Geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft als Organträgerin – BFH konturiert Voraussetzungen

Personengesellschaften sind taugliche Organträger einer ertragsteuerlichen Organschaft. Jedoch kann eine Personengesellschaft nur Organträger sein, wenn sie eine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG)
Die Tätigkeit einer „geschäftsleitenden Holding“ ist eine gewerbliche Tätigkeit. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 27. November 2024 (I R 23/21) die Voraussetzungen für das Vorliegen einer geschäftsleitenden Holding präzisiert.
Der BFH hatte zu beurteilen, ob die X-KG im Streitjahr 2008 eine gewerbliche Tätigkeit ausübte und damit als Organträgerin qualifizierte. Die X-KG hatte weder eigene Arbeitnehmer noch erbrachte sie konzerninterne Dienstleistungen gegenüber ihren neun Tochtergesellschaften. Im Kern ging es um die Frage, ob es für die Annahme einer originär gewerblichen geschäftsleitenden Holdingtätigkeit ausreichend ist, wenn die X-KG einen nach außen erkennbaren und entscheidenden Einfluss auf das Tagesgeschäft der Organgesellschaft ausübt. Die Vorinstanz (FG Nürnberg vom 12.1.2021 – 1 K 1090/19) hatte der Klage stattgegeben.
Mit überzeugender Klarheit entschied der BFH, dass eine geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft auch ohne zusätzliche konzerninterne Dienstleistungen oder andere gewerbliche Aktivitäten eine gewerbliche Tätigkeit ausübt und damit Organträgerin sein kann. Einzige Voraussetzung ist, dass die „[…] Organträger-Personengesellschaft eine durch äußere Merkmale erkennbare einheitliche Leitung über mehrere Organgesellschaften ausübe. […]“ Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft:
Ausdrücklich stellte sich der BFH gegen die Forderung der Finanzverwaltung, wonach eine gewerbliche Tätigkeit nur bei zusätzlicher Erbringung entgeltlicher Dienstleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften vorliegt (s. dazu BMF-Schreiben vom 10.11.2005, BStBl. I 2005, 1038 Rn. 18 f.).
Wenn planmäßig Unternehmenspolitik betrieben wird, geht dies nach Auffassung des BFH über das Halten und Verwalten von Beteiligungen durch die Ausübung von Gesellschafterrechten hinaus und qualifiziert als gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaft im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG. Im Streitfall erachtete der BFH die in 14-tätigem Turnus abgehaltenen und protokollierten Geschäftsführersitzung zur Festlegung von Inhalten des Tagesgeschäfts (z.B. Maßnahmen zur Margenverbesserung und Ausbildungsanpassung) als ausreichend.
Ob eine geschäftsleitende Holdinggesellschaft hingegen mindestens zwei Tochtergesellschaften voraussetzt, hat der BFH angesichts der vorhandenen neun Tochtergesellschaften offengelassen.
Seit dem Veranlagungszeitraum 2012 müssen Organbeteiligungen einer inländischen Betriebsstätte des Organträgers zugeordnet sein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 ff. KStG). Da der BFH nur das Streitjahr 2008 zu beurteilen hatte, musste er sich nicht mit dieser Frage auseinandersetzen.
Dabei kommt der Frage der Zuordnung zu einer Inlandsbetriebsstätte insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext eine hohe Bedeutung zu. Denn geschäftsleitende Holdingpersonengesellschaften werden bei Unternehmen etabliert, wenn sich eine Auslandsansässigkeit der Gesellschafter abzeichnet. Da Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht als Betriebsstätte gelten, kann eine geschäftsleitende Holdingpersonengesellschaft das deutsche Besteuerungsrecht an Kapitalgesellschaftsanteilen absichern, weil dann Unternehmensgewinne i.S.v. Art. 7 OECD-MA vorliegen. Das deutsche Besteuerungsrecht ist jedoch nur gesichert, wenn die Kapitalgesellschaftsbeteiligungen dieser Betriebsstätte auch tatsächlich nach funktionalen Grundsätzen zuzuordnen sind.
Aufbauend auf der BFH-Entscheidung gewinnt die Frage Relevanz, ob die geschäftsleitende Holdingtätigkeit für die Begründung eines tatsächlich funktionalen Zusammenhangs zu einer inländischen Betriebsstätte ausreichend ist.
Der BFH konturiert sachgerecht die Voraussetzungen für das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit einer geschäftsleitenden Holdingpersonengesellschaft. Zudem verdeutlicht die Entscheidung die Wichtigkeit der laufenden Dokumentation der Einflussnahme auf das Tagesgeschäft der Tochtergesellschaft in hinreichender Detailtiefe.
Zudem hat die Entscheidung mittelbar Auswirkungen auf andere Fälle, in denen es um die gewerbliche Tätigkeit von Holdinggesellschaften geht (insb. im Kontext von § 50d Abs. 3 EStG, § 8 Abs. 2 AStG). Ob die Finanzverwaltung die BFH-Entscheidung so akzeptiert oder weiterhin die Erbringung konzerninterner Dienstleistungen für erforderlich festhält, bleibt abzuwarten.