Mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG) stehen aufgrund der geplanten Änderung des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG umfassende Neuerungen bei der steuerlichen Behandlung von Einkünften aus ausländischen Altersvorsorgeverträgen bevor, die zu einer deutlichen Verschärfung der Besteuerung ausländischer Alterseinkünfte führen. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen die steuerliche Förderung in der Beitragsphase ausschließlich nach ausländischem Steuerrecht erfolgt ist. Die Neuregelung soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Dies sieht der vom Bundestag am 18.10.2024 verabschiedete und vom Bundesrat am 22.11.2024 gebilligte Gesetzentwurf vor.
Hintergrund: Nachgelagerte Besteuerung im deutschen Steuerrecht
Seit der Einführung des Alterseinkünftegesetzes im Jahr 2005 folgt das deutsche Steuerrecht im Bereich der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen dem in § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG verankerten Prinzip der nachgelagerten Besteuerung. Dabei werden die Beiträge in der Ansparphase gefördert, indem sie z. B. steuerlich absetzbar (§ 10a EStG) oder durch den Arbeitgeber steuerfrei geleistet werden können (§ 3 Nr. 63, 63a EStG). Im Gegenzug sind sowohl die laufenden als auch die einmaligen Leistungen an den Steuerpflichtigen in der Auszahlungsphase nach in vollem Umfang steuerpflichtig. Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen vom Grundsatz der vollumfänglichen Besteuerung in den Fällen vor, in denen die Leistungen auf nicht geförderten Beiträgen beruhen.
Leistungen ausländischer Versorgungseinrichtungen unterliegen ebenfalls der nachgelagerten Besteuerung, sofern bei der deutschen Besteuerung vergleichbare Begünstigungen wie in § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG gewährt wurden. Dies gilt insbesondere, wenn Doppelbesteuerungsabkommen entsprechende Vorteile für Beiträge zu ausländischen Vorsorgeeinrichtungen vorsehen. Bisher wurden ausländische Altersvorsorgeverträge jedoch in bestimmten Konstellationen gegenüber rein inländischen Sachverhalten privilegiert. Waren die Beiträge im Ausland steuerlich begünstigt oder freigestellt, wurden die Kapitalerträge und Wertsteigerungen aus solchen Verträgen in Deutschland nur teilweise besteuert. So hat der BFH mit Urteil vom 28.10.2020 (Az. X 29/18, DStR 2021, 1213) zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden, dass eine Auszahlung aus einem US-amerikanischen 401 (k) Pensionsplan nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG nur in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Leistung (Auszahlung an den Steuerpflichtigen) und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Einzahlungen in den Pensionsplan) der inländischen Besteuerung unterliegt, da eine im Ausland gewährte Steuerfreiheit der Einzahlungen in der Ansparphase nicht einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG entspricht. Der hierdurch eröffnete Anwendungsbereich des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG führt zu einer steuerlichen Privilegierung von Leistungen gegenüber der vollumfänglichen Besteuerung bei Leistungen inländischer Versorgungseinrichtungen.
Bezüglich sog. Altfällen, d. h. vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Altersvorsorgeplänen ist das derzeit beim BFH unter dem Az. X R 23/22 anhängige Verfahren zu beobachten.
Geplante Änderungen ab 2025
Um die aus Sicht des deutschen Gesetzgebers bestehende ungerechtfertigte Besserstellung zu beseitigen, sieht das JStG eine Neufassung des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG vor. Darin wird klargestellt, dass nicht nur eine Steuerbefreiung der Beiträge im Rahmen der deutschen Besteuerung, sondern auch eine vergleichbare Befreiung oder Begünstigung der Beiträge durch ausländische Steuerregelungen zu Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG führt. Entsprechende Leistungen ausländischer Versorgungseinrichtungen werden damit ab dem 1. Januar 2025 in voller Höhe als sonstige Einkünfte erfasst (z. B. traditional US-IRA’s, 401(k) plans etc.). Dies, obwohl Deutschland in der Ansparphase keine Förderung vorgenommen hat und insoweit kein Besteuerungssubstrat verloren hat. Eine teilweise Steuerfreistellung oder eine Begrenzung der steuerpflichtigen Einkünfte auf den Nettobetrag ist nicht vorgesehen.
Leistungen aus Pensionsplänen, deren Beiträge aus bereits versteuertem Einkommen stammen, bleiben von der geplanten Gesetzesänderung unberührt und werden weiterhin von § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG erfasst. Unverändert bleibt auch die Besteuerung von Leistungen, deren Beiträge in Deutschland steuerlich gefördert wurden, z. B. bei US-Pensionsplänen, wenn in der Ansparphase deutsches Besteuerungsrecht bestand und Deutschland die Beiträge steuerfrei gestellt oder zum Abzug zugelassen hat (z. B. Art. 15 und Art. 18A DBA-USA). Derartige Konstellationen waren bisher von § 22 Nr. 5 Satz 14 EStG erfasst und werden nun in die Neufassung des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG überführt.
Folgen für die Praxis
Mit der geplanten Gesetzesänderung wird die Besteuerung von Leistungen aus ausländischen Vorsorgeeinrichtungen erheblich verschärft. Besondere Relevanz entfaltet die Gesetzesänderung für Auszahlungen aus US-Pensionsplänen. In den betroffenen Fällen ist zu prüfen, ob die steuerlichen Folgen bei unbeschränkt Steuerpflichtigen minimiert werden können, z. B. durch eine Auszahlung vor Inkrafttreten der Neuregelung oder nach erfolgtem Wegzug. Umgekehrt kann bei einer geplanten Rückkehr nach Deutschland die steuerliche Vorteilhaftigkeit einer vorherigen Auszahlung im Ausland geprüft werden. Eine rechtzeitige steuerliche und rechtliche Beratung ist jedoch in jedem Fall unerlässlich, um mögliche Belastungen zu vermeiden.