Drei Wochen nach dem ersten verheerenden Erdbeben im Osten der Türkei und im Norden Syriens hat das Bundesfinanzministerium (BMF) – endlich – mit einem in solchen Katastrophenfällen üblichen Schreiben (vom 27. Februar 2023) reagiert. Das Schreiben sieht rückwirkend ab dem 6. Februar 2023 bis zum Ende des Jahres steuerliche Erleichterungen für Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der vom Erdbeben betroffenen Menschen vor.
Erleichterter Spendennachweis
Das BMF weist zunächst auf die für Katastrophenfälle geltenden Erleichterungen bei Zuwendungen an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, inländische öffentliche Dienststellen und inländische anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen hin (§ 50 Abs. 4 und 5 EStDV 2000). Auch bei Spenden über 300 EUR genügt anstelle der sonst erforderlichen Zuwendungsbestätigung als Nachweis für Zuwendungen, die bis zum 31. Dezember 2023 geleistet werden, ein Überweisungsbeleg (z. B. Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder Online Banking-Ausdruck). Im Übrigen ist für alle Zuwendungen ausreichend, als Verwendungszweck „Förderung mildtätiger Zwecke“ anzugeben.
Unterstützungsmaßnahmen gemeinnütziger Körperschaften
Alle steuerbegünstigten Körperschaften, die satzungsgemäß gemeinnützige, mildtätige und/oder kirchliche Zwecke fördern, können bis zum 31. Dezember 2023 zu Spenden zur Hilfe für die Erbeben-Opfer aufrufen, also unabhängig davon, ob sie nach ihrer Satzung oder ihrem Gesellschaftsvertrag mildtätige Zwecke fördern oder ihre Fördertätigkeit regional gebunden ist. Voraussetzung ist, dass mit den eingesammelten Mittel unmittelbar bedürftige Personen oder Einrichtungen unterstützt werden.
Neben den im Rahmen einer Spendensammelaktion eingesammelten Spenden dürfen steuerbegünstigte Körperschaften aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht auch ihre übrigen verfügbaren Mittel - unabhängig von ihren eigentlichen Satzungszwecken - zur Hilfe einsetzen.
Im Regelfall genügt für den angegebenen Zeitraum, dass die Bedürftigkeit der unterstützen Personen und Einrichtungen glaubhaft gemacht werden kann. Im Übrigen obliegt es den fördernden Körperschaften, die Bedürftigkeit der Empfänger zu prüfen und zu dokumentieren.
Das BMF weist außerdem auf die allgemeine Regelung hin, wonach steuerbegünstigte Körperschaften grundsätzlich Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuwenden können (Mittelweitergaben nach § 58 Nr. 1 AO).
Vereine und Stiftungen haben neben den gemeinnützigkeitsrechtlichen Regeln auch die vereins- bzw. stiftungsrechtlichen Vorgaben an die Mittelverwendung zu beachten. Vereine, die nach ihrer Satzung nicht mildtätige Zwecke verfolgen, sollten Mittel aus dem „originären“ Vereinsvermögen (d.h. Mittel, die nicht in einer besonderen Spendensammelaktion eingeworben wurden) nur mit dem Einverständnis ihrer Mitglieder verwenden. Stiftungen sollten den satzungsfremden Einsatz eigener Stiftungsmittel, die nicht dauerhaft zu erhalten sind, aus Vorsichtsgründen vorher mit der zuständigen Stiftungsaufsicht abstimmen.
Unternehmerische Unterstützungsmaßnahmen
Alle Steuerpflichtigen können Zuwendungen in Form von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht Geldzahlungen) an Erdbeben-Geschädigte oder mit der Bewältigung des Erdbebens befasste Betriebe oder Einrichtungen zum Zwecke der unmittelbaren Gefahrenabwehr oder der allgemeinen Aufräumarbeiten als Betriebsausgaben abziehen, unabhängig von den ansonsten geltenden Grenzen.
Der Abzug finanzieller Zuwendungen ist außerdem für die Unterstützung von betroffenen Geschäftspartnern in angemessenem Umfang zulässig. Im Übrigen gelten die Regeln nach dem Sponsoringerlass.
Darüber hinaus kann für Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts und steuerbegünstigte Berufsvertretungen (z.B. Berufskammern und Innungen) im Rahmen von Spendenaufrufen ein unbeschränkter Sonderausgabenabzug geltend gemacht werden.
Unterstützung betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitslohnspenden
Arbeitgeber können unmittelbar betroffenen Arbeitnehmern oder deren Angehörigen bis zu 600 EUR steuerfrei zuwenden. Darüber hinaus gehende Beträge können je nach den individuellen Einkommens- und Familienverhältnissen des betroffenen Arbeitnehmers oder seiner Angehörigen steuerfrei sein.
Verzichten Arbeitnehmer auf Arbeitslohn zugunsten der Unterstützungsleistungen des Arbeitgebers an andere betroffene Arbeitnehmer oder deren Angehörige oder zugunsten von Spenden des Arbeitgebers, bleiben diese Lohnteile steuerfrei. Gleiches gilt auch für den Verzicht von Aufsichtsratsmitgliedern auf ihre Vergütung.
Überlassung von Gegenständen und Personal
Unternehmen können Gegenstände und Personal unentgeltlich Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen und zur Versorgung Verletzter sowie öffentlichen Institutionen überlassen, ohne dass die Überlassung als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterliegt. Für zu diesem Zweck bezogene Leistungen wird der volle Vorsteuerabzug gewährt.
Schenkungsteuerfreie Direktspenden
Direktspenden an unmittelbar Geschädigte zur Behebung der entstandenen Schäden sind von der Schenkungsteuer befreit. Insofern werden die Zweckwidmung und die Zwecksicherung unterstellt.