Influencer im Visier der Steuerfahndung: Steuerliche Folgen beim Wegzug und Wohnsitz im Ausland
Dieser Beitrag ist Teil 2 unserer Blog-Reihe „Influencer im Visier der Steuerfahndung“. In Teil 1 behandeln wir strafrechtliche Fragestellungen, in Teil 3 die umsatzsteuerlichen Aspekte.
Die Besteuerung von Influencern steht schon länger im Fokus der Finanzbehörden (siehe Blog) und war bereits 2020 Gegenstand einer Anfrage an die Bundesregierung. Durch die sog. Branchenprüfungen und Gruppenauskunftsersuchen verschiedener Finanzbehörden entwickelt sich jüngst eine neue Dynamik (siehe hierzu auch Blog-Beitrag Steuerstrafrecht). Die Veröffentlichung der Behörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität NRW (LBF NRW) und das große mediale Echo zur geschätzten Steuerhinterziehung von rund 300 Millionen Euro bieten Anlass, die Herausforderungen in der Besteuerung von Influencern, insb. bei Wegzug und/oder Wohnsitzverlagerung in das Ausland, näher zu beleuchten. Im Rahmen dieser Reihe zur Besteuerung von Influencern liegt der Fokus dieses Beitrags auf dem internationalen Steuerrecht, insb. dem Außensteuergesetz (AStG).
Influencer sind die gegenwärtigen Stars der digitalen Welt. Immer mehr Unternehmen binden in der digitalen Werbewelt (bspw. über Instagram, Tiktok, YouTube oder Facebook) Influencer in ihr Marketing ein (sog. Influencer-Marketing).
Influencer sind grundsätzlich sowohl als Personen als auch hinsichtlich ihrer Einkünfte hoch mobil. Häufig können sie ihre in der Regel gewerbliche Tätigkeiten ohne feste Ortsbindung ausüben. Teilweise gehört die enorme Mobilität gerade zum Geschäftsmodell. So überrascht es nicht, dass es aus verschiedensten Gründen immer mehr deutsche Influencer ins Ausland wie z. B. Zypern, die VAE oder auf die Balearen zieht, wo sie ihre Tätigkeit physisch ausüben: Vom temporären Aufenthalt bis hin zu endgültigen Wegzügen.
Steuerlich unterscheidet man in der Praxis zwischen einem echten Wegzug (gemeint ist die Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht) und dem versteckten Wegzug (Verlagerung nur des Lebensmittelpunktes unter Beibehaltung des Wohnsitzes). Letzterer Fall ist besonders heikel, da ein Wegzug oftmals gar nicht gewollt ist, aber häufig identische Steuerfolgen ausgelöst werden (fiktive Veräußerung des Influencer-Betriebes einschließlich der betrieblichen Wirtschaftsgüter, wie z. B. Marken, Rechte, Anteile an Verwertungsgesellschaften etc.). In dem Kontext siehe auch die Ausführungen des FM Schleswig-Holstein in der veröffentlichten Kurzinformation v. 2.7.2024 – VI 3010-S 2240-190. Der potenziell hohen Steuerlast steht der Umstand gegenüber, dass – anders als bei einem echten Verkauf – keine Einnahmen erzielt werden (sog. Dry income). Und auch ein späterer Rückzug nach Deutschland kann die negativen Steuerfolgen nicht reparieren, da es im betrieblichen Bereich an einer sog. Rückkehroption fehlt.
Die digitale Geschäftswelt bietet laufend neue Einnahmemöglichkeiten. Steuerlich ist eine Differenzierung der verschiedenen Tätigkeiten wichtig, um eine beschränkte Steuerpflicht von im Ausland lebenden Influencern in Deutschland beurteilen zu können. Hierzu zählen u. a. Einnahmen aus Sponsoring, Werbeanzeigen, Affiliate-Marketing, Gebrandete oder digitale Produkte, Spenden und sonstige Leistungen (siehe Kunz/Leitsch, ISR 2024, 289). Werden im Rahmen einer Produktwerbung bspw. unterhaltende Beiträge durch Influencer in Deutschland erstellt oder inländischen Unternehmen Namens- oder Markenrechte für gebrandete Produkte eingeräumt, können inländische Einkünfte vorliegen. Zu beachten sind auch damit zusammenhängende Sachzuwendungen und erhaltene Dienstleistungen als Betriebseinnahmen. Hinzu kommt, dass die Leistungen eines Influencers auch der Umsatzsteuer unterliegen können.
Darüber hinaus können in besonderen Länderkonstellationen (z. B. Wohnsitz in den VAE) Einkünfte in Deutschland steuerpflichtig sein, die nicht unmittelbar aus deutschen Quellen stammen.
Zudem sieht das AStG Regelungen vor, wonach unter bestimmten Voraussetzungen der Influencer-Betrieb trotz Wegzug vollständig in Deutschland verbleibt. Dadurch kann einerseits das Risiko einer fiktiven Betriebsveräußerung vermieden werden. Andererseits bleiben sämtliche Einkünfte des Influencer-Betriebs in Deutschland steuerverhaftet, sodass die deutschen Buchführungs- und Gewinnermittlungsvorschriften maßgeblich bleiben.
Ferner nutzen Influencer regelmäßig eigene Verwertungsgesellschaften. Die Errichtung im Ausland schützt aber häufig nicht vor einer Steuerpflicht im Inland. Zunächst prüft das Finanzamt kritisch den Ort der Geschäftsleitung im Inland mit damit einhergehender unbeschränkter Steuerpflicht. Andernfalls trifft man häufig auf die Argumentation zur Basisgesellschaft und die sog. Hinzurechnungsbesteuerung, die niedrig besteuerte passive Einkünfte der Auslandsgesellschaft direkt dem Gesellschafter (Influencer) zurechnet und von ihm zum Regelsteuersatz (d. h. bis zu 45%) zu versteuern sind. Die Regelungen können unter bestimmten Voraussetzungen auch dann eingreifen, wenn der Gesellschafter bereits ins Ausland verzogen ist.
Auf Seiten der Auftraggeber sind regelmäßig die Steuerabzugsverpflichtungen in § 50a EStG relevant, sollte der Auftragnehmer (Influencer) in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig sein. Danach ist der Vergütungsschuldner zum Steuerabzug für bestimmte Vergütungen (z. B. Lizenzgebühren, Honorare für im Inland ausgeübte künstlerische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen) verpflichtet und haftet im Zweifelsfall für den nicht zutreffend durchgeführten Steuerabzug.
Inwieweit eine unzureichende Steuerdeklaration bei Influencern vorliegt, ist stets im Einzelfall zu prüfen. Sofern Influencer aber Einkünfte nicht oder nicht in voller Höhe erklärt haben, können steuerstrafrechtliche Konsequenzen drohen, zu deren Vermeidung eine steuerzentrierte Rechtsberatung unbedingt zu empfehlen ist. Bei Influencern mit Auslandsbezügen ist aufgrund der erhöhten Komplexität besondere Vorsicht und Sorgfältigkeit geboten. Sofern eine unzureichende Steuerdeklaration erkannt wird, sollte unverzüglich und aktiv gehandelt werden.
Influencern, die erst noch mit dem Gedanken spielen, ganz oder teilweise ins Ausland zu gehen oder entsprechende Strukturen aufsetzen möchten, sollten vorab steuerlichen Rat einholen.
Durch eine umfassende Selbstanzeige kann zumindest Straffreiheit erlangt werden, sofern diese vollständig und rechtzeitig abgegeben wird und die Zahlung der Steuerschuld erfolgt (siehe hierzu auch Blog-Beitrag Steuerstrafrecht).