Am 2. Januar 2025 hat das BMF den neuen Umwandlungssteuererlass (UmwStE) veröffentlicht. Da komplexe Umwandlungsvorgänge vorab häufig durch verbindliche Auskünfte abgesichert werden, kommt dem UmwStE besondere praktische Bedeutung zu. Dieser erste Blog-Beitrag zeigt zehn ausgewählte Änderungen gegenüber dem mehr als 13 Jahre alten bisherigen UmwStE vom 11.11.2011. Der in der kommenden Woche folgende zweite Blog-Beitrag geht dann auf zehn Änderungen ein, welche die Verwaltung noch verglichen zu dem am 11.10.2023 veröffentlichten Entwurf vorgenommen hat.

1. Konkretisierungen zum Verlustverrechnungsverbot im Rückwirkungszeitraum

Gemäß § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG ist im Rückwirkungszeitraum die Verrechnung von Verlusten, Verlustvorträgen, nicht ausgeglichenen negativen Einkünften oder Zinsvorträgen i.S.d. § 4h Abs. 1 S. 5 EStG des übernehmenden Rechtsträgers, mit positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers, untersagt. Im neugefassten Erlass konkretisiert die Finanzverwaltung in Rn. 02.40a die Regelung dahingehend, dass hinsichtlich der Verrechnung von Verlusten oder Verlustvorträgen des übernehmenden Rechtsträgers keine zeitliche Begrenzung auf den Rückwirkungszeitraum besteht. Zudem sei das Verlustverrechnungsverbot unabhängig vom Vorliegen einer steuergestalterischen Missbrauchsabsicht auch bei Einbringungen und für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer anzuwenden.

2. Übernahmeergebnis und Beteiligungskorrekturgewinn

Sofern der Wertansatz des übertragenen Vermögens, abzüglich der Kosten des Vermögensübergangs, den Wertansatz der Beteiligung übersteigt, entsteht im Rahmen von Verschmelzungen oder Formwechseln regelmäßig ein Übernahmegewinn, auf welchen § 8b KStG und § 3 Nr. 40 EStG anzuwenden sind. Dabei stellt die Finanzverwaltung in Rn. 04.34 des neuen UmwStE klar, dass die Zuordnung von Kosten zu den „Kosten für den Vermögensübergang“ nach dem Veranlassungsprinzip zu erfolgen habe. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BFH soll dabei auf den „auslösenden Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen abgestellt werden, sowie auf die Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn.

Gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 UmwStG dürfen die Anteile an der übertragenden Körperschaft beim übernehmenden Rechtsträger höchstens zum gemeinen Wert angesetzt werden. In Rn. 04.05 des neuen UmwStE wurde die bisherige Regelung dahingehend ergänzt, dass § 8b Abs. 3 KStG und § 3c Abs. 2 EStG, auch auf einen Verlust aus der Abstockung vom Buchwert auf einen niedrigeren gemeinen Wert, anzuwenden sind.

3. Umwandlungen mit Wertverschiebungen

In § 13 UmwStG wird die Besteuerung der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft geregelt. Während der Erlass vom 11. November 2011 die Anwendung dieses Paragrafen bei einer Wertverschiebung zwischen den beteiligten Anteilseignern noch ausschloss, ist die Finanzverwaltung im neuen Erlass von dieser Betrachtung abgewichen. Im neuen UmwStE soll stattdessen § 13 UmwStG sowohl auf verhältniswahrende als auch auf nicht verhältniswahrende Umwandlungen Anwendung finden. Etwaige Folgen in Bezug auf die Schenkungsteuer bleiben unverändert. Zudem ist weiterhin das Vorliegen etwaiger Entnahmen, verdeckter Gewinnausschüttungen sowie verdeckter Einlagen zu prüfen.

4. Änderungen hinsichtlich Verschmelzungen

Neu im Erlass ist in Rn. 11.05 die Ergänzung hinsichtlich § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG. Hier vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass bei Abwärtsverschmelzungen auch die Beteiligung der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft, welche unmittelbar auf den Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers übergeht, zu den übergehenden Wirtschaftsgütern zählt. Ebenso ergänzt wurde in Rn. 12.05, dass gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG ein Übernahmeergebnis stets bei Auf-, Ab- und Seitwärtsverschmelzung zu ermitteln sei.

5. Neuerungen zu Spaltungen

Der neue UmwStE ergänzt in Rn. 01.15, dass nichtverhältniswahrende Spaltungen auch dann unter das UmwStG fallen sollen, wenn ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft keine Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft erhält (sog. „Spaltung zu Null“).

Rn. 15.01 UmwStE bekräftigt, dass steuerneutrale Spaltungen unter Buchwertfortführung nur dann möglich sind, wenn sowohl der abgespaltene als auch der zurückbleibende Teil einen Teilbetrieb darstellen. Funktional-wesentliche Betriebsgrundlagen, die zu zwei unterschiedlichen Teilbetrieben gehören, stellen somit auch nach dem neuen UmwStE ein Spaltungshindernis dar. Die Zuordnung zu den einzelnen Teilbetrieben dürfte deshalb in der Praxis auch weiterhin ein diskussionsbedürftiges Thema darstellen. Zwangsläufig muss hier eine reale Aufteilung erfolgen. Zu den restlichen, nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgütern, die keine Betriebsgrundlagen darstellen, stellt der UmwStE in Rn. 15.08 allgemein klar, dass eine einheitliche Zuordnung zu dem Teilbetrieb mit dem höchsten Nutzungsanteil vorzunehmen ist.

Zudem ist in der neuen Rn. 15.14a ergänzt, dass auch bei Auf-, Ab- oder Seitwärtsspaltungen stets ein Übernahmeergebnis i.S.d. § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG ermittelt werden muss und wie bei einer Aufwärtsaufspaltung die Kosten für den Vermögensübergang nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind.

