Neue Impulse für die Gründungskultur?

12.02.2018

Die Politik weiß um die wachsende Bedeutung von Start-ups für die Wirtschaft und den Innovationsstandort Deutschland und macht es sich nach dem Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 zum Ziel, die Gründungskultur in Deutschland und die Bedingungen für Wagniskapital zu fördern.

 

Eine genaue Vorstellung, wie dies erreicht werden soll, fehlt den Koalitionspartnern jedoch in vielen Bereichen noch. So sollen viele Maßnahmen für dieses Ziel nach dem Koalitionsvertrag zunächst lediglich „geprüft“ werden, darunter z.B.

  • die Einführung steuerlicher Anreize zur Mobilisierung von privatem Wagniskapital,
  • Anpassungen im Insolvenzrecht für Gründungen,
  • neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung (die „Weiterentwicklung von Stock-Options-Modellen“ war im Koalitionsvertrag 2013 als Ziel definiert, ohne dass seitdem Maßnahmen gefolgt sind) sowie
  • die Einführung einer Gründerzeit ähnlich der Familienpflegezeit (dies war bereits Ziel nach dem Koalitionsvertrag 2013, wurde aber bislang nicht umgesetzt).

An einigen Stellen enthält der Koalitionsvertrag jedoch bereits konkretere Ankündigungen und Versprechen für Start-ups und Gründer. Zu den zehn wichtigsten zählen die Folgenden:

1. Finanzierungsprogramme, Tech Growth Fund und neuer Digitalfonds

Die Koalitionspartner streben eine „eine deutliche Ausweitung des Volumens des Wagniskapitalmarktes“ an, „um insbesondere Unternehmen in der Wachstumsphase zu unterstützen.“ Bestehende Start-up-Finanzierungsinstrumente wie EXIST, EIF, High Tech Gründerfonds etc. sollen fortgeführt und weiterentwickelt werden. Daneben sollen zwei neue große Fonds eingeführt werden: Der (bereits im Sommer 2016 angekündigte) Tech Growth Fund sowie ein „großer” nationaler Digitalfonds, der zusammen mit der deutschen Industrie aufgelegt werden soll. Der Tech Growth Fund soll u.a. Kredite als Venture Debt zur Verfügung stellen. Der Koalitionsvertrag enthält leider weder ein Startdatum, noch Fondsvolumina.

2. Fortsetzung und Ausbau der Digital Hub Initiative

Die Digital Hub Initiative soll fortsetzt und ausgebaut werden.

3. Bürokratieentlastung für Gründer

Im ersten Jahr der Gründung soll die Bürokratiebelastung auf ein Mindestmaß reduziert werden. In den ersten beiden Jahren nach Gründung sollen Unternehmen von der monatlichen Voranmeldung der Umsatzsteuer befreit werden.

4. „One-Stop-Shop“ für Start-ups

Unternehmen sollen mit Hilfe eines One-Stop-Shop und mehr Transparenz in der Förderlandschaft schnell und unbürokratisch gegründet werden können. Antrags-, Genehmigungs- und Besteuerungsverfahren sollen vereinfacht werden mit einem „One-Stop-Shop“ als Ziel. (S. 62) Dieses Ziel ist nicht neu, sondern war bereits nahezu wörtlich im Koalitionsvertrag 2013 enthalten. Als konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels nennt der Koalitionsvertrag die „Digitalisierung der Verwaltung durch ein zentrales digitales Portal für Unternehmen und ein behördenübergreifendes Datenmanagement“. Dies würde Gründern das Leben in der Tat vereinfachen.

5. Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen

Eltern in der unternehmerischen Gründungsphase sollen unterstützt werden, z.B. mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Zuschüssen für haushaltsnahe Dienstleistungen.

6. Einheitliche Regelungen im digitalen Binnenmarkt

Die Koalition will sich für einheitliche Regelungen im digitalen Binnenmarkt einsetzen, um die Gründungskultur in Europa zu stärken. Auf europäischer Ebene will man sich für eine einheitliche Europäische Start-up-Definition einsetzen, um spezielle zielgenaue Fördermaßnahmen zu ermöglichen. Auf EU-Ebene will sich die Koalition für eine rasche Vollendung des digitalen Binnenmarkts einsetzen – „mit flächendeckend leistungsfähigen Breitbandnetzen, einem schnellen und einfachen Zugang zu digitalen Innovationen und Rahmenbedingungen, die Unternehmen und Startups eine unbürokratische Skalierung von digitalen Geschäftsmodellen ermöglicht.

7. Systematische Förderung des Austausches zwischen Mittelstand und Gründern

Den Austausch zwischen Mittelstand und Gründern wollen die Koalitionspartner systematisch fördern, z.B. durch Austauschprogramme, Ausbau der Kompetenzzentren, Informationsprogramme wie Breitband@Mittelstand oder Mentoringprogramme. Es soll eine Plattform von Verbänden, Mittelstand, Kammern (IHK, HWK), Plattform Industrie 4.0, geschaffen werden, um die Akteure gezielt zu vernetzen und um zielgruppenspezifische Angebote zu erarbeiten, u.a. Co-Working-, Gründer- und Maker-Zentren.

8. Ansprechpartner für Datenschutzfragen für Start-ups

Start-ups sollen bei digitalen Innovationen einen beratenden Ansprechpartner für Datenschutzfragen erhalten und deutschlandweit geltende Entscheidungen einholen können. Ziel der Koalition ist es, ein hohes Schutzniveau für die Vertraulichkeit von Kommunikationsdaten bei der ePrivacy-Verordnung und zugleich den Spielraum für Innovation und digitale Geschäftsmodelle erhalten.

9. Erleichterung des Zugangs zur Forschungsförderung von Start-ups

Der Zugang zur Forschungsförderung für Start-ups soll deutlich erleichtert werden – ohne dass der Koalitionsvertrag dies näher spezifiziert.

10. Gründerfreundliche Ausgestaltung für Selbständige bei Rente, Krankenversicherung und Altersvorsorge

Es soll eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbständigen eingeführt werden, die nicht bereits anderweitig obligatorisch (z.B. in berufsständischen Versorgungswerken) abgesichert sind. Zudem sollen die Mindestkrankenversichungsbeiträge für kleine Selbstständige reduziert und die Belastung durch Renten- und Krankenversicherungsbeiträge soll gründerfreundlich ausgestaltet werden.

 

Mehr zum Koalitionsvertrag:

Das Gesellschaftsrecht im Koalitionsvertrag der GroKo

New German tax policies: Impact on foreign companies