Der Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Dies gilt selbst für Holdings, die Leistungen an Ihre Tochtergesellschaften erbringen. Hier stellt sich die Frage, ob jegliche Eingangsleistung im Zusammenhang mit der Beteiligung dem unternehmerischen Bereich dient.

Dies gilt insbesondere, wenn nicht alle Leistungen entgeltlich an die Tochtergesellschaften erbracht werden.

Das „Zwischenschaltmodell 2.0“

Unternehmen, die steuerfreie Ausgangsleistungen erbringen, steht eingangsseitig häufig kein Vorsteuerabzug zu. Dies betrifft z.B. Immobiliengesellschaften bei Leistung an Privatpersonen oder Unternehmen des Finanz- und Versicherungssektor.

Eine vermeintliche Lösung hierzu boten in der Vergangenheit bereits im Immobiliensektor sog. Vor- oder Zwischenschaltmodelle, denen der BFH jedoch vor einigen Jahren schon eine Absage erteilte. In den Modellen 2.0 hält die Muttergesellschaft(Holding) Anteile an nicht vorsteuerabzugsberechtigten Gesellschaften und erbringt an diese teilweise entgeltliche Leistungen. Durch die (steuerpflichtigen) Umsätze an die Tochter wird sie zu einer sog. Führungsholding. Vorsteuern auf Eingangsumsätze, die die „zwischengeschaltete“ Holding im Zusammenhang mit der Beteiligung bezieht, könnten dadurch abziehbar werden.

Ausgangssachverhalt des Urteils

In dem vom EuGH zu entscheidenden Fall hatte eine Holdinggesellschaft entsprechend ihrer Beteiligungsquote unentgeltlich Leistungen an ihre beiden nicht vorsteuerabzugsberechtigten Tochtergesellschaften i. H. v. ca. 9 Mio. bzw. 30 Mio. Euro erbracht. Daneben übernahm sie die Buchführung und das Management ihrer Tochtergesellschaften gegen ein entsprechendes Entgelt. Die unentgeltlichen Gesellschafterbeiträge bestanden u.a. in Projektierungs-, Architekten- oder Erschließungsleistungen. Bei den Tochtergesellschaften handelte es sich um Wohnungsbaugesellschaften, die überwiegend umsatzsteuerfrei tätig waren.

Die Holding machte auch für die Eingangsleistungen, die sie für die unentgeltlichen Gesellschafterbeiträge bezogen hatte, den vollen Vorsteuerabzug geltend. Sie vertrat die Auffassung, dass die entgeltliche Erbringung der Managementleistungen eine unternehmerische Tätigkeit darstelle und die Anteile unternehmerisch gehalten würden. Somit sollten auch die Aufwendungen für die unentgeltlichen Leistungen als allgemeine Kosten zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Vorlagefragen des BFH: Zweifel an Rechtmäßigkeit

Der BFH hatte in der Formulierung seiner Vorlagefragen an den EuGH zunächst deutliche Zweifel daran erkennen lassen, ob die bezogenen Eingangsleistungen noch der Holding zugerechnet werden können, soweit sie unmittelbar den Tochtergesellschaften zugutekommen. Zudem hatte er die Frage nach einem Rechtsmissbrauch gestellt, da er die Gewährung eines vollen Vorsteuerabzugs für die Holding als systemwidrig ansah.

Der BFH ging also im Grundsatz von einer Beteiligung im unternehmerischen Bereich und folglich einer Vorsteuerabzugsberechtigung der Holding aus.

EuGH: Kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen

Die Frage des BFH nach einem Rechtsmissbrauch durch das vorliegende Modell hat der EuGH unbeantwortet gelassen. Er hat den Vorsteuerabzug bereits dem Grunde nach abgelehnt, da aus seiner Sicht die Holding die Eingangsleistungen schon gar nicht für ihr Unternehmen, die Managementleistungen an die Tochtergesellschaften, bezogen hatte.

Hierzu bezog sich der EuGH auf die von ihm selbst aufgestellten Grundsätze zur Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs. Dieser ist mit seinen Worten nur zulässig, soweit ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit einem Ausgangsumsatz besteht, der zum Vorsteuerabzug berechtigt, oder zumindest dann, wenn die Kosten für die Eingangsleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und daher in den Preis des Ausgangsumsatzes miteingehen. Der EuGH stellt insoweit stets die bemerkenswerte Frage nach dem „ausschließlichen Entstehungsgrund“ der Eingangsleistung.

Diesen direkten und unmittelbaren Bezug der benannten Eingangsleistungen für die Geschäftsführungsleistungen der Holding hat der EuGH verneint. Sie hatte diese vielmehr ausschließlich zur Erbringung ihres Gesellschafterbeitrags bezogen. Das reine Halten von Gesellschaftsanteilen, ebenso wie die damit zusammenhängende Erbringung der Gesellschafterbeiträge, ist jedoch keine unternehmerische Tätigkeit, und berechtigt daher auch nicht zum Vorsteuerabzug.

Die Argumentation der Holding, dass die Erbringung der Gesellschafterbeiträge objektiv erforderlich war, da die Tochtergesellschaften ansonsten nicht die entgeltlichen Geschäftsführungsleistungen in Anspruch genommen hätten, ließ der EuGH ebenfalls nicht gelten. Dies erläuterte er maßgeblich mit seiner Entscheidung in der Rechtssache „Vos Aanemingen“, wonach Ausgaben, die nicht mit Umsätzen des Steuerpflichtigen, sondern eines Dritten zusammenhängen, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Diesen Zusammenhang hat er hier zu den Umsätzen der Tochtergesellschaften, und nicht der Holding, gezogen.

Der EuGH stellte also massiv auf die Verwendung in der Tochtergesellschaft ab und behandelte die Holding insoweit nahezu transparent.

Folgen für die Praxis

Holdinggesellschaften sollten die Folgeentscheidung des BFH und eine mögliche Verwaltungsreaktion im Blick behalten. An dieser Stelle ist noch einmal hervorzuheben, dass der Umfang der in die Tochtergesellschaften unentgeltlich er- bzw. eingebrachten Leistungen sehr erheblich war und den Eingangsleistungen kaum ein eigener Zweck für die Holding beigemessen werden konnte. Es handelt sich folglich um eine Einzelfallentscheidung, deren Grundsätze nicht ohne Weiteres auf andere Konstellationen übertragbar sein sollten. Dennoch dürften in Zukunft weitere Diskussionen mit den Finanzbehörden vorprogrammiert sein, insbesondere in Fällen, in denen ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Eingangsleistungen und entgeltlichen Ausgangsleistungen besteht.