BFH zu steuerfreien Krankentransporten und sportlichen Veranstaltungen

28.12.2022 | FGS Blog

Gemeinnützige Organisationen und Tätigkeiten genießen eine Vielzahl steuerlicher Privilegien im Umsatzsteuerrecht, z.B. Steuerbefreiungen für bestimmte Leistungen und den ermäßigten Umsatzsteuersatz für bestimmte Zweckbetriebe. Zwei aktuelle Urteile des BFH (Urteil XI R 25/20 und Beschluss XI R 11/19) widmen sich einerseits der Steuerbefreiung für Krankentransporte und andererseits der Besteuerung von Veranstaltungen im Amateursport. Der Beitrag widmet sich den teilweise womöglich weitreichenden steuerlichen Folgen.

Steuerbefreite Krankentransporte auch mit hierfür nicht „besonders eingerichteten Fahrzeugen“

Das Urteil des BFH zu sog. Krankentransporten basiert auf der Revision eines Anbieters, der Beförderungsdienstleistungen für oder an kranke und verletzte Personen sowie solche mit Behinderungen erbracht hatte und hierfür verschiedene Fahrzeuge einsetzte. Diese Fahrzeuge waren teilweise nicht besonders für entsprechende Fahrten eingerichtet – nach deutschem Verständnis ein klares Ausschlusskriterium für die betreffende Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 17 lit. b UStG).

So schätzte das Finanzamt im Ergebnis einer Außenprüfung anhand der eingesetzten Fahrzeugtypen den Anteil der danach steuerpflichtigen Umsätze. Der Beförderungsdienstleister berief sich schließlich zur Anwendung der Steuerbefreiung unmittelbar auf das Unionsrecht, wonach „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen“ Steuerfreiheit genießen (Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL) – mit Erfolg.

Entscheidend für die Anwendung der Steuerbefreiung sei danach, dass die betreffende Leistung einen unerlässlichen Schritt für die Durchführung der Maßnahmen der Sozialfürsorge enthält. Dies war vorliegend erfüllt, da mit den betreffenden Fahrzeugen ausschließlich kranke, verletzte oder Personen mit Behinderung transportiert wurden, bedarfsweise auch von den/bis zu den Krankenstationen, und in den Fahrzeugen ein Notfall-Set sowie Sauerstoff vorgehalten wurden (was den Kläger insoweit von normalen Taxiunternehmern unterschied). Aufgrund der Finanzierung durch Kranken- und Unfallversicherungsträger handelte es sich bei dem Kläger auch um eine Einrichtung mit sozialem Charakter.

Keine Steuerermäßigung für sportliche Veranstaltungen bei fehlendem Einzelnachweis für Zweckbetriebseigenschaft

Zur Zweckbetriebseigenschaft von sportlichen Veranstaltungen eines Sportvereins – ggf. mit der Folge den ermäßigten Umsatzsteuersatz zu erhalten (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG) – erteilte der BFH hingegen einem gemeinnützigen Verein eine klare Absage.

Regelmäßig kleinere Sportvereine profitieren von einer gemeinnützigkeitsrechtlichen Vereinfachungsregelung, wonach ungeachtet der allgemeinen Voraussetzungen – insb. des sonst geltenden sog. Wettbewerbskriteriums – bei sportlichen Veranstaltungen kein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb angenommen wird (§ 67a AO).

Sind danach die Einnahmen nicht ohnehin unterhalb einer bestimmten Umsatzgrenze (aktuell EUR 45.000), entsteht eine Steuerpflicht nur, wenn die an den Veranstaltungen teilnehmenden Sportler mehr als eine Aufwandsentschädigung erhalten, i.d.R. also im „Profisport“. Das Finanzamt lässt pauschale Aufwandsentschädigungen bis EUR 400 ohne Einzelnachweis zu Gunsten der Zweckbetriebsannahme gelten.

Im Streitfall erklärte der betreffende Verein vor diesem Hintergrund Umsätze aus dem Verkauf von Eintrittskarten für entsprechende Veranstaltungen mit 7%. Dabei erhielten die an den Veranstaltungen teilnehmenden Sportler eine pauschale Aufwandsentschädigung von EUR 1.000 und lagen Nachweise über ihre tatsächlichen Kosten nicht vor.

Da eine Überprüfung der Zweckbetriebseigenschaft folglich nicht möglich war, war ein Zweckbetrieb nicht anzunehmen und die Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten dem Regelsteuersatz zu unterwerfen.

Klare Linie für Sportvereine und Chancen für Betreiber von Krankentransporten

Auf den ersten Blick fällt das Urteil des BFH zu Sportvereinen erwartbar aus. Das Gesetz und die Verwaltung stellen klare Anforderungen an die Zweckbetriebseigenschaft sportlicher Veranstaltungen. Spätestens jetzt sollte deutlich sein, dass es ggf. unabdingbar ist, Einzelnachweise über die von teilnehmenden Sportlern tatsächlich getragenen Aufwendungen zu führen. Anderenfalls entfallen die möglichen steuerlichen Privilegien.

Bemerkenswert ist hingegen die Entscheidung des BFH zu Krankentransporten. Steuerpflichtigen könnte effektiv ein Wahlrecht zustehen, sich auf das Unionsrecht zu berufen, um eine Steuerbefreiung auch bei entsprechenden Beförderungen ohne besonders dafür eingerichtete Fahrzeuge zu erreichen. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht abwegig, dass der Gesetzgeber die nationale Regelung anpassen wird. Dies bleibt abzuwarten.