Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Datum vom 12. Dezember 2024 neue Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise (VWG Verrechnungspreise 2024) erlassen. Nach 1,5 Jahren werden damit die bisherigen VWG Verrechnungspreise 2023 abgelöst (s. Blogbeitrag vom 14. Juni 2023). Anzuwenden sind die VWG Verrechnungspreise 2024 erstmals für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2024, während die VWG Verrechnungspreise 2023 auf alle offenen Fälle und letztmalig für den VZ 2023 anzuwenden sind. Im Fokus der Neufassung stehen insbesondere Änderungen in den Bereichen der Vergütung von Vertriebsgesellschaften und zu Finanzierungsbeziehungen im Konzern.

Vereinfachter und abgestimmter Ansatz für bestimmte Vertriebsmargen (Amount B)

OECD-Ansatz

Am 19. Februar 2024 hatte die OECD den finalen Bericht zu Amount B veröffentlicht und als Anhang zu Kapitel IV der OECD-Verrechnungspreisleitlinien aufgenommen. Amount B enthält Vereinfachungsregelungen zur Ermittlung einer fremdüblichen Routinevergütung für bestimmte risikoarme Marketing- und Vertriebstätigkeiten, den sog. vereinfachten und abgestimmten Ansatz (s. Blogbeitrag v. 29. Februar 2024).

In den Anwendungsbereich des vereinfachten und abgestimmten Ansatzes fallen insbesondere Geschäftsbeziehungen, bei denen Waren von verbundenen Unternehmen eingekauft und anschließend an fremde Dritte weiterverkauft werden. Zudem muss das Verhältnis der operativen Aufwendungen zum Umsatz der Vertriebsgesellschaft innerhalb einer Bandbreite von 3% bis 20% bzw. 30% liegen. Der vereinfachte und abgestimmte Ansatz enthält ein konkretes Schema, wie ein fremdüblicher Routinegewinn für eine Vertriebsgesellschaft zu ermitteln ist (Nettogewinnmargemethode). Dies geschieht unter Anwendung einer Preismatrix, welche bestimmte EBIT-Margen enthält. Die für die Vertriebsgesellschaft anzuwendende EBIT-Marge wird in Abhängigkeit der Branchengruppierung und einer Faktorintensität ausgewählt.

Nationale Umsetzung ab 2025

Nach den VWG Verrechnungspreisen 2024 ist es für Geschäftsbeziehungen, die unter den Anwendungsbereich des vereinfachten und abgestimmten Ansatzes fallen, nicht zu beanstanden, wenn sich der Verrechnungspreis nach der besagten Preismatrix bestimmt. Diese optionale Anwendung des vereinfachten und abgestimmten Ansatzes gilt jedoch nur, wenn es sich um eine Geschäftsbeziehung zu einem von rund 50+ aufgelisteten Steuerhoheitsgebieten, darunter Argentinien, Mexiko, Serbien und Südafrika, handelt, sofern ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht. Außerdem muss der andere Vertragsstaat den vereinfachten und abgestimmten Ansatz anwenden. Dies gilt erstmals bereits für den VZ 2025.

Arbeitnehmerentsendungen

Nach den VWG Verrechnungspreisen 2024 ist der Fremdvergleichsgrundsatz ausdrücklich auch bei Arbeitnehmerüberlassungen zu beachten. Hierfür wird auf das BMF-Schreiben vom 12. Dezember 2023 (BStBl I 2023 S. 2179) verwiesen, wohingegen die Verwaltungsgrundsätze Arbeitnehmerentsendung aufgehoben werden.

Finanzierungsbeziehungen

Nach § 1 Abs. 3d AStG soll es nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, wenn:

  • der Steuerpflichtige nicht glaubhaft machen kann, dass er (a) den Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit von Anfang an hätte erbringen können (Schuldentragfähigkeit) und (b) die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unternehmenszweck verwendet;
  • der zu entrichtende Zinssatz denjenigen Zinssatz übersteigt, zu dem sich das Unternehmen auf Basis des Konzerngruppenratings finanzieren könnte, wobei die Möglichkeit eines Gegenbeweises anhand eines aus dem Gruppenrating abgeleiteten Einzelratings besteht.

Außerdem soll nach § 1 Abs. 3e AStG regelmäßig von einer funktions- und risikoarmen Dienstleistung auszugehen sein, wenn das Unternehmen die Finanzierungsbeziehung nur vermittelt oder es sich um Weiterleitungsdarlehen handelt, wobei durch die Vorlage einer Funktions- und Risikoanalyse ein Gegenbeweis erbracht werden kann (s. Blogbeitrag v. 26. März 2024).

Die VWG Verrechnungspreise 2024 enthalten zahlreiche Konkretisierungen der vorgenannten Anforderungen, wie z.B.:

  • die Fremdüblichkeit besonders risikobehafteter Finanzierungsbeziehungen ist ausdrücklich nicht ausgeschlossen;
  • das Vorhalten von fremdüblichen Liquiditätsreserven oder Kapitalpuffern steht der Verwendung des Fremdkapitals im Einklang mit dem Unternehmenszweck nicht entgegen;
  • die Schuldentragfähigkeit kann anhand von Prognoserechnungen, auch unter Berücksichtigung einer Anschlussfinanzierung, dargelegt werden;
  • das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Finanzierungsbeziehung für die Zinssatzbestimmung verwendete Rating kann zur Glaubhaftmachung der Schuldentragfähigkeit herangezogen werden, sofern die Rating-Klassifizierung ein Investment-Grade aufweist;
  • bei kurzfristigen Kapitalüberlassungen, insbesondere aus einem Cash Pool, kann regelmäßig von der Schuldentragfähigkeit ausgegangen werden;
  • bei Alt-Darlehen, die über den 31. Dezember 2024 fortgeführt werden, ist es für die Schuldentragfähigkeit u.a. nicht zu beanstanden, wenn diese Voraussetzungen (erst) zum 31. Dezember 2024 erfüllt werden;
  • erst wenn aus der Gesamtschau der Darlehensbedingungen (z.B. Laufzeit) und Kreditwürdigkeit ein fremdunüblicher Zinssatz resultiert, der außerhalb der Bandbreite fremdüblicher Zinssätze liegt, darf eine Einkünftekorrektur vorgenommen werden;
  • ein Kreditrating kann auch mittels einer Ratingsoftware erstellt werden, wobei der Steuerpflichtige in diesem Fall zu dokumentieren hat, wie qualitative Faktoren beim Rating sachgerecht berücksichtigt wurden;
  • ein vom Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating kann dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, wenn Effekte aus dem Bestehen der Unternehmensgruppe (Konzernrückhalt) berücksichtigt werden.

Praktische Auswirkungen

Es ist zu begrüßen, dass die Finanzverwaltung die stark auslegungsbedürftigen gesetzlichen Anforderungen an die Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise von Finanzierungsbeziehungen „entschärft“ hat. Die VWG Verrechnungspreise 2024 enthalten im Vergleich zu deren Entwurfsfassung noch weitere begrüßenswerte Erleichterungen. Deutsche Unternehmen sind gut beraten, die Verrechnungspreise von konzerninternen Finanzierungsbeziehungen auf deren Fremdüblichkeit zu überprüfen.

Ebenfalls ist zu begrüßen, dass die Finanzverwaltung die optionale Anwendung des vereinfachten und abgestimmten Ansatzes (Amount B) ab 2025 zulässt. Deutsche Unternehmen ist empfohlen, die formelhafte Ermittlung der verbindlichen Nettogewinnmargen für ab 2025 zeitnah zu prüfen. Denn andernfalls drohen internationale Doppelbesteuerungen.