6. Weitere Aspekte zur Nachspaltungsveräußerungssperre

Nach Rn. 15.24 ist auch die Umwandlung eines an der Umwandlung beteiligten Rechtsträgers schädlich, sowie die Umwandlung der Gesellschafter der Rechtsträger, sofern es sich um eine Übertragung gegen Entgelt handelt. Es liegt damit ein Verstoß gegen die sogenannte Nachspaltungsveräußerungssperre vor. Sogar Formwechsel sollen nach dieser Auffassung Veräußerungsvorgänge darstellen können, obwohl es sich hierbei lediglich um einen Wechsel des Rechtskleides und nicht um einen Rechtsträgerwechsel handelt. Explizit sollte die Veräußerung von Anteilen an der Mutter jedoch nicht als schädliche Veräußerung gelten, da nur die Gesellschafter der Muttergesellschaft Anteile übertragen und nicht die Muttergesellschaft selbst.

7. Neuerungen zu Einbringungen i.S.d. § 20 UmwStG

i. Klarstellungen zum Umfang und zur Konsequenz von Einbringungen

Rn. 20.05 stellt im neuen Erlass klar, dass die Übertragung von Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen in einem wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang einen einheitlichen Vorgang darstellt. Dieser könne in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG fallen und begründe nicht die Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG.

In Bezug auf die Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils fordert der neue Erlass in Rn. 20.06, dass jedes funktional wesentliche Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens mindestens quotal mitzuübertragen ist. Dies eröffnet die Möglichkeit zur überquotalen Übertragung.

Problematisch ist, dass die Finanzverwaltung weiterhin in Rn. 20.07 am viel kritisierten Gesamtplangedanken festhält, da dies zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für die Steuerpflichtigen führt.

Gegenüber dem Erlass vom 11. November 2011 wurde in Rn. 20.08 ergänzt, dass zurückbehaltene unwesentliche Betriebsgrundlagen ohne ausdrücklich Entnahme im Restbetriebsvermögen verbleiben.

ii. Sonstige Gegenleistungen

Im Hinblick auf die Gewährung sonstiger Gegenleistungen stellt die Finanzverwaltung außerdem in Rn. 20.19a klar, dass zurückbehaltene Forderungen des einbringenden Mitunternehmers gegen die Mitunternehmerschaft keine sonstige Gegenleistung darstellen.

Ebenso haben in Rn. 20.19a die seit 2015 geltenden Grenzen für sonstigen Gegenleistungen Einzug gefunden. Übersteigen solche Gegenleistungen, die neben den Gesellschaftsrechten gewährt werden, die Höchstgrenzen, so ist auf einen Zwischenwert aufzustocken. Zu beachten gilt es, dass die Obergrenzen dabei ausdrücklich meistbegünstigend auszulegen sind. Folglich ist die Grenze entscheidend, welche den Steuerpflichtigen im Rahmen des Bewertungsrechts am wenigsten limitiert.

8. Nachträgliche Besteuerung eines Einbringungsgewinns I oder II

Nach Ansicht der Finanzverwaltung können auch Folgeumwandlungen zum Buchwert einen Verstoß gegen die Sperrfristregelung des § 22 UmwStG darstellen.

Allerdings enthält der neue UmwStE Möglichkeiten von der Besteuerung eines Einbringungsgewinns I oder II abzusehen. Hierfür müssen auch weiterhin die bereits bekannten Bedingungen aus Rn. 22.23 kumulativ erfüllt werden. Neu im Erlass ergänzt wurde der Katalog mit einem Beispiel 4. Dieses setzt zusätzlich voraus, dass der Einbringende auch nach der Spaltung noch unmittelbar oder mittelbar am ursprünglich eingebrachten Betriebsvermögen beteiligt ist.

Des Weiteren stellt die Finanzverwaltung in den Rn. 22.07 und 22.13 klar, dass ein Einbringungsgewinn I oder II nicht der Gewerbesteuer unterliegt, wenn auch eine Einbringung zum gemeinen Wert ebenfalls nicht der Gewerbesteuer unterlegen würde.

9. Änderung im Hinblick auf Organschaftsverhältnisse

Im bisherigen UmwStE wurden Umwandlungen stets als wichtiger Grund zur Beendigung von Gewinnabführungsverträgen akzeptiert. Der neue UmwStE ersetzt dieses „ist“ aber in Org.12 durch ein „kann“. Nunmehr können Umwandlungen ein wichtiger Grund zur Beendigung von Gewinnabführungsverträgen sein. Hiermit wird der UmwStE an die Körperschaftsteuerrichtlinie R 14.5 Abs. 6 KStR 2022 angeglichen.

10. Wechsel von Einnahmenüberschussrechnung zu Betriebsvermögensvergleich 

Im bisherigen UmwSt-Erlass aus 2011 war ein Wechsel von der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, im Rahmen einer Einbringung i.S.v. § 24 UmwStG, zwingend geboten. Im neu veröffentlichten Erlass vom 02.01.2025 hat dies gemäß Rn. 24.03 nun nur noch im Fall des Ansatzes zum Zwischenwert oder zum gemeinen Wert zu erfolgen.

Eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Neuerungen folgt am 18. Februar im Rahmen der FGS-Konferenz sowie in weiteren Seminaren und Aufsätzen.

Jegliche Fragen zum Beitrag oder zu ihrer nächsten angedachten Umstrukturierung beantwortet Ihnen der Autor und das gesamte FGS-Team gern.

Dieser Blog-Beitrag ist in Zusammenarbeit mit unseren Kollegen Mathias Veil, Patrick Kompolsek, Benedikt Linscheidt und Johannes Jehle entstanden.