ist ein Nachweis darüber erforderlich, dass die Antragstellerin eine tatsächlich betrieblich eingerichtete Geschäftstätigkeit ausführt. Dies umfasst unter anderem den Nachweis über qualifiziertes Personal, Geschäftsräume und technische Kommunikationsmittel.
Sofern eine (teilweise) Entlastungsberechtigung aufgrund einer fehlenden persönlichen oder sachlichen Entlastungsberechtigung vorliegt, besteht per Gesetz die widerlegbare Vermutung eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs durch die Zwischenschaltung der Antragstellerin. Diese Vermutung gilt jedoch auch weiterhin unverändert als widerlegt, wenn der „Main Benefit Test“ erbracht wird. Dafür muss die Antragstellerin nachweisen, dass der Hauptzweck ihrer Einschaltung nicht die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist. Hierbei wird eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen, wobei sowohl steuerliche als auch außersteuerliche Gründe zu berücksichtigen sind.
Neben dem „Main Benefit Test“ stellt die sogenannte „Börsenklausel“ eine zweite Exkulpationsmöglichkeit dar. Demnach gilt die Vermutung des steuerlichen Missbrauchs als widerlegt, wenn mit der Hauptgattung der Anteile der Antragstellerin ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet. Diese Regelung galt auch, solange eine zu 100 % mittelbar oder unmittelbar an der Antragstellerin beteiligte Gesellschaft existierte, deren Hauptgattung der Anteile ebenfalls an einer anerkannten Börse gehandelt wurde.
Bisher konnte das Merkblatt des BZSt so verstanden werden, dass die Börsenklausel auf nachgelagerter Beteiligungsebene nur dann Anwendung findet, wenn der Beteiligte einen Entlastungsanspruch auf derselben Rechtsgrundlage hatte. Diese strenge Auffassung wird nun jedoch ebenfalls vom BZSt aufgegeben. Zukünftig soll die Börsenklausel auch dann angewendet werden, wenn der Entlastungsanspruch auf der nachgelagerten Beteiligungsebene entweder identisch oder höher ausfällt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass bei mittelbarer Beteiligung alle dazwischenliegenden Gesellschaften im Vergleich zur Antragstellerin ebenfalls einen identischen oder höheren Entlastungsanspruch besitzen.
Mit dem neuen Merkblatt zu § 50d Abs. 3 EStG lockert das BZSt die Anforderungen an die persönliche Entlastungsberechtigung im Fall der Kapitalertragsteuer. Die vorgenommenen Änderungen sind grundsätzlich positiv zu bewerten, da sie den betroffenen Unternehmen in der Praxis spürbare Erleichterungen bei der Nachweiserbringung bieten. Zu kritisieren ist jedoch, dass das Merkblatt sich nur auf die Entlastung von der Kapitalertragsteuer bezieht und nicht etwa auch auf Quellensteuern im Falle von Zins- oder Lizenzzahlungen. Trotz der Lockerungen bleiben die Anforderungen – insbesondere bei mehrstufigen Beteiligungsketten – unverändert einzelfallbezogen und im Detail zu prüfen.