Erleichterungen bei steuerlichen Außenprüfungen: Die Rolle eines digitalen Steuerkontrollsystems

13.02.2025 | FGS Blog

Unternehmen stehen regelmäßig vor der Herausforderung, steuerliche Außenprüfungen effizient und möglichst reibungslos zu gestalten. Eine umfassende Prüfung kann mit erheblichem Aufwand, langen Bearbeitungszeiten und nicht selten mit Steuernachzahlungen verbunden sein. Um diesen Prozess zu optimieren, hat der Gesetzgeber mit § 38 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) für einen Testzeitraum bis 2027 eine Möglichkeit geschaffen, den Prüfungsumfang für eine nachfolgende Außenprüfung zu reduzieren, sofern eine Prüfung des innerbetrieblichen Steuerkontrollsystems dessen Wirksamkeit bestätigt.

Das Gesetz sieht vor, dass Unternehmen eine Reduzierung des Umfangs bei steuerlichen Außenprüfungen beantragen können, sofern sie die Wirksamkeit eines Steuerkontrollsystems (oder auch Tax Compliance Management System „TCMS“) nachweisen können.

Voraussetzung hierfür ist, dass im Rahmen einer Außenprüfung die Funktionalität des Steuerkontrollsystems hinsichtlich der erfassten Steuerarten oder Sachverhalte überprüft und kein oder nur ein unbeachtliches steuerliches Risiko festgestellt wurde.

Steuerkontrollsysteme

Ein Steuerkontrollsystem oder TCMS umfasst innerbetriebliche Maßnahmen, die sicherstellen, dass Besteuerungsgrundlagen korrekt erfasst und Steuern fristgerecht abgeführt werden. Zudem sollen steuerliche Risiken laufend erkennbar sein. Neben einer Reduzierung des Prüfungsumfangs verbessert ein solches System die Genauigkeit der Steuerberichterstattung. Die Wirksamkeit eines Steuerkontrollsystems basiert dabei auf technischen und organisatorischen Maßnahmen, die eine kontinuierliche Überwachung und Dokumentation steuerlich relevanter Prozesse gewährleisten.

Wie aber kann die tatsächliche Umsetzung dieser technischen und organisatorischen Maßnahmen im Rahmen eines Steuerkontrollsystems sowie die kontinuierliche Überwachung steuerlich relevanter Prozesse in der unternehmerischen Praxis effizient gestaltet werden?

Digitale Lösungen

Gezielt eingesetzte digitale Lösungen können einen entscheidenden Beitrag leisten, ein Steuerkontrollsystem in die tägliche Arbeit zu integrieren. Reine Compliance-Prozessmanagementtools greifen hierfür aber oftmals zu kurz, da der Dokumentations- und Pflegeaufwand für die Steuerfunktion immens ist. So müssen nach jeder durchgeführten Maßnahme oder Kontrolle oftmals umfangreiche manuelle Eingaben im Tool erfolgen. Daher sollte der Fokus vielmehr auf digitale Lösungen gelegt werden, welche eine rechtssichere und weitestgehend automatisierte Dokumentation und Überwachung steuerlich relevanter Prozesse und der präventiven und detektiven Kontrollen ermöglichen. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine tatsächliche Umsetzung und Dokumentation der TCMS-Maßnahmen erfolgt, deutlich höher.

Einsatz von Taskmining Tools zur Dokumentation der steuerlichen Prozesse

Um weitestgehend automatisiert die Abläufe der steuerlich relevanten Prozesse zu dokumentieren, bieten sich Process- und Taskmining Tools an, da diese im Hintergrund bspw. den Ablauf des tatsächlichen Deklarationsprozesses und der Tätigkeitsschritte wie etwa vorgenommenen Kontrollen protokollieren können.

Einsatz von qualifizierten elektronischen Zeitstempeln im Steuerkontrollsystem

Die EU-Verordnung (910/2014) bietet einen einheitlichen Rechtsrahmen für die elektronische Identifizierung und stellt sicher, dass qualifizierte elektronische Zeitstempel über alle Mitgliedstaaten der EU rechtlich anerkannt werden. Die Wirksamkeit eines Steuerkontrollsystems kann deshalb durch den weiteren Einsatz von qualifizierten elektronischen Zeitstempeln unterstützt und detailliert nachgewiesen werden. Sie dokumentieren und verifizieren steuerlich relevante Transaktionen, indem ein zu stempelnder Vorgang mit einem Hash-Wert (digitalem Fingerabdruck) versehen wird. Der Hash-Wert wird an eine vertrauenswürdige Instanz gesendet, dort signiert und als Beweis für die Existenz der Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgegeben.

Dabei ergeben sich folgende Vorteile:

  1. Nachweis der Wirksamkeit des Steuerkontrollsystems:
    Ein qualifizierter elektronischer Zeitstempel zeigt, dass steuerlich relevante Dokumente, Maßnahmen oder Transaktionen zu einem bestimmten Zeitpunkt existierten oder durchgeführt wurden und nicht nachträglich verändert wurden. Dies erleichtert den Nachweis eines funktionierenden Steuerkontrollsystems und stellt auch sicher, dass den GoBD-Anforderungen nach Unveränderbarkeit und Nachvollziehbarkeit von Daten, Rechnung getragen wird.
  2. Sicherung der Datenintegrität:
    Der Hash-Wert verhindert Manipulationen und stellt sicher, dass steuerlich relevante Dokumente oder Meldungen unverändert bleiben.
  3. Dokumentation von steuerlich relevanten Fristen:
    Qualifizierte elektronische Zeitstempel dienen als Nachweis für die fristgerechte Einreichung von Steuererklärungen oder anderen steuerlich relevanten Dokumenten.
  4. Verlässlichkeit in behördlichen Prüfungen:
    Eine manipulationssichere Historie des Prüfpfads für steuerliche Dokumentationen erleichtert die externe Überprüfung und reduziert den Prüfaufwand.

Wichtige Aspekte bei der Nutzung qualifizierter elektronischer Zeitstempel:

  • Nutzung eines gelisteten Qualified Trust Service Provider:
    Der Trust Service Provider sollte bei der Europäischen Kommission als qualifizierter Anbieter gelistet sein, um die rechtlichen Anforderungen umfangreich zu erfüllen.
  • Langfristige Gültigkeit der Zeitstempel:
    Ein geeigneter Qualified Trust Service Provider sollte Maßnahmen zur langfristigen Nachprüfbarkeit und Validierung der Zeitstempel bereitstellen.
  • Rechtskonforme Archivierung:
    Die Integrität und Verfügbarkeit der mit qualifizierten elektronischen Zeitstempeln versehenen Dokumente müssen insbesondere im Hinblick auf steuerrechtliche Aufbewahrungsfristen gesichert sein.

Die Nutzung eines gelisteten Qualified Trust Service Providers stellt sicher, dass die rechtlichen und technischen Anforderungen eingehalten werden. Ein EU-Register für solche Anbieter ist öffentlich zugänglich und sollte bei der Auswahl eines Anbieters berücksichtigt werden.

Fazit

§ 38 EGAO ermöglicht eine Reduzierung des Prüfungsumfangs, wenn Unternehmen ein wirksames Steuerkontrollsystem nachweisen. Gezielt eingesetzte digitale Lösungen wie Taskmining-Anwendungen oder qualifizierte elektronische Zeitstempel erfüllen zentrale Anforderungen an diese Systeme, indem sie Datenintegrität sicherstellen, Fristen dokumentieren und eine manipulationssichere Nachverfolgbarkeit gewährleisten. Die Nutzung eines gelisteten Qualified Trust Service Providers stellt dabei sicher, dass die rechtlichen Dokumentationsvorgaben erfüllt werden.

Die Integration von qualifizierten elektronischen Zeitstempeln in Steuerkontrollsysteme bildet eine wesentliche Grundlage für digitale Steuerkonformität und effizientere Prüfprozesse. Unsere Erfahrung in diesem Bereich zeigt, dass eine frühzeitige Implementierung nicht nur die steuerliche Compliance verbessert, sondern auch operative Vorteile bringt.