Fremdübliche Darlehenszinsen im Konzern

31.08.2017

Das Finanzgereicht Münster ist mit Urteil vom 7.12.2016 zu dem Schluss gekommen, dass der externe Preisvergleich für die Bestimmung fremdüblicher Darlehenszinsen im Konzern mangels identischer Leistungsbeziehungen nicht anwendbar sei. Demgegenüber sei im Bereich der Konzernfinanzierung die Kostenaufschlagsmethode zur Ermittlung des Fremdvergleichspreises anzuwenden.

 

Um die Kapitalkosten des Konzerns zu reduzieren, werden häufig Konzernfinanzierungsgesellschaften eingesetzt, die Darlehen an verbundene Unternehmen gewähren und diese über Banken oder am Kapitalmarkt refinanzieren. Im vorliegenden Fall hatte eine niederländische Finanzierungsgesellschaft zwischen 2001 und 2007 mehrere Darlehen an einen verbundenen deutschen Kreditnehmer gewährt, wobei den Darlehen Laufzeiten von vier bis sieben Jahren und Zinssätze zwischen 4,375% und 6,45% zugrunde lagen. Die Zinssätze waren jeweils anhand des relevanten Euribor-Zinssatzes für fünfjährige Ausleihungen zzgl. einer Marge i.H.v. 1,25% für die Abdeckung von Kosten und Risiken bestimmt worden. Auf eine Gestellung von Sicherheiten wurde verzichtet.

 

Im Zuge der Betriebsprüfung gelangte die deutsche Finanzverwaltung zu der Auffassung, dass verdeckte Gewinnausschüttungen vorgelegen hätten, da konzerninterne Darlehenszinsen überhöht gewesen seien. In der Folge verweigerten sie die Anerkennung eines wesentlichen Teils des vom deutschen Darlehensnehmer gebuchten Zinsaufwandes. Das FG Münster folgte der Auffassung der Betriebsprüfung hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit der angewandten Preisvergleichsmethode. Jedoch hielt es die von den Betriebsprüfern vorgenommene Schätzung für überhöht.

Externer Preisvergleich bei konzerninternen Darlehnsbeziehungen

Die vereinbarten Verrechnungspreise (Zinszahlungen) zwischen der deutschen Konzerngesellschaft als Darlehensnehmer und der niederländischen Finanzierungsgesellschaft  als Darlehensgeber wurden nach dem externen Preisvergleich ermittelt. Hierfür wurde eine Bonität gemäß Rating von Standard & Poor’s zu Grunde gelegt. Basierend auf diesem Rating und weiteren Informationen wurden aus Konzernsicht fremdübliche Verrechnungspreise bestimmt. Nach Auffassung des FG Münster war dies jedoch unzulässig, wobei folgende Argumente angeführt wurden:

  • Konzernfinanzierungsgesellschaften seien nicht mit externen Darlehensgebern vergleichbar. Ihr Geschäftsbetrieb sei wesentlich weniger aufwendig, da sie kein Filialnetz betreiben und weniger Mitarbeiter beschäftigen müssten als etwa eine Bank. Ihre Zielsetzung bestehe darin, Finanzierungsvorteile für eine gesamte Gruppe zu erzielen, so dass auch ihre Geschäftsausrichtung grundlegend verschieden von derjenigen einer Bank sei. Daher soll es unmöglich sein, ein vergleichbares externes Finanzdienstleistungsunternehmen aufzuzeigen und dessen Preisgestaltung zu vergleichen.
  • Die dargelegte Bonität nach dem Rating von Standard & Poor’s sei nicht nachvollziehbar. Zwar waren die Eingabedaten, aufgrund derer die Bonität berechnet worden ist, dem FG bekannt, aber die mathematischen Algorithmen sowie die genauen Kriterien der Gewichtung einzelner betriebswirtschaftlicher Kennzahlen bei der Berechnung der Bonität durch Standard & Poor’s waren geheim. Diese Bewertungen könne daher vom FG Münster nicht überprüft und folglich auch nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
  • Anleihen seien risikobehafteter als gewöhnliche Darlehen und deshalb nicht als Vergleichsgrundlage geeignet. Das FG Münster zweifelt die vorgelegten Ratings an, da diese letztlich für Unternehmensanleihen entwickelt worden seien und nunmehr für konzerninterne Darlehen verwendet werden sollen. Zudem seien Anleihen typischerweise nachrangiges Kapital, das ein größeres Risiko für den Anleihegeber aufweisen würde. Vor diesem Hintergrund sei es dem FG Münster nicht möglich, das Darlehensrisiko zu ermitteln.
  • Stand-alone Rating sei nicht sachgerecht. Dem FG Münster erscheint es praxisfern zu sein, hinsichtlich der Bonität auf eine einzelne Konzerngesellschaft und nicht auf den Konzern insgesamt abzustellen. Denn in der Praxis würden typischerweise nicht die einzelnen Gesellschaften, sondern Konzerne als Ganzes einem Rating unterzogen.

Angesichts dieser Argumente kam das FG Münster zu dem Schluss, dass es unmöglich sei, den externen Preisvergleich auf konzerninterne Darlehen anzuwenden.

