Am 1. Juli 2022 veröffentlichte die niederländische Finanzverwaltung eine neue Verwaltungsanweisung über Verrechnungspreise und die Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes in den Niederlanden.

Neue Anforderungen an Verrechnungspreise in den Niederlanden

Die neue Verwaltungsanweisung spiegelt die jüngsten Änderungen in den OECD Verrechnungspreisleitlinien wider, insbesondere die Aufnahme der Leitlinien zu Finanztransaktionen. Sie enthält auch weitere Einzelheiten zu den Verrechnungspreiserwägungen in Bezug auf staatliche Unterstützung, die infolge der COVID-19-Pandemie besonders relevant waren. Die Verwaltungsanweisung befasst sich außerdem mit den folgenden Themen:

  • die Charakterisierung und Anerkennung konzerninterner Transaktionen,
  • die Vergleichbarkeitsanalyse einschließlich der Relevanz realistisch verfügbarer Optionen,
  • die Zusammenbetrachtung von Transaktionen,
  • die Verwendung von Preisspannen und Mehrjahresdaten,
  • die Auswirkungen staatlicher Maßnahmen,
  • Verrechnungspreismethoden,
  • immaterielle Vermögenswerte einschließlich schwer zu bewertender immaterieller Vermögenswerte
  • konzerninterne Dienstleistungen,
  • konzerninterne Einkaufsgesellschaften,
  • Finanztransaktionen (Darlehen, Bürgschaften und Cash-Pooling),
  • konzerneigene Captive Versicherungen,
  • Dokumentationspflichten bei Verrechnungspreisen,
  • frühzeitige Konsultation ausländischer Behörden zur Vermeidung einer möglichen Doppelbesteuerung.

Eine Auswahl an neuen Anforderungen werden im Nachfolgenden diskutiert.

Fremdvergleichsgrundsatz aus niederländischer Sicht

Die neue Verwaltungsanweisung bestätigt, dass es Situationen gibt, in denen konzerninterne Transaktionen auf aggregierte Weise analysiert werden können. Niederländische Konzerngesellschaften sind jedoch verpflichtet, die mit ihren jeweiligen ausländischen Konzerngesellschaften erzielten Gewinne aus jeder einzelnen Transaktion abzustimmen. Diese Anforderung ist auch bei der Anwendung der noch neuen niederländischen Vorschrift gegen internationale Verrechnungspreisinkongruenzen von besonderer Bedeutung. Sie enthält eine ähnliche Anforderung zur Rückverfolgung der Rentabilität pro Transaktion.

 

Die neue Verwaltungsanweisung erkennt weiterhin an, dass Verrechnungspreise keine exakte Wissenschaft sind und die Anwendung einer Spanne für Verrechnungspreiszwecke als angemessen angesehen werden kann. Wenn die Vergleichswerte in der Vergleichbarkeitsanalyse sehr zuverlässig sind, kann die Anwendung einer vollständigen Spanne in Betracht gezogen werden. Wenn die Vergleichbarkeit eingeschränkt ist, können statistische Methoden, wie z. B. eine Interquartilspanne, verwendet werden, um die Zuverlässigkeit der Vergleichswerte zu verbessern. Eine Verrechnungspreiskorrektur wird von den niederländischen Finanzbehörden an den Median vorgenommen, wenn die Vergleichbarkeit eingeschränkt bleibt.

Verrechnungspreismethoden

In Bezug auf die Anwendung von kostenbasierten Verrechnungspreismethoden sollen erhaltene Subventionen und Steuervorteile die Kostenbasis nicht verringern, wenn ein direkter Zusammenhang mit einer Transaktion besteht. Wenn die Subvention oder der Steuervorteil aber mit dem Unternehmen selbst zusammenhängt und kein kausaler Zusammenhang mit der Tätigkeit besteht, die die kostenbasierte Vergütung erhält, sind sie bei der Ermittlung der Kostenbasis nicht abgezogen werden.

 

Die Verwaltungsanweisung erkennt an, dass die Preisvergleichsmethode (CUP) bei Finanztransaktionen zur Anwendung kommen kann, da vergleichbare Marktransaktionen durchaus existieren.

Immaterielle Vermögenswerte

In Bezug auf schwer zu bewertende immaterielle Wirtschaftsgüter (HTVI) spiegeln sich die OECD-Leitlinien in dem Erlass mit einigen weiteren Klarstellungen wider. Wenn ein schwer bewertbares immaterielles Wirtschaftsgut übertragen wird und die tatsächlichen Ergebnisse anschließend erheblich von den bei der Bewertung des schwer bewertbaren Wirtschaftsguts zugrunde gelegten Prognosen abweichen und sich diese Abweichungen nicht durch Tatsachen erklären lassen, die nach dem Bewertungsdatum eingetreten sind, kann die niederländische Steuerverwaltung den zum Zeitpunkt der Transaktion ermittelten Wert korrigieren, indem sie sich auf die tatsächlichen Ergebnisse bezieht. Eine Abweichung von mehr als 20% zwischen den Prognosen und dem tatsächlichen Ergebnis (nicht beim Verrechnungspreis des HTVI selbst) ist erheblich. Ein immaterieller Vermögenswert wird nicht als HTVI betrachtet, wenn die signifikanten Abweichungen erst nach Ablauf von fünf Jahren ab Verwertung des immateriellen Vermögenswerts.

Vergütung von Einkaufsgesellschaften

Die Verwaltungsanweisungen enthalten spezifische Vorgaben für die Vergütung zentraler Einkaufsgesellschaften. Es wird anerkennt, dass unabhängige Beschaffungsagenten eine Provision auf der Grundlage des Wertes der gekauften Produkte erhalten können. Wenn die Einkaufstätigkeiten als Kernfunktion für die Gruppe betrachtet werden können, kann die fremdübliche Vergütung auf der Grundlage einer Gewinnaufteilungsmethode ermittelt werden. Ansonsten umfasst die anwendbare Kostenbasis bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode nur die Betriebskosten des einkaufenden Unternehmens. Nicht jedoch die Kosten des Warenbezugs. Außerdem sind Vorteile, die sich aus der bloßen Bündelung von Mengen ergeben, grundsätzlich denjenigen Unternehmen zuzurechnen sind, die es der zentralen Einkaufsgesellschaft ermöglichen, diese Vorteile zu realisieren. Ausnahmen gelten jedoch dann, wenn (zusätzliche) Rabatte aufgrund des spezifischen Know-hows oder der Fähigkeiten der Mitarbeiter der zentralen Einkaufsgesellschaft erzielt werden.

Implikationen für deutsche Unternehmen

Die neue niederländische Verwaltungsanweisung und die darin enthaltenen Verrechnungspreisleitlinien sind für deutsche Unternehmen mit niederländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten von großer Bedeutung. Deutsche Unternehmen sollten prüfen, ob sie ihre Verrechnungspreispolitik und ihre Verrechnungspreisdokumentation aktualisieren sollten, um den neuen Anforderungen in den Niederlanden zu entsprechen.