Vom 1. Juli 2020 an gilt eine neue Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen: Steuergestaltungen, die ab dem 30. Juni 2020 zur Nutzung bereitstehen, sind dann grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen mitzuteilen. Zudem gilt eine einmalige, retrospektive Mitteilungspflicht für die Altfälle der letzten zwei Jahre.

 

Als Reaktion auf die der COVID-19-Pandemie hat der EU-Rat – einem Vorschlag der EU-Kommission folgend – den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, die Mitteilungsfristen für grenzüberschreitende Steuergestaltungen einmalig zu verlängern.

Neue Mitteilungspflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

In Deutschland wurde ebenso wie in den anderen EU-Mitgliedstaaten eine neue Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen eingeführt. Sie soll ab Mitte 2020 Steuerpflichtigen zur Nutzung bereitstehen. Außerdem gilt eine einmalige, retrospektive Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, die zwischen Mitte 2018 und Mitte 2020 genutzt wurden.

Wann gilt die Mitteilungspflicht?

Mitteilungspflichtig sind solche Gestaltungen, die bestimmte, vordefinierte Kennzeichen (sog. „hallmarks“) erfüllen. Zudem ist teilweise Voraussetzung einer Mitteilung, dass die Gestaltung wesentlich steuerlich motiviert ist (sog. „main benefit test“). Beispielsweise sollen bestimmte Verrechnungspreisgestaltungen, Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen oder sog. „double dip“-Strukturen mitteilungspflichtig sein. Eine Mitteilungspflicht kann aber auch bereits bei Standardvorgängen der Rechts- oder Steuerberatung vorliegen, wenn hierdurch ein Steuervorteil angestrebt wird und die Gestaltung als standardisiert (?markfähig/produktartig) anzusehen ist (vgl. FGS Blog-Beitrag vom 7. Oktober 2019).

 

Die Pflicht zur Mitteilung trifft in erster Linie sog. Intermediäre. Das sind regelmäßig steuerliche Berater oder Finanzberater. Aber auch Konzernsteuerabteilungen können Intermediäre sein, wenn sie z.B. Steuergestaltungen für rechtlich selbstständige Konzerneinheiten konzipieren oder organisieren.

 

Die Mitteilung ist innerhalb von 30 Tagen ab dem mitteilungspflichtigen Ereignis an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Form eines vorgeschriebenen Datensatzes über eine elektronische Schnittstelle zu übermitteln. Nach Eingang der Mitteilung beim BZSt werden Registrier- und Offenlegungsnummern zur Identifikation der Mitteilung vergeben. Das Unterlassen der Offenlegung einer mitteilungspflichtigen Steuergestaltung ist bußgeldbewährt. Entsprechendes soll gelten, wenn die Nummer nicht in der Steuererklärung des Steuerpflichtigen/Nutzer genannt wird.

Verlängerung der Fristen für neue Mitteilungspflichten

Die EU-Kommission hat im Mai den Vorschlag zur Änderung der DAC6-Richtlinie veröffentlicht, um die Fristen für die Pflichten zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen aufgrund der COVID-19-Pandemie um drei Monate zu verschieben.

 

Dieser Vorschlag ist inzwischen durch das EU-Parlament gebilligt und vom EU-Rat bestätigt worden.

 

Demnach wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, im nationalen Recht Fristverlängerungen umzusetzen.

Frist für retrospektive grenzüberschreitende Steuergestaltungen (Altfälle)

Die Änderung der Richtlinie ermöglicht es den Mitgliedstaaten, die Frist für die Mitteilung retrospektiver grenzüberschreitender Steuergestaltungen, die zwischen dem 25.06.2018 und dem 30.06.2020 genutzt wurden, vom 31.08.2020 auf den 28. Februar 2021 zu verschieben.

Frist für neue grenzüberschreitende Steuergestaltungen (Neufälle)

Der Beginn des 30-tägigen Zeitraums für die Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen, die nach dem 1. Juli 2020 genutzt werden, soll vom 1. Juli 2020 bis zum 1. Januar 2021 verlängert werden.

Umsetzung im Inland

Im Rahmen des Corona-Steuerhilfegesetz (BR-Drs. 290/20) ist dem Artikel 97 § 33 EGAO ein neuer Absatz 5 angefügt worden (Abdruck im BGBl. steht noch aus). Danach wird das BMF ermächtigt, zur zeitnahen Umsetzung unionsrechtlicher Bestimmungen hinsichtlich der Fristen zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen, von den Regelungen des EGAO abweichende Bestimmungen zu treffen.

Ausblick

Es ist davon auszugehen, dass das BMF von der Ermächtigung des Art. 97 § 33 Abs. 5 AO Gebrauch machen wird. Offen ist insoweit noch, wann mit dem entsprechenden Schreiben zu rechnen ist. Zudem ist unklar, ob das BMF die auf EU-Ebene eingeräumten Fristverlängerungen von 6 Monaten voll ausschöpfen wird.