FG Münster erachtet Kostenaufschlagsmethode als allein praktikable Methode

Nach dem Ausschluss des externen Preisvergleichs folgt das FG Münster den Ausführungen der Betriebsprüfung und erklärt „im Bereich der vorliegenden Konzernfinanzierung die Kostenaufschlagsmethode [für] die allein praktikable Methode“. Konkret hat es eine Mischkalkulation von Fremdkapital- bzw. Refinanzierungskosten auf Basis von GuV-Positionen und Eigenkapitalkosten (pauschal 150% der Fremdkapitalkosten) vorgenommen; hierzu hat es anschließend die anteiligen Selbst- bzw. Personalkosten zuzüglich eines pauschalen Gewinnaufschlags von 5% auf die Selbstkosten addiert. Die Kostenaufschlagsmethode wurde durch das FG Münster allerdings nicht streng geschäftsvorfallbezogenen angewendet, so dass die Kapitalkosten des Darlehensgebers eher pauschal ermittelt wurden.  Dies dürfte überwiegend auf die „dürftige“ Datenbasis für eine Anwendung der Kostenaufschlagsmethode zurückzuführen sein. In Anbetracht der relativ hohen Anforderungen an die Datenverfügbarkeit und -qualität für die Anwendung des externen Preisvergleichs zeigt dies, dass das FG Münster bei der Auswahl einer geeigneten Verrechnungspreismethode mit zweierlei Maß gemessen und den externen Preisvergleich zu Unrecht abgelehnt hat.

Gegenmaßnahmen durch Konzerne

Ungeachtet der Argumente des FG Münster muss der externe Preisvergleich in der Praxis weiterhin als die gängigste Verrechnungspreismethode für den Leistungsvergleich von Sätzen zu konzerninternen Darlehenszinsen angesehen werden, sofern ein Rückgriff auf einen internen Preisvergleich ausgeschlossen ist. Hierfür wird typischerweise eine Benchmark Analyse unter Verwendung von öffentlich zugänglichen  Informationen aus Datenbanken wie Bloomberg, Deal Scan oder Thomson Reuters Loan Connector durchgeführt, welche Informationen zu Darlehen gegenüber Dritten oder ggf. Zinskurven liefern. Erfahrungsgemäß akzeptiert die deutsche Finanzverwaltung diesen Ansatz, wenn er gut dokumentiert ist.

 

Trotz der jüngsten Entscheidung des FG Münster, welche nun beim BFH anhängig ist, können Konzerne die folgenden Gegenmaßnahmen ergreifen, um einem Ausgang wie dem oben beschriebenen entgegen zu wirken:

  • Der Steuerpflichtige sollte eine genaue Verrechnungspreisdokumentation erstellen, aus welcher ersichtlich wird, dass die konzerninternen und -externen Darlehen hinreichend vergleichbar sind und ggf. entsprechende Vergleichsanpassungen vorgenommen wurden, insbesondere in Bezug auf die Bonität, die Fälligkeit und den Darlehensbetrag. Außerdem ist zu dokumentieren, dass kein interner Preisvergleich möglich ist (sofern zutreffend).
  • Die Finanzierungsgesellschaft sollte wesentliche Funktionen ausüben sowie hinreichende Geschäftstätigkeit wahrnehmen, damit sie einen Anspruch auf den gesamten Residualgewinn hat. Die Finanzierungsgesellschaft sollte Mitarbeiter beschäftigen, welche in die Kreditvergabe (z.B. Bewertung der verschiedenen finanziellen Risiken im Zusammenhang mit dem Darlehen, die Analyse der Kreditwürdigkeit, die Kreditvergabe) sowie das laufende Kreditmanagement (z.B. Überwachung der finanziellen Risiken durch die Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers, die Analyse von Marktzinsänderungen, Überwachung der Rückzahlungen) involviert sind.  Zudem sollte die Finanzierungsgesellschaft die finanzielle Leistungsfähigkeit besitzen, wesentliche Risiken zu tragen.
  • Während der Betriebsprüfung gilt es darauf hinzuweisen, dass externe Preisvergleiche nicht auf Bankkredite beschränkt sind, sondern sich z.B. auch auf Anleihen erstrecken können. Denn einige Finanzierungsgesellschaften übernehmen in der Tat bankähnliche Aufgaben. Die Verwendung von Rating-Tools entspricht dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers, was auch bei vergleichbaren Transaktionen zwischen Dritten beobachtet werden kann. Darüber hinaus sind Einzel-Ratings für die Bonitätsbeurteilung der Kreditnehmer innerhalb eines Konzerns unabdingbar, wobei diese Bonität ggf. die Konzernzugehörigkeit berücksichtigen kann.

In Vorbereitung auf ein mögliches Verständigungsverfahren gilt es Fristen und andere verfahrensrechtliche Anforderungen im Auge zu behalten. Verständigungsverfahren werden oft herangezogen, um Doppelbesteuerungskonflikte zu vermeiden, sollten die deutsche Betriebsprüfung die Höhe der Verrechnungspreise infrage stellen.