Highlights des neuen Umwandlungssteuererlasses vom 2. Januar 2025 gegenüber dem Entwurf 2023

Am 2. Januar 2025 hat das BMF den neuen Umwandlungssteuererlass (UmwStE) veröffentlicht. Da komplexe Umwandlungsvorgänge vorab häufig durch verbindliche Auskünfte abgesichert werden, kommt dem UmwStE besondere praktische Bedeutung zu.
In meinem vorigen Blog-Beitrag wurden bereits zentrale Änderungen des neuen UmwStE gegenüber dem Erlass 2011 diskutiert. Da sich die Finanzverwaltung im finalen Erlass auch im Gegensatz zum Erlassentwurf vom 11. Oktober 2023 teilweise neu positioniert hat, thematisiert dieser zweite Blog-Beitrag nun zehn wichtige Diskrepanzen zwischen dem Umwandlungssteuererlassentwurf (UmwStE-E) aus 2023 und dem finalen UmwStE aus 2025.
Für Kritik hatte die in der Entwurfsfassung vorgesehene Änderung in Randnummer (Rn.) 02.14 gesorgt. Dort wurde eingefügt, dass es für den Zeitpunkt des Vorliegens des Teilbetriebs „auch“ auf die Verhältnisse zum steuerlichen Übertragungsstichtag ankäme. Dies ließ befürchten, dass eine Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen zusätzlich zum steuerlichen Übertragungsstichtag auch zum Zeitpunkt des Vollzuges erforderlich ist. In der finalen Fassung wurde das Wort „auch“ nun wieder gestrichen, sodass allein die Verhältnisse zum steuerlichen Übertragungsstichtag maßgeblich bleiben.
Stellung beziehen musste die Finanzverwaltung auch zur Anwendbarkeit von § 4f EStG und § 5 Abs. 7 EStG in Umwandlungsfällen. In der Entwurfsfassung hatte das BMF dabei noch in Rn. 03.05 die Auffassung vertreten, dass eine Aufwandsverteilung i. S. d. § 4f EStG im Rahmen einer Verschmelzung ausscheiden würde.
In der finalen Fassung änderte das BMF nun seine Ansicht: Soweit die Übertragung zum gemeinen Wert bzw. Zwischenwert erfolgt, komme es bei der Übertragung von passivierungsbeschränkten Verpflichtungen beim übertragenden Rechtsträger doch zu einer Aufwandsverteilung, die vom übernehmenden Rechtsträger fortzuführen sei. Die Rückausnahme des § 4f Abs. 1 S. 3 EStG soll nach der endgültigen UmwStE-Fassung insoweit explizit keine Anwendung finden. Anzumerken ist die weiterhin fehlende Begründung. Folglich ist zu erwarten, dass das Thema erneut zu Diskussionen in der Literatur führen wird. Keine Rolle spielt § 4f EStG bei der Buchwertfortführung, da hierbei kein steuerbilanzieller Aufwand durch Aufdeckung von stillen Lasten entsteht. Gemäß Rn. 15.14 i. V. m. Rn. 11.03 des finalen Erlasses ist die Regelung in Rn. 03.05 auch auf Abspaltungen von Teilbetrieben anzuwenden.
Die finale Fassung des UmwStE hält, verglichen zum Entwurf, zentrale Änderungen hinsichtlich der sogenannten Nachspaltungsveräußerungssperre bereit.
i) Grundsätzlich stellt auch die Vorbereitung der Veräußerung gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 UmwStG einen schädlichen Veräußerungsvorgang dar. Die Vorbereitung der Veräußerung ist dann schädlich, wenn innerhalb von fünf Jahren nach der Spaltung Anteile an einem der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger an eine außenstehende Person veräußert werden. Der Tatbestand der Vorbereitung einer Veräußerung sei allerdings ausweislich Rn. 15.25a nicht gegeben, wenn lediglich Überlegungen unternommen werden zu veräußern (z.B. Letter of Intent, Memorandum of Understanding). Solche Überlegungen implizieren zwar eine Veräußerungsabsicht, sind nach Auffassung der Finanzverwaltung jedoch keine Bedingung für die Erfüllung des Tatbestandes.
ii) Der UmwStE enthält nun auch in Rn. 15.35a illustrative Beispiele zur Nachspaltungsveräußerungssperre aufgrund des im Rahmen des Wachstumschancengesetzes neu eingeführten § 15 Abs. 2 S. 7 UmwStG. Demnach ist eine Veräußerung an verbundene Unternehmen unschädlich. Interessant ist dabei, dass im Beispiel der Finanzverwaltung die Veräußerung der Anteile der Muttergesellschaft des aufnehmenden Rechtsträgers an einen Dritten ebenfalls nicht als Verstoß angesehen wird.
Wie bereits im Entwurf stellt Rn. 03.16 klar, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person werden müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall, sollte der übernehmende Rechtsträger keine Einkünfte i. S. d. § 15 EStG erzielen oder die Beteiligung an der Personengesellschaft zu einem in- oder ausländischen Betriebsvermögen gehören. Im finalen Erlass wurde Rn. 03.16 durch die Finanzverwaltung dahingehend ergänzt, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter auch dann nicht Betriebsvermögen werden, wenn die übertragenen Wirtschaftsgüter dem Betriebsvermögen des Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft im Rahmen des sogenannten Treuhandmodells i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO zuzurechnen sind.
