Neues BMF-Schreiben: Angaben zu Leistungszeitpunkten in Rechnungen

20.09.2021 | FGS Blog

Rechnungen sind das täglich Brot des Steuerpflichtigen im Umsatzsteuerrecht. So dürfte sich bezüglich ihrer Ausstellung und Prüfung eine alltägliche Routine ergeben, die mit jeder wirtschaftlichen Tätigkeit zwangsläufig einhergeht. Gleichwohl verlangen die gesetzlich notwendigen Angaben eine gewisse Aufmerksamkeit des Steuerpflichtigen, droht doch bei ihrem Fehlen die Versagung des Vorsteuerabzugs.

 

In diesem Sinne ist die Beschäftigung mit den Rechnungsanforderungen für den Steuerpflichtigen nicht trivial. Deshalb erfordert auch das neue BMF-Schreiben vom 09.09.2021 zu der Angabe des Leistungszeitpunktes in Rechnungen (III C 2-S 7280-a/19/10004:001, 2021/0963109) erhöhte Aufmerksamkeit. Zusätzlich werden auch weitere Aspekte wie die Leistungsbeschreibung und Strohmann-Konstellationen angesprochen werden.

Inhalt des BMF-Schreibens

Im Rahmen der Umsetzung zweier BFH-Urteile (BFH, Urt. v. 01.03.2018, V R 18/17; BFH, Urt. v. 15.10.2019, V R 29/19) befasst sich das BMF in seinem Schreiben näher mit dem umsatzsteuerlichen Leistungszeitpunkt. Ebendieser muss gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG als Angabe in einer Rechnung enthalten sein. Daraus wurde früher abgeleitet, dass der Leistungszeitpunkt immer anzugeben sei.

 

Dem BFH-Urteil aus 2018 zufolge kann sich der Leistungszeitpunkt indessen im Einzelfall aus dem Ausstellungsdatum der jeweiligen Rechnung ergeben. Das BMF setzt diese Rechtsprechung nun wohl oder übel um. Allerdings schränkt das BMF die Anwendung auf Fälle ein, in denen keine Zweifel über die tatsächliche Leistungsausführung in dem Monat der Rechnungsstellung bestehen. Zweifel sind nach Ansicht des BMF insbesondere gegeben, wenn das Zusammenfallen von Rechnungs- und Leistungsdatum nicht branchenüblich ist, eine zeitnahe Abrechnung nicht regelmäßig durchgeführt wird oder sonstige Zweifel bestehen.

 

Das BMF ergänzt seine Ausführungen zum Leistungszeitpunkt um eine Übernahme des o.g. BFH-Urteils aus 2018 hinsichtlich der Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung. Diese muss nunmehr nicht nur eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, sondern zusätzlich Rückschlüsse auf den Leistungsort und die Steuerpflicht zulassen.

 

Daneben führt das BMF aus, dass der Vorsteuerabzug unzulässig sei, sofern der Rechnungsaussteller einen Gewerbebetrieb vortäuscht, ohne tatsächlich Leistungen mit dem vermeintlichen Leistungsempfänger ausgetauscht zu haben. Insoweit wird das BFH-Urteil aus dem Jahr 2019 umgesetzt.

Bewertung des BMF-Schreibens und Konsequenzen für den Steuerpflichtigen

Es ist zu bezweifeln, dass die Anpassung des Anwendungserlasses bezüglich der (Nicht-)Angabe des Leistungszeitpunkts in der Praxis zu großen Erleichterungen führen wird. Allerdings werden mehr Entscheidungen mit Augenmaß ermöglicht.

 

Nach wie vor ist aufgrund des Gesetzeswortlauts davon auszugehen, dass der Leistungszeitpunkt gesondert anzugeben ist. Der BFH hat dies in einem Einzelfall für nicht erforderlich gehalten und sich dabei auf die Branchenüblichkeit und die ständige Praxis der Beteiligten gestützt. Das BMF musste in dieser Entscheidung eine Gefahr erkennen und hat die Rechtsprechung sehr restriktiv umgesetzt. Denn ein Leistungszeitpunkt ist nur dann nicht anzugeben, wenn keine Zweifel am Zusammenfallen von Rechnungsdatum und Leistungszeitpunkt bestehen. Das BMF erklärt indessen, dass schon „sonstige Zweifel“ hierfür genügen, was m.E. letztlich nichts anderes ist als eine Handreichung für die Umkehr der Beweislast in der Praxis.

 

Die Unternehmen tun also weiter gut daran, eingehende Rechnungen streng auf die Angabe eines Leistungszeitpunkts zu überprüfen. Wenn dieses Rechnungsmerkmal im Einzelfall übersehen wurde, dürfte es in der Praxis schwer sein, die Entbehrlichkeit dieser Angabe nachzuweisen. Allerdings besteht die Möglichkeit für die Steuerpflichtigen, weitere Belege wie bspw. die Kommunikation mit dem Leistenden anzuführen. Können solche Belege substantiiert vorgetragen werden, ergeben sich mit dem neuen BMF-Schreiben durchaus gute Chancen, den Leistungszeitpunkt auf das Rechnungsdatum datieren zu können.

 

Der eigentliche Vorteil des BMF-Schreibens beschränkt sich insoweit darin, dass das BFH-Urteil aus 2018 nunmehr auch aus Sicht der Finanzverwaltung anzuwenden ist. Somit gilt der frühere Grundsatz nicht mehr fort, dass der Leistungszeitpunkt ausnahmslos immer anzugeben ist. Das erlaubt es den Finanzämtern, auf die Angabe des Leistungszeitpunkts zu verzichten, wenn nach Überzeugung des Finanzamts keine Zweifel daran bestehen.

 

Zu bedauern ist die weitere Verschärfung der Anforderungen an die Leistungsbeschreibung. Diese muss nun auch nach expliziter Finanzveraltungsansicht erlauben, Rückschlüsse auf den Leistungsort und die Steuerpflicht zu erlauben. Das ist zwar einerseits verständlich, weil dem Finanzamt oft eben nur die Rechnung vorliegt, um die steuerliche Einordnung einer Leistung zu beurteilen. Andererseits muss man sich vor Augen halten, dass in der deutschen Wirtschaft jährlich eine unendlich erscheinende Anzahl von Rechnungen auszustellen ist und nicht jeder Rechnungsaussteller in der Lage ist, bei jeder einzelnen Rechnung höchste Sorgfalt für die Leistungsbeschreibung aufzuwenden. Auch Kleinbetragsrechnungen müssen eine Leistungsbeschreibung aufweisen.

 

Für die Leistungsempfänger löst die Prüfung und Beanstandung unzureichender Leistungsbeschreibungen einen qualvollen Aufwand aus, da dieses Rechnungsmerkmal aufgrund des wertenden Elements nicht leicht automatisiert prüfbar ist. Gerade hier wäre ein ausdrücklicher Verweis auf die Barlis 06-Rechtsprechung als ausgleichendes Element wünschenswert gewesen.