Boom beim Ausbau von erneuerbaren Energien – Erbschaft- und schenkungsteuerliche Auswirkungen bei der Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen an Energieproduzenten

Die Bundesnetzagentur hat erste Zahlen zum Ausbau von erneuerbaren Energien im Jahr 2024 ermittelt. Den größten Beitrag leisten die Energieträger Solarenergie und Windkraft. Der Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen erfordert den Einsatz großer Flächen. Projektentwicklungsunternehmen werben mit attraktiven Pachtmodellen. Die betreffenden Flächen stammen häufig aus einer landwirtschaftlichen Nutzung. Der Abschluss von Pachtverträgen mit Energieproduzenten kann bei landwirtschaftlich genutzten Flächen jedoch nachteilige Steuerfolgen mit sich bringen.
Landwirtschaftlich genutzte Flächen (z. B. Agrar- und Weideflächen) gehören zum erbschaft- und schenkungsteuerlich begünstigten Vermögen und können grundsätzlich steuerfrei auf nachfolgende Generationen übertragen werden. Eine Eigenbewirtschaftung ist nicht unbedingt erforderlich. Auch an Dritte zur landwirtschaftlichen Nutzung überlassene Flächen können erbschaft- und schenkungsteuerlich begünstigt sein, sofern es sich nicht um sogenannte Stückländereien handelt.
Die Auswertungen der Bundesnetzagentur zeigen, dass der Ausbau erneuerbarer Energien insbesondere im Bereich der Solar- und Windkraft im letzten Jahr erheblich zugenommen hat. Auch für die kommenden Jahre zeichnet sich aus den Genehmigungsverfahren eine starke Zunahme ab. Der Flächenbedarf für die Errichtung von Solar- und Windparks ist enorm. Energieproduzenten werben mit attraktiven Pachtmodellen, um Grundstückseigentümer für die Errichtung von Energiegewinnungsanlagen für sich zu gewinnen.
Bei der Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für Energiegewinnungszwecke ist zwischen der Freiflächen- und der Doppelnutzung zu unterscheiden.
Eine Freiflächennutzung liegt vor, wenn eine landwirtschaftliche Nutzung nach der Überlassung an den Energieproduzenten nicht mehr möglich ist.
Von einer Doppelnutzung spricht man, wenn die Fläche sowohl durch den Landwirt als auch den Energieproduzenten genutzt werden kann. Dies ist bspw. im Fall von sogenannten Agri-Photovoltaikanlagen (Agri-PVA) möglich. Die Energiegewinnungsanlagen weisen dabei eine besondere Beschaffenheit auf (senkrechte Aufständerung, große Abstände zwischen den einzelnen Anlagen/Modulen), die neben der Energiegewinnung weiterhin eine landwirtschaftliche Nutzung ermöglichen (z. B. für Zwecke der Weidewirtschaft).
Bei der Freiflächennutzung verliert die betreffende Fläche ihre bewertungsrechtliche Qualifikation als landwirtschaftliches Vermögen. In der Folge handelt es sich um nicht begünstigtes Grundvermögen/Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 ErbStG (je nach Sachverhalt). Auch das Bewertungsverfahren zur Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs ändert sich. Werden Flächen nach einem Erbfall oder einer schenkweisen Übertragung innerhalb der Behaltefristen bzw. des Nachbewertungszeitraums in entsprechender Weise umgewidmet, führt dies rückwirkend zur Versteuerung.
Für Agri-PVA hat die Finanzverwaltung in einem gleich lautenden Ländererlass (v. 15.7.2022, BStBl. I 2022, 1226) Stellung bezogen. Die Finanzverwaltung stellt klar, dass die Qualifikation als land- und forstwirtschaftliches Vermögen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grund- und Grunderwerbsteuer erhalten bleiben, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind (Agri-PVA der Kategorie I und II, DIN SPEC 91434 mit Konzeptvorgaben bzgl. Art der Aufständerung, besondere Anforderungen an die Installation, den Betrieb und die Instandhaltung). Werden diese Voraussetzungen erfüllt, kommt bei einer entsprechenden Doppelnutzung eine erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Begünstigung weiterhin in Betracht.
Alternative Gestaltungswege
Liegt eine verschonungsschädliche Freiflächennutzung vor oder können die Voraussetzungen der Finanzverwaltung für Agri-PVA nicht erfüllt werden, bietet sich zur Erhaltung der erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Begünstigung eine Strukturierung der Flächenüberlassung über eine Mitunternehmerschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG an.
Beispiel:
Grundstückseigentümer L hat eine große landwirtschaftlich genutzte Fläche, die er für Zwecke der Energiegewinnung verpachten will. Zusammen mit einem Energieproduzenten gründet er für die Errichtung eines Solarparks eine GmbH & Co. KG, an der L mit 1 % und der Energieproduzent mit 99 % beteiligt wird. Die Fläche überlässt L im Rahmen eines Pachtvertrags der GmbH & Co. KG zur Errichtung des Solarparks.
Ergebnis:
Zwar verliert die Fläche mit der Freiflächen-Nutzungsüberlassung an die GmbH & Co. KG ihre Qualifikation als land- und forstwirtschaftliches Vermögen. Durch die gewählte Struktur handelt es sich jedoch für steuerliche Zwecke um sogenanntes Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft, welches im vorliegenden Fall erbschaft- bzw. schenkungsteuerlich begünstigt ist.
Die Energiewende schlägt nicht nur auf den Feldern, sondern auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht durch. Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Flächen, die sich mit dem Gedanken befassen, mit einer Flächenverpachtung für Zwecke der Energiegewinnung einen Teil zur Energiewende beizutragen, sollten unbedingt auch etwaige erbschaft- und schenkungsteuerliche Auswirkungen im Blick behalten.
Flächeneigentümer, die die betreffenden Flächen unentgeltlich (z. B. durch Erbfolge) erworben haben, sollten vor Abschluss entsprechender Pachtverträge die steuerlichen Folgen einer schädlichen Umwidmung prüfen.