Drei Jahre Online-Gründung – Die unkomplizierte Alternative?

05.06.2025 | FGS Blog

Die digitale Unternehmensgründung feiert dieses Jahr ihr dreijähriges Jubiläum. Seit dem 1. August 2022 ist es in Deutschland möglich, eine GmbH vollständig online zu gründen. Gründern soll damit eine moderne, unkomplizierte Alternative zum traditionellen Notartermin vor Ort zur Verfügung gestellt werden. Die Angleichung an die oft viel einfacheren Verfahren im Ausland soll die Wettbewerbsfähigkeit fördern. Es gibt bislang allerdings keine verlässlichen Zahlen darüber, wie viele Gründungen seit der Einführung tatsächlich im Online-Verfahren durchgeführt wurden – vielleicht ein Indiz für eine kaum messbare Inanspruchnahme, oder hält die Online-Gründung, was sie verspricht?

Grundlagen

Die Online-Gründung beruht auf der EU-Digitalisierungsrichtlinie EU 2019/1151 und soll insbesondere grenzüberschreitende Gründungen – zur Eröffnung von Zweigniederlassungen – erleichtern. Gesetzliche Grundlage in Deutschland ist das Beurkundungsgesetz (BeurkG) und das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Danach ist das Online-Verfahren nicht nur bei reinen Bargründungen, d.h. bei Gründungen, bei denen die Nennbeträge der Geschäftsanteile von den Gesellschaftern in Geld eingebracht werden, sondern nunmehr auch bei Sach- sowie gemischten Sach- und Bargründungen zulässig. Auch die Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen und die Beurkundung von Gründungsvollmachten ist virtuell möglich.

Voraussetzungen

Für die Teilnahme von Online-Verfahren benötigen die Gründer

  • einen Personalausweis mit eID-Funktion für die zweistufige Identitätsprüfung,
  • ein auslesefähiges Smartphone und die „Notar-App“ der Bundesnotarkammer (BNK) sowie
  • eine stabile Internetverbindung und eine Webcam für den Videotermin.

Die eigenhändige Unterschrift der Beteiligten wird im Online-Verfahren durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt.

Verfahrensablauf

  1. Vorbereitung: Die Gründer vernetzen sich über das „Notarportal“ der BNK mit einem örtlich zuständigen Notar und übermitteln diesem die erforderlichen Informationen – wie z.B. die Firma – vorab elektronisch. Hierzu kann auch das Musterprotokoll aus Anlage 2 zum GmbHG verwendet werden, das u.a. einen vorgegebenen Satzungstext sowie eine Gesellschafterliste enthält. Dieser gesetzlich festgelegte Mustertext darf jedoch inhaltlich nicht verändert werden. Während das Musterprotokoll für den notariellen Präsenztermin (vgl. Anlage 1 zum GmbHG) kostenprivilegiert ist, kostet das Online-Muster wertvolle Flexibilität, weshalb sein Nutzen – jedenfalls für die GmbH-Gründung – fragwürdig ist.
  2. Videokonferenz: Der Gründungsakt, insbesondere die Beurkundung des Gesellschaftsvertrags, findet in einer Echtzeit-Videokonferenz statt. Die Verlesung der Gründungsdokumente durch den beratenden Notar wird durch die Online-Gründung aber nicht ersetzt.
  3. Einzahlung des Stammkapitals: Nach Übermittlung der Gründungsurkunde kann damit für die Gesellschaft bei einer Bank ein Geschäftskonto eröffnet werden. Hierauf wird bei Bargründungen das Stammkapital der Gesellschaft einbezahlt.
  4. Eintragung: Haben die Gründer dem Notar die Einzahlung des Stammkapitals bestätigt, meldet dieser die Gründungsdokumente digital beim Handelsregister an. Nach Prüfung durch das Registergericht wird die GmbH eingetragen – sie erlangt ihre Rechtsfähigkeit.

Vorteile

Das Online-Verfahren erlaubt eine flexiblere Gestaltung als das traditionelle Verfahren, da der Weg zum Notartermin entfällt. Insbesondere bei Gründungen mit mehreren Beteiligten, die räumlich voneinander getrennt sind, ist dies ein enormer Vorteil. Zudem entfallen etwaige Reise- bzw. Übernachtungskosten.

Die Online-Gründung erleichtert auch Gründern, die nicht in Deutschland ansässig sind, den Zugang zum deutschen Markt. Voraussetzung hierfür ist allein ein gültiges eID-Dokument nach EU-Standard. Nachdem auch Gründungsvollmachten online beurkundet werden können, ist nicht einmal das Beisein der Gründer bei der Videokonferenz nötig.

Herausforderungen

Die Kehrseite der vermeintlichen Effizienz des neuen Verfahrens ist, dass nicht jeder potenzielle Gründer über die nötige technische Ausstattung oder Erfahrung in ihrem Umgang verfügt. In der Praxis führt daher insbesondere der zweistufige Identifizierungsprozess zu Verzögerungen.

Probleme müssen zudem nicht allein beim Nutzer vorliegen, sondern sie können sich auch aus der bereitgestellten Software ergeben. An schlechten Tagen wird daher deutlich, dass Deutschland im Hinblick auf die digitale Infrastruktur weiterhin ein Entwicklungsland ist.

Des Weiteren ist zu beachten, dass für die Online-Gründung ein örtlich zuständiger Notar ausgewählt werden muss („Ortsprinzip“), was in der Praxis zu einer Einschränkung der Notarauswahl führt.

Außerdem tritt der Notar als „Torwächter“ auf, um Gründungsmissbrauch zu verhindern. Dabei stellen sich die Identitätsfeststellung und die Feststellung der Geschäftsfähigkeit der Beteiligten als schwierig dar. Zwar wird das Lichtbild des elektronischen Ausweises mittels Smartphones ausgelesen. Hat der Notar dennoch Zweifel, kann gleichermaßen ein Präsenztermin „angeordnet“ werden. Das Online-Verfahren ist dann nur ein Umweg zur Gründung. Schließlich ist auch das Risiko von Cyberangriffen auf sensible Daten nicht zu vernachlässigen.

Fazit

Die Möglichkeit der Online-Gründung wird oft als bedeutender Fortschritt deutscher Unternehmenslandschaft betrachtet. Sie böte eine flexible und damit effiziente Alternative zum traditionellen Verfahren. Die Flexibilität scheitert aber bereits am starren Kontoeröffnungsprozess. Zudem hat die Technik ihre Grenzen, und so müssen Gründer manchmal – je nachdem, in welchem Bundesland sie sich befinden - doch physisch beim Notar erscheinen. Solange in Deutschland keine entsprechende Infrastruktur bereitsteht, ist das Online-Verfahren daher mehr „Beta-Test“ als Ideallösung. Gerade Personen mit wenig Technikaffinität dürften auch weiterhin vom traditionellen Gründungsverfahren profitieren.

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit unserem ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeiter Tobias Marstaller entstanden.