Der Missbrauchstatbestand des § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG regelt. dass der Gewinn aus der Auflösung oder Veräußerung des Betriebs der Personengesellschaft der Gewerbesteuer unterliegt, wenn innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung eine Betriebsaufgabe oder Veräußerung erfolgt. Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2024 wurde dabei § 18 Abs. 3 S. 3 UmwStG ergänzt, wodurch auch der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn einer natürlichen Person, die mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist, der Gewerbesteuer unterliegt, sofern dieser auf den Anteil an der übernehmenden Personengesellschaft entfällt. Die neue Regelung spiegelt sich nun auch im finalen Erlass in Rn. 18.05 wieder und wurde mithilfe eines Beispiels erläutert.
Der neue UmwStE enthält eine Reihe von neuen Aussagen zur Vergleichbarkeit ausländischer Umwandlungsvorgänge. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des UmwSt-Rechts sind nach BMF-Meinung die drei Kriterien aus dem sog. LLC-Erlass kumulativ zu prüfen: die beteiligten Rechtsträger, die Rechtsnatur bzw. Rechtsfolgen des Umwandlungsvorgangs, und sonstige Vergleichskriterien.
Im Vergleich zum Entwurf fordert die finale Fassung des UmwStE bei Abspaltungen keine „partielle Gesamtrechtsnachfolge“ mehr und folgt damit der BFH-Rechtsprechung. Stattdessen kann von dem Strukturmerkmal „kraft Gesetzes“ abgewichen werden, sollte der ausländische Staat keine partielle Gesamtrechtsnachfolge vorsehen und die Vermögensübertragung in einem einheitlichen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an dem übernehmenden Rechtsträger an die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers erfolgen (Rn. 01.38).
Weiter wird klargestellt, dass die Berücksichtigung von Kapitalerhöhungsverboten oder -wahlrechten nur von der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Vorgangs nach ausländischem Recht abhängt und keine notarielle Beglaubigung oder vergleichbare Formerfordernisse erfordert.
Eine häufig diskutierte Thematik ist das Verhältnis der Bewertungswahlrechte des UmwStG zu den allgemeinen Verstrickungsregeln des EStG (§ 4 Abs. 1 S. 8 EStG und § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG). In der Entwurfsfassung hatte das BMF noch die Auffassung vertreten, dass § 4 Abs. 1 S. 8 EStG und § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG bei umwandlungsinduzierten Verstrickungsvorgängen keine Anwendung finden soll. Davon ist die Finanzverwaltung in der finalen Fassung nun abgerückt. Ein Ansatz zum gemeinen Wert soll nun nur dann erfolgen, wenn nicht bei der Besteuerung im Ausland ein niedrigerer Wert herangezogen wurde (Rn. 03.09a).
Die Verstrickungsregelungen greifen auch soweit nur einzelne Wirtschaftsgüter außerhalb des Besteuerungsrechts lagen, sodass es zu einer Durchbrechung des Einheitlichkeitsgrundsatzes bei der Ausübung des Bewertungswahlrechts kommen kann (Rn. 03.13).
Änderungen gibt es auch hinsichtlich der Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft: So soll ausweislich Rn. Org.02 der übernehmende Rechtsträger in Bezug auf das Merkmal „finanzielle Eingliederung“ auch dann in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintreten, wenn der steuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zurückbezogen wird. Zudem wird in Org.19 klargestellt, dass bei Fortsetzung der Organschaft das Organeinkommen im vollen Umfang demjenigen zuzurechnen ist, der am Schluss des Wirtschaftsjahres als Organträger anzusehen ist. Dies umfasst auch einen Übertragungsgewinn aus einer Verschmelzung oder Spaltung.
Im Entwurf vom 11.10.2023 hatte die Finanzverwaltung in der Rn. 20.19a bereits Beispiele zu den steuerlichen Folgen sonstiger Gegenleistungen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 UmwStG aufgenommen. Im finalen Erlass hat diese einen Satz ergänzt und stellt darin klar, dass von Mitunternehmern zurückbehaltene Forderungen gegenüber der Mitunternehmerschaft keine sonstigen Gegenleistungen darstellen. Dies ermöglicht einen risikofreien Zurückbehalt der Forderungen im zivilrechtlichen Eigentum des Mitunternehmers, die andernfalls auf die Kapitalgesellschaft mitübertragen werden müssten.
Bei der Billigkeitsregelung der Rn. 22.23 zur Vermeidung einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns war bisher Voraussetzung für eine dem § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2, 4 und 5 UmwStG vergleichbare Umwandlung, dass neue Anteile gewährt werden. Hiervon ist die Finanzverwaltung nun abgerückt und hat diese Voraussetzung im finalen Erlass gestrichen, sodass die Billigkeitsregelung zukünftig auf weitere Umwandlungen Anwendung findet. Aus diesem Grund hat die Finanzverwaltung auch das Beispiel 3 in der Rn. 22.23 um eine Abwandlung ergänzt, bei der die übertragende GmbH auf die Muttergesellschaft verschmolzen wird. Mangels Kapitalerhöhung war die Aufwärtsverschmelzung nach § 11 UmwStG bisher nicht von der Billigkeitsregelung erfasst. Unter den weiteren Voraussetzungen der Rn. 22.23 kann zukünftig von einer Einbringungsgewinnbesteuerung abgesehen werden.
Eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Neuerungen folgt am 18. Februar im Rahmen der FGS-Konferenz sowie in weiteren Seminaren und Aufsätzen.
Jegliche Fragen zum Beitrag oder zu Ihrer nächsten angedachten Umstrukturierung beantwortet Ihnen der Autor und das gesamte FGS-Team gern.
Dieser Blog-Beitrag ist in Zusammenarbeit mit meinen Kollegen und Teammitgliedern Mathias Veil, Dr. Patrick Kompolsek, Benedikt Linscheidt und Johannes Jehle entstanden.