Familienunternehmen – Die gesellschaftsrechtlichen Aspekte (Teil 2)

Im Anschluss an den ersten Teil unserer Blog-Serie sollen in diesem Teil die gesellschaftsrechtlichen Aspekte von Familienunternehmen in Deutschland untersucht werden. Familienunternehmen stellen nämlich ganz besondere Anforderungen an die Gestaltung der Rechtsform, Governance-Struktur und die Ausübung ökonomischer und administrativer Rechte.
In Deutschland gilt: Wer die Wahl hat, hat die Qual: Familienunternehmen und ihren Gründern steht eine Vielzahl verschiedener Gesellschaftsformen zur Verfügung; sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften können nutzbar gemacht werden. Aus Sicht der Gründer und Unternehmer muss die Familiengesellschaft neben einer möglichst effizienten steuerlichen Gestaltung die stetige Durchsetzbarkeit von Familieninteressen, eine möglichst weitgehende Gestaltungsfreiheit im Innenverhältnis einerseits sowie Haftungsbeschränkung im Außenverhältnis andererseits gewährleisten und muss darüber hinaus auch im Hinblick auf die Nachfolge flexibel ausgestaltet werden können.
In der Praxis dominieren in Deutschland als Familienunternehmen GmbHs und GmbH & Co. KGs. Die wesentlichen Treiber für die Wahl einer GmbH sind: Klare Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen und sehr flexible Gestaltungsmöglichkeiten im Gesellschaftsvertrag. Für die GmbH & Co. KG spricht die mögliche Trennung von Eigentum und Geschäftsführung: Während die GmbH die persönliche Haftung übernimmt, bleiben wirtschaftliche Entscheidungen bei der Familie der Kommanditisten. Sofern ein Zugang zum Kapitalmarkt gewünscht ist, kommen die Aktiengesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft auf Aktien zum Zug. Es gibt also nicht „die richtige Rechtsform“ für eine Familiengesellschaft, aber es gibt „die richtige Rechtsform“ für ein spezifisches Familienunternehmen und eine spezifische Familie.
Für Familienunternehmen von zentraler Bedeutung sind auch die Governance-Strukturen. Hierbei handelt es sich um Regeln, Gremien und Prozesse, die die Leitung und Kontrolle des Unternehmens strukturieren. Diese Governance-Strukturen sind einerseits geprägt vom Spannungsverhältnis zwischen der Familie, dem Eigentum und der Unternehmensführung und sollen andererseits nachhaltiges Wachstum, klare Entscheidungswege und den Ausgleich zwischen Familie und Unternehmen sicherstellen.
Typische Elemente sind z.B. die Einrichtung eines Aufsichts- oder Beirats, der das Management berät und überwacht, aber auch die Festlegung der inneren Struktur des Managements, also wer darf was mit wem. Daneben ist an eine Geschäftsordnung zu denken, die die Beziehung zwischen Management und Gesellschafter regelt, etwa im Sinne einer verpflichtenden Einbindung der Unternehmer bei wesentlichen Führungsentscheidungen. Sorgfältige Befassung mit der formellen Governance ist dabei unerlässlich, um eine für alle Familienmitglieder akzeptable, aber auch praktisch umsetzbare Struktur zu schaffen.
Gedanken sollte man sich aber ggf. auch über die Implementierung einer „rechtlich unverbindlichen“ Familienverfassung machen. Sie soll Werte und Rollenverteilungen innerhalb der Familie festzurren und damit eine Brücke schlagen zwischen den drei Säulen des Spannungsverhältnisses, also Familie, Eigentum und Unternehmensführung.
Durch eine klare definierte Governance können Konflikte vermieden, die Unternehmensführung professionalisiert und die langfristige Unabhängigkeit des Familienunternehmens gesichert werden.
Ein wichtiges Kriterium für Familienunternehmer ist der unternehmerische Erfolg, sichtbar an der Gewinnerzielung. In ihrer Stellung als Gesellschafter partizipieren Familienmitglieder an den durch das Unternehmen erzielten Gewinnen unmittelbar. Dabei ist im Spannungsverhältnis einer Familie essentiell, dass diese Gesellschafterrechte fair – und ggf. unabhängig von der jeweiligen operativen Rolle des einzelnen Familienmitglieds – verteilt werden. Insbesondere gehört dazu ein angemessener Anspruch auf Gewinnbeteiligung, klare Regelungen zur Entnahme und ein transparenter Zugang zu Informationen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Eine faire Ausgestaltung der Gesellschafterrechte stärkt das Vertrauen innerhalb der Familie und verhindert Spannungen zwischen aktiven und passiven Gesellschaftern.
Je nach Motivationslage der Gründer und gesellschaftsvertraglicher Ausgestaltung kann es auch sinnvoll sein, Gewinne nicht vollständig auszuschütten, sondern etwa für geplante Investitionen oder als Teil einer generationenübergreifenden Vermögensstrategie zu thesaurieren. Wichtig ist hier stets, eine transparente Ausschüttungspolitik sowie Kriterien für etwaige Reinvestitionen festzulegen, um Konflikte möglichst von vornherein zu vermeiden.
Neben der Gewinnerzielungskomponente ist für Familienunternehmer auch das Thema Kontrolle von besonderer Bedeutung. Die Geschicke des Unternehmens sollen in der Regel durch die Familie gelenkt werden, diese sollen administrative Rechte haben und – in unterschiedlichem Umfang – an der Unternehmensführung mitwirken. Dies kann einerseits durch Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung erfolgen, in denen die Familienmitglieder sitzen. Hier ist auch an sog. „golden shares“ oder besondere Vetorechte zu denken, die bestimmten Familienmitgliedern verstärkte Einflussmöglichkeiten gewähren. Andererseits können auch wichtige Managementpositionen mit Familienmitgliedern besetzt werden, so dass letztere auch das operative Geschehen lenken.
Die gesellschaftsrechtliche Struktur von Familienunternehmen ist untrennbar mit der familiären Identität verknüpft. Die Wahl der richtigen Gesellschaftsform, klare rechtliche Grundlagen – ergänzt durch kluge Corporate Governance-Regelungen – sind essentiell, um generationenübergreifende Stabilität, unternehmerischen Erfolg und Nachfolge zu sichern.
Dieser Beitrag ist Teil einer mehrsprachigen Blog-Serie über deutsche und italienische Familienunternehmen, die in Zusammenarbeit mit Valentina Dragoni und Martino Liva von Cappelli Riolo Calderaro Crisostomo Del Din & Partners entstanden ist. Erfahren Sie mehr über die Besonderheiten italienischer Familienunternehmen – wahlweise auf Italienisch oder Englisch.