Die Initiatoren von Private Equity (PE) und Venture Capital (VC) Fonds erhalten im Regelfall einen kapitaldisproportionalen Gewinnanteil von ca. 20% der Gewinne (sog. Carried Interest oder kurz „Carry“). Mit Urteil vom 16. April 2024 (VIII R 3/21) hat sich der BFH zu der Frage geäußert, ob der Carried Interest systematisch eine Tätigkeitsvergütung oder einen Gewinnanteil des Carry Empfängers darstellt siehe Blog-Beitrag. Durch das Judikat hat der VIII. Senat seine bisherige Rechtsauffassung bestätigt, wonach ein im Gesellschaftsverhältnis begründeter und fremdüblich vereinbarter Carried Interest eine disproportionale Gewinnverteilung darstellt, die steuerlich anzuerkennen ist. Für Fondsanleger bedeutet dies, dass der disquotale Gewinnanteil in Form des Carried Interest steuerlich unmittelbar dem Carry-Empfänger zuzurechnen ist und nicht erst den Fondsanlegern zugerechnet wird, die diesen anschließend als Tätigkeitsvergütung an den Carry-Empfänger „weiterleiten“. Eine Qualifikation als Tätigkeitsvergütung i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG erfolgt erst auf Ebene des Carry-Empfängers, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Finanzausschuss fordert Abzugsverbot für Carried Interest im Privatvermögen
Als Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung empfiehlt der Finanzausschuss des Bundesrates nun eine Gesetzesänderung im Vorfeld der Bundesratssitzung am 27. September 2024 zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024. Beabsichtigt ist die Ergänzung des § 20 Abs. 3 EStG um den folgenden Satz: „Vergütungen, die an einen anderen Beteiligten an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks gezahlt werden, insbesondere der Carried Interest, mindern auch dann nicht die Einkünfte des Beteiligten, wenn sie als erhöhte Überschussbeteiligung des anderen Beteiligten ausgestaltet sind.“
Durch die von der Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2003, BStBl. I 2004, S. 40) abweichende BFH-Entscheidung ergibt sich nach Auffassung des Finanzausschusses gesetzlicher Änderungsbedarf auf Ebene der Fondsanleger. Problematisch sei hierbei nicht per se die direkte Einkünftezurechnung bei den Fondsinitiatoren als Carry-Empfänger. Jedoch ergebe sich aus Sicht der Fondsanleger im Privatvermögen nun eine Gestaltungsmöglichkeit zur Umgehung des Werbungskostenabzugsverbots des § 20 Abs. 9 EStG, wonach ein Abzug von Kosten über den Sparerpauschbetrag hinaus ermöglicht werden könnte.
Als Umgehungsbeispiel führt der Finanzausschuss die Gründung einer „Wertpapiergemeinschaft“ zwischen Anleger und Vermögensverwalter aus. Die Vermögensverwaltungsgebühr wird als disquotaler Gewinnanteil ausgestaltet und ist nunmehr faktisch voll abzugsfähig, da der Gewinn bereits auf Ebene der Gemeinschaft verteilt wird und damit in Höhe der Verwaltungsgebühr nicht dem Anleger, sondern direkt dem Vermögensverwalter zufließt. Würde die Anlage im Rahmen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung erfolgen, wären dem Anleger die erzielten Gewinne unbeschränkt steuerlich zuzurechnen und die Verwaltungsgebühr lediglich in Höhe des Sparerpauschbetrags abzugsfähig.
Die Ergänzung des § 20 Abs. 3 EStG soll derartige Gestaltungsmodelle verhindern und würde gleichzeitig dazu führen, dass auch der Carried Interest im Fondskontext auf Privatanlegerebene steuerlich nicht mehr abzugsfähig wäre.
Einordnung
Das vorgeschlagene Abzugsverbot für Zahlungen im Rahmen des Carried Interest soll eine steuerliche Gleichstellung von Direktanlegern und über einen Fonds beteiligte Privatanleger bewirken. Durch die Änderung wäre der von den Fondsinvestoren getragene kapitaldisproportionale Gewinnanteil der Fondsinitiatoren auf Privatanlegerebene künftig nicht mehr abzugsfähig. Auf Ebene der Initiatoren wäre der Carried Interest im Regelfall unverändert als Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu qualifizieren und dem Teileinkünfteverfahren zu unterwerfen (§ 3 Nr. 40a EStG), soweit die anderen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
In Bezug auf PE-/VC-Fonds wird die vorgeschlagene Neuregelung wohl von untergeordneter Bedeutung sein, da davon ausgegangen werden kann, dass sich Investoren regelmäßig nicht als Privatpersonen, sondern über Beteiligungsgesellschaften an der Fondsgesellschaft beteiligen.
Ob der Änderungsvorschlag letztlich in das Jahressteuergesetz 2024 aufgenommen wird, bleibt abzuwarten.