Wie hoch darf der Zins für ein Konzerndarlehen sein?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18.05.2021 – I R 4/17 (veröffentlicht am 21.10.2021) über die für die Unternehmensbesteuerung wichtige Frage entschieden, wie hoch der Zins für ein Konzerndarlehen sein darf.
Um fremdübliche Darlehenszinssätze ermitteln zu können, sei vor Anwendung der sogenannten Kostenaufschlagsmethode zu prüfen, ob es Vergleichswerte für die Anwendung der Preisvergleichsmethode gibt. Das gelte auch für unbesichert gewährte Konzerndarlehen und unabhängig davon, ob die Muttergesellschaft oder eine als Finanzierungsgesellschaft fungierende andere Konzerngesellschaft das Darlehen gewährt hat.
Hintergrund
Die Höhe des Zinses, zu dem ein Konzernunternehmen einem anderen Konzernunternehmen ein Darlehen gewährt, kann grundsätzlich genutzt werden, um Gewinne künstlich zu verlagern. Bei grenzüberschreitenden Konstellationen ist es auf diese Weise möglich, Gewinne in einen Staat mit niedrigen Steuersätzen zu transferieren. Um solchen Gestaltungen entgegenzuwirken, müssen sich die Darlehenszinsen am Fremdvergleichsmaßstab messen. Demnach erkennen die Finanzbehörden Zinszahlungen auf konzerninterne Darlehen steuerlich nur in der Höhe an, wie sie auch fremde, nicht konzernzugehörige Unternehmen vereinbaren würden.
Sachverhalt im Einzelnen
Klägerin im Streitfall ist eine inländische GmbH, deren Anteile eine in den Niederlanden ansässige Holdinggesellschaft hält. Diese hält auch sämtliche Anteile an einer - ebenfalls in den Niederlanden ansässigen – Konzernfinanzierungsgesellschaft. Diese vergab an ihre Schwestergesellschaft, die Klägerin, verschiedene Darlehen und vereinnahmte entsprechende Zinsen hierfür.
Das Finanzamt hielt die vereinbarten Darlehenszinsen für überhöht und nahm insoweit verdeckte Gewinnausschüttungen an. Die angemessenen Zinsen wären anhand der Kostenaufschlagsmethode zu schätzen, da die Klägerin entgegen ihren Mitwirkungspflichten die Refinanzierungskosten ihrer Schwestergesellschaft nicht im Einzelnen nachgewiesen hätte. Ferner hatte sie den Algorithmus, mit dessen eine fremde Ratingagentur ein Rating für den Darlehensnehmern vorgenommen hatte, nicht offengelegt, da sie über diese Information nicht verfügte.
Die Klägerin wandte ein, dass für die Frage der Fremdüblichkeit vorrangig die Preisvergleichsmethode im Wege eines externen Preisvergleichs anzuwenden sei. Danach seien die gezahlten Zinsen marktüblich.
Entscheidung der Vorinstanz (FG Münster vom 07.12.2016 - 13 K 4037/13 K,F)
Das Finanzgericht (FG) Münster sah im Streitfall die Kostenaufschlagsmethode als am besten geeignet an und lehnte die Preisvergleichsmethode ab. Ein interner Preisvergleich würde an einer unterschiedlichen Darlehensbesicherung scheitern, ein externer Preisvergleich an einer mangelnden Vergleichbarkeit von Konzernfinanzierungsgesellschaft und Geschäftsbank.
Gegen das Urteil des FG Münster legte die Klägerin Revision ein. Das Bundesfinanzministerium (BMF) ist dem Revisionsverfahren beigetreten.
Der BFH ist dem nicht gefolgt
Nach dem Urteil des BFH ist die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Konzerndarlehen zunächst nach der Preisvergleichsmethode zu ermitteln. Das heißt, dass der vereinbarte Zins mit dem Zins zu vergleichen ist, wie er bei entsprechenden Geschäften zwischen unabhängigen Dritten oder von einem der Konzernunternehmen mit einem unabhängigen Dritten vereinbart wird.
Der BFH führt aus, dass der interne Preisvergleich nicht aus dem Grund verworfen werden kann, weil das Unternehmen im Rahmen der Darlehensvergabe keine Sicherheiten gestellt hat. Auch könne die Klägerin den externen Preisvergleich nicht mit der Begründung ablehnen, dass die konzerninterne Finanzierungsgesellschaft nicht die gleichen Strukturen wie eine Geschäftsbank aufweise.
Für die Ermittlung des fremdüblichen Zinses spielt die Bonität des Darlehensnehmers eine bedeutsame Rolle. Hier sei grundsätzlich auf die Bonität des Darlehensnehmers, das sogenannte „stand-alone“ Rating abzustellen. Auf die Bonität des Gesamtkonzerns komme es zunächst nicht an. Vielmehr wäre das Konzernrating nur in dem Umfang zu würdigen, in dem auch ein Dritter dies bei seiner Bonitätsbeurteilung berücksichtigen würde. Eine Auswirkung könne sich beispielsweise ergeben, wenn die darlehensnehmende Konzerngesellschaft eine strategische Bedeutung für den Gesamtkonzern habe.
Für die Bonitätsbeurteilung anerkannt werden könne auch das Rating einer unabhängigen Ratingagentur, beispielsweise von Standard&Poor‘s. Dies setze voraus, dass es sich um eine von der Marktpraxis anerkannte und angewendete Grundlage für die Bonitätsbeurteilung handele. Dabei sei es unerheblich, ob dem Gericht die von der Rating-Agentur verwendeten mathematischen Algorithmen und betriebswirtschaftlichen Kennzahlen bekannt sind.
Die Kostenaufschlagsmethode könne hingegen nur angewendet werden, wenn ein Preisvergleich nicht möglich ist. In diesem Fall wären die Selbstkosten des Darlehensgebers zu ermitteln und um einen angemessenen Gewinnaufschlag zu erhöhen.
Ausblick
Der BFH hat die Klage in Teilen zurückverwiesen. Er stellt in seinen Ausführungen klar, dass die Ermittlung der Fremdvergleichspreise durch die Vorinstanz nicht frei von Rechtsfehlern ist. Zudem leide die durchgeführte Schätzung an einem inhaltlichen Mangel. Es bleibt abzuwarten, wie das FG Münster mit den nun gesetzten Rahmenbedingungen umgehen